"Sozialversicherung reduzieren"

"Sozialversicherung reduzieren"
Chef des Verkehrsbüros fordert Lohnnebenkosten-Senkung, vor allem für Niedrig-Verdiener.

KURIER: Müsste nicht gerade der Tourismus ganz besonders dringend eine Steuerreform fordern?

Harald Nograsek: Natürlich. Vor allem der Dienstleistungssektor ist von den Lohnnebenkosten stark betroffen. Wir haben einen hohen Personalaufwand und beschäftigen in unserer Branche viele Mitarbeiter, die am unteren Ende der Lohnskala verdienen. Für diese Mitarbeiter ist eine Reduzierung der Lohnnebenkosten besonders wichtig.

Arbeitnehmer im unteren Einkommensbereich zahlen ohnehin keine Lohnsteuer.

Stimmt, aber die Lohnnebenkosten sind trotzdem hoch, denken Sie an die Sozialversicherung und sonstige Abgaben. Bei einer Lohnerhöhung von 1500 Euro auf 1600 Euro brutto bleiben dem Mitarbeiter 42,50 Euro netto mehr, die Firma kostet’s insgesamt 131 Euro. Bei den niedrigen Einkommen müsste dringend die Sozialversicherung reduziert werden.

Was halten Sie von Vermögenssteuern? Etliche Reiche dieses Landes bitten ja fast schon darum.

Ich glaube, dass viele Menschen bereit sind, Vermögenssteuern zu bezahlen, wenn der Staat auf der anderen Seite seine Hausaufgaben macht, seine Ausgaben durchforstet und effizienter wird. Eine Kombination aus Vermögen- und Erbschaftssteuer wäre sicher sinnvoll. Allerdings müssen Untergrenzen eingezogen und Betriebsvermögen ausgenommen werden. Ein Betriebsübergang darf nicht in den Konkurs führen.

Sind die hohen Lohnnebenkosten das größte Problem im Tourismus?

Sicher, der größte Aufwandsposten ist der Personalaufwand. Aber die Lohnnebenkosten treffen nicht nur den Tourismus, sondern die gesamte Wirtschaft und den Standort Österreich.

Könnte der Tourismus eine Abwanderung der Industrie ersetzen?

Nein, im Gegenteil. Wir können doch Österreich nicht unter einen Glassturz stellen und ein Euro-Disney daraus machen. Österreich braucht insgesamt eine gesunde Wirtschaft. Wenn sich Unternehmen ihre Produktionsstandorte nicht mehr in Österreich leisten, hat das auch für den Tourismus negative Folgen. Airlines zum Beispiel können ihre Linienflüge ganz sicher nicht nur mit Touristen füllen.

Wie schaut’s bei der Unternehmensbesteuerung aus?

Im Vergleich mit den Nachbarländern liegt Österreich im Mittelfeld. 25 Prozent Körperschaftsteuer, das passt schon.

Die Umsätze bei den Geschäftsreisen sind nicht nur im Verkehrsbüro rückläufig. Wird der Trend nach unten anhalten?

Geschäftsreisen sind ein Spiegel der Konjunktur. Wenn Unternehmen sparen und ihre Kosten reduzieren, geht es ihnen nicht besonders toll. Die Firmen sparen anhaltend sei etwa zwei, drei Jahren. Nicht nur bei Geschäftsreisen, auch bei Seminaren und im Veranstalter-Geschäft wird weiter reduziert.

Viele Gastronomen klagen über Umsatzrückgänge wegen der verschärften Antikorruptionsregeln. Ruinieren diese tatsächlich das Geschäft?Das spielt auch mit, aber andererseits sind die Compliance-Regeln für Unternehmen oft eine willkommene Ausrede, um Kosten zu reduzieren.

Das Antikorruptionsgesetz betrifft doch nur Amtsträger.

Ja, aber es wenden immer mehr Unternehmen an, obwohl sie gar nicht müssen.

Die Grenze zum Anfüttern wird mit rund 100 Euro definiert. Mit diesem Betrag pro Gast müsste man eigentlich ordentliche Events veranstalten können.Nur für Essen und Trinken kommt man mit 100 Euro recht weit. Doch bei einer Veranstaltung kommen die Kosten für die Location dazu, die Tontechnik, die Unterhaltung. Da ist man rasch über 100 Euro. Andererseits kann sich heute jeder der Gäste selbst ein Abendessen leisten. Die Leute gehen auf Veranstaltungen, um andere Leute zu treffen und weil sie das Unternehmen interessiert. Events muss man auch als Image- und PR-Veranstaltungen sehen.

Noch ein ganz anderes Thema. Die Hotellerie klagt über die steigenden Provisionen von Online-Buchungsportalen. Wie viel wird da so verlangt?

Wer als Erster ausgewiesen wird, ist nicht der Beste, sondern derjenige, der die höchste Provision bezahlt. Je höher die Provision, desto weiter kommt ein Hotel im Ranking nach oben. Sie müssen schon 15 bis 20 Prozent bezahlen, sonst werden Sie nicht gelistet.

Der Konsument bekommt über diese Plattformen nicht die billigsten Angebote?

Die Portale haben oft nur Lockpreise. Außerdem fallen oft hohe Kreditkartengebühren an, die aber erst beim Bezahlen ersichtlich sind. Es ist zumindest genauso billig, wenn man direkt mit dem Hotel kommuniziert. Als Stammkunde bekommt man außerdem Boni und Vorteile, die man über die Buchungsplattformen nicht kriegt. Ausgenommen, ein Veranstalter hat ein Kontingent eingekauft und vermarktet Restbestände noch kurzfristig übers Internet. Dann kann’s billiger sein.

Wie kann die Hotellerie dagegen halten?

Die eigene Homepage konsumentenfreundlich gestalten und den Gast mit Treue-Aktionen an das Haus binden.

Wie viel Prozent der Hotelbuchungen laufen bereits übers Internet?

Über 30 Prozent, der Trend ist weiter steigend, da der Individual-Tourismus immer stärker wird. Die Leute buchen direkt im Internet, mittlerweile auch bei Kongressen. Früher übernahm der Kongress-Veranstalter auch den Zimmer-Einkauf, heute buchen viele Gäste selbst.

Welche Erfahrungen machen Sie mit Online-Hotelbewertungen? Etliche werden offenbar nicht von den Kunden selbst geschrieben.Bewertungen sind wichtig für unser Qualitätsmanagement. Konsumenten sollten aber nicht blind auf diese Beurteilungen vertrauen. Die Arbeiterkammer hat darauf aufmerksam gemacht, was zu beachten ist, damit man nicht auf falsche Bewertungen hereinfällt.

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