Brisant: Handel und Bau droht eine Pleitewelle

Brisant: Handel und Bau droht eine Pleitewelle
Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen werden heuer bis zu 6.200 Unternehmen in die Bredouille bringen. Außerdem sollen die Signa-Insolvenzen Folgen für den Immobilienmarkt haben.

Das Vösendorfer Möbelhaus Interio, der Salzburger Heizungsbauer Windhager oder der Wiener Szenelokal-Betreiber Roberto American Bar – seit Jahresbeginn mussten schon etliche bekannte Unternehmen den Weg zum Konkursrichter antreten. Nicht zu vergessen die unzähligen Tochterfirmen des insolventen Signa-Konzerns.

Indes musste Interio (78 Mitarbeiter, sechs Filialen) laut eigenen Angaben in der Covid-Krise massive Umsatzeinbußen hinnehmen und hat sich davon nicht mehr erholt. Dazu kamen ein erhöhter Mietaufwand, steigende Energiekosten sowie der Kaufkraftverlust aufgrund der Inflation und des Ukrainekrieges. Die Altlasten aus den Vorjahren in Höhe von mehr als 14 Millionen Euro haben das Einrichtungshaus nun fast erdrückt, es soll aber fortgeführt werden. Die Planungen zeigen, so die Interio-Anwälte, dass im Fortbetrieb Überschüsse erzielt werden können. Den Gläubigern werden daher 20 Prozent Quote geboten, dafür wird das Unternehmen innerhalb von zwei Jahren fast zwei Millionen Euro aufbringen müssen. Laut Insolvenzantrag würden im Fall einer Liquidation des Unternehmens die Gläubiger am Ende leer ausgehen.

Wie viele Firmenpleiten werden heuer erwartet?

Geht es nach den Gläubigerschützern, so werden heuer die Unternehmenspleiten stark zunehmen. „Der Zuwachs an Insolvenzen setzt sich aus dem Vorjahr fort. Es werden heuer 6.000 bis 6.200 Unternehmensinsolvenzen werden, das ist ein Plus von zumindest zehn Prozent“, sagt Gerhard Weinhofer von Creditreform. Selbst wenn sich einzelne Vorzeichen ändern würden, würde die Welle nicht gestoppt werden.

„Auch wenn die Inflation zurückgehen sollte, rechnen wir im ersten Halbjahr 2024 mit einem überproportionalen Anstieg der Unternehmenspleiten“, sagt Franz Blantz vom Alpenländischen Kreditorenverband (AKV).

Welche Branchen wird es am stärksten treffen?

Den Handel sowie die Bau- und Immobilienbranche, aber auch die Gastronomie. „Aufgrund der schlechten allgemeinen Rahmenbedingungen führt der Handel das Pleitenranking deutlich an“, sagt Weinhofer. „Der toxische Mix aus Inflation, steigenden Energie-, Material und Produktionskosten sowie höheren Lohnkosten werden zu einer Pleitewelle im Handel führen.“ Schon im Vorjahr betrug das Pleiteplus im Handel 28 Prozent. „Wenn die Inflation nicht zurückgeht, wird der Handel mit gravierenden Problemen zu kämpfen haben“, sagt Blantz. „Ich gehe außerdem davon aus, dass im Bau- und Immobilienbereich eine große Insolvenzwelle auf uns zukommt.“

Warum trifft es die Baubranche so besonders?

„Im Baubereich führen vor allem die strengeren Richtlinien bei der Kreditvergabe auf dem privaten Sektor zu einem starken Rückgang der Volumina und der Hochbau hat einen erheblichen Auftragsrückgang zu verzeichnen“, sagt Blantz. Dazu kommen höhere Kosten u. a. beim Material und bei der Energie. Aufgrund der höheren Kosten verschiebe auch die öffentliche Hand Bauvorhaben.

Was sind die wichtigsten Ursachen in der Gastro?

„Das weitere Insolvenzgeschehen in der Gastronomie hängt davon ab, wie sich die Inflation entwickelt“, sagt Blantz. „Die Konsumenten suchen seltener Gastro-Betrieb auf und es ist ein Umsatzrückgang zu verzeichnen. Wir werden hier über dem Insolvenzniveau von 2023 liegen.“ Da kann sich Experte Weinhofer nur anschließen. „Die Leute gehen weniger aus und geben, wenn sie fortgehen, weniger aus“, sagt er. „Sie müssen sich nur die Pleite in der Wiener Club-Szene anschauen.“

Wie wirkt sich die Mega-Pleite Signa aus?

„Die Signa-Pleiten wirken sich aufgrund der hohen Passiva nicht nur massiv auf die Insolvenzgeschehen aus, die Signa-Pleiten werden in der Immobilien- und Bauwirtschaft nicht ohne Folgen bleiben“, sagt Weinhofer. „Es wird im Laufe des Jahres zu vielen Immobilienverwertungen kommen, um die Signa-Sanierung zu finanzieren. Und wenn es zu einer Liquidation käme, würden erst recht viele Immobilien auf den Markt kommen. Das wird auf die Preise drücken.“

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