Hauen und Stechen um den neuen OMV-Chef

A view of a logo of Austrian oil, gas and chemicals group OMV in front of their ReOil plant in Schwechat,
Die halbe Republik interveniert, zwei Österreicher sind die Favoriten. Die Weichen werden kommende Woche in Abu Dhabi gestellt
Andrea Hodoschek

Andrea Hodoschek

Nächste Woche tourt ÖVP-Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer zum zweiten Mal nach Abu Dhabi. Zum Besuch der Energiemesse Adipeg. Mit im Gepäck sind Edith Hlawati, Vorständin der Staatsholding ÖBAG und Noch-OMV-Boss Alfred Stern. Den wichtigsten Termin wird Hattmannsdorfer allerdings unter vier Augen absolvieren. Am 3. November trifft er Sultan Ahmed Al Jaber, CEO des staatlichen Ölkonzerns Adnoc, OMV-Großaktionär und Syndikatspartner (24,9 Prozent).

Der Minister und der Sultan haben ein brisantes Thema.

Sie wollen die Weichen für den neuen OMV-Chef stellen. Stern will seinen Ende August 2026 auslaufenden Vertrag nicht verlängern.

Was sich Al Jaber und Hattmannsdorfer im obersten Stock des Adnoc-Towers ausmachen, das pickt. Der neue CEO von Österreichs bedeutendstem Industrieunternehmen, der wertvollsten Beteiligung der Republik Österreich (31,5 Prozent), soll vor Jahresende bestellt werden.

Wäre nicht Österreich, wenn für einen derartigen Top-Job nicht seit Monaten heftig interveniert wird. Bei den Aufsichtsräten, der Staatsholding, Politikern jeglicher Couleur und allen Stakeholdern. Ganz massiv lobbyiert wird auch bei Hattmannsdorfer, wie man aus dem Ministerium hört. Doch Hattmannsdorfer soll sich immun zeigen. Für ihn haben neben fachlicher Qualifikation die standortpolitische Ausrichtung und die Durchsetzung der Interessen der Republik bei der Milliardenfusion der Petrochemie-Töchter von OMV (Borealis) und Adnoc zur Borouge Group International Priorität.

Das Wettrennen um den wichtigsten Management-Job der Republik ist in der Zielgeraden. Der Headhunter Heidrick & Struggles hat das Kandidatenfeld längst gescreent. Mit einer Frau wird’s jedenfalls nix. Petrom-Chefin Christine Verchere hat sich nicht beworben, sie wird in Rumänien für das Gasprojekt Neptun Deep gebraucht.

Family Business

Zwei Österreicher zeichnen sich als Favoriten ab. Stefan Doboczky, 58, ehemaliger CEO von Lenzing und seit 2024 Chef von Borealis.

BILANZ-PK LENZING AG "GESCHÄFTSJAHR 2019": DOBOCZKY

Borealis-Chef Stefan Doboczky

Er gilt trotz mangelnder Erfahrung im Öl- und Gas-Kerngeschäft und den internationalen Energiemärkten als Kandidat von Hlawati. Die sehr auf Compliance bedachte Hlawati dürfte allerdings einiges übersehen haben, oder es spielt keine Rolle.

Da wäre Doboczkys unrühmliche Rolle im Skandal um den Maskenhersteller Hygiene Austria, an dem Lenzing die Mehrheit hatte. Hygiene Austria wurde insolvent, das Abenteuer kostete Lenzing 6,5 Millionen Euro.

Sicher nur ein Zufall, dass Doboczkys Tochter bei der Hygiene Austria beschäftigt war, zuständig für Verkauf und Auftragsabwicklung. Eine zu hinterfragende Rolle spielte auch ihr Lebensgefährte bei der Lieferung von Masken. Die Ehefrau kurvte angeblich mit dem luxuriösen Firmenauto herum, die Tochter soll die Lenzing-Kantine beliefert haben.

Doboczkys vorzeitiger Abgang 2021, hört man aus Eigentümerkreisen, war nicht freiwillig. Er heuerte bei der Heubach Gruppe an, die in die Insolvenz schlitterte.

Seinen Weg in die OMV fand der gut vernetzte Manager über Thomas Schmid, damals ÖBAG-Vorstand, heute Kronzeuge gegen Kurz & Co. Schmid setzte Doboczky in den Aufsichtsrat der OMV.

Sein Vorgänger bei Borealis war Thomas Gangl, 20 Jahre in der OMV.

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Thomas Gangl, Ex-OMV-Vorstand

Als Vorstand war er nicht nur für Raffinerie und Petrochemie zuständig, sondern musste alle Bereiche mitentscheiden. Gangl galt als Mann von Ex-OMV-Boss Rainer Seele, was Stern gar nicht gefiel. Stern hat viel Gewicht bei Hlawati und möchte offenbar Gangl als Nachfolger verhindern.

Dass Gangl immer einen guten Draht nach Abu Dhabi hatte, soll Stern auch verärgert haben. Bei der Belegschaft dagegen kam der sozialpartnerschaftlich kompetente Gangl gut an. Der OMV stehen schwierige Zeiten bevor, der Abbau von 2.000 Jobs. Wie man hört, plädiert nicht nur die halbe Industrie, sondern auch die Gewerkschaft für Gangl. Sein Plus ist, dass er von Adnoc auf Augenhöhe akzeptiert wird, sein Manko in Österreich ist die Nähe zu Seele.

Sowohl Doboczky als auch Gangl waren für den KURIER nicht erreichbar. 

andrea.hodoschek@kurier.at

Porträt von Andrea Hodoschek, Autorin der Serie „Wirtschaft von Innen“.

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