Handel: Kurze Wartezeit zählt mehr als Preis
Minus 25 Prozent auf die Tiefkühlware, minus zehn Prozent auf alles: Immer öfter locken Händler ihre Kundschaft mit Rabattaktionen. Der Preis mag zwar für die Kaufentscheidung ausschlaggebend sein, für die Zufriedenheit mit dem Händler spielt sie aber eine untergeordnete Rolle. Viel wichtiger ist es, die geweckten Erwartungshaltungen auch zu erfüllen, geht aus dem aktuellen Kundenbarometer 2012 hervor, der dem KURIER vorliegt.
"Wenn versprochen wird, ab fünf Leuten wird eine zweite Kassa aufgemacht, bestehen die Kunden darauf", nennt Studienautor Andreas Kreutzer, Chef von Kreutzer Fischer & Partner ein Beispiel. Für das Kundenbarometer wurden österreichweit mehr als 3000 Personen gefragt, wie zufrieden sie mit ihrem letzten Einkauf waren. Alle großen Händler wurden dabei berücksichtigt. Die Ergebnisse wurden mit der letzten Befragung 1999 verglichen.
Fazit: Generell ist die Kundenzufriedenheit im Handel leicht gesunken. Gab es 1999 noch 68 Prozent rundum zufriedene Kunden, sind es heute nur noch 62 Prozent. "Die Ansprüche sind gestiegen, nicht alle Anbieter haben darauf reagiert", fasst Kreutzer zusammen. Tatsächlich gibt es erhebliche Unterschiede: Während der Lebensmitteleinzelhandel etwas überraschend stark an Kundenzufriedenheit zulegen konnte, gab es bei Apotheken, Möbelhandel, Drogerieketten und Baumärkte kräftige Einbußen.
Die Ergebnisse im Einzelnen:
Supermärkte Spar, Billa, Hofer & Co. liefern sich nicht nur Preisschlachten – was die Konsumenten freut – sondern punkten mit neuen Shop-Konzepten und kurzen Wartezeiten an der Kassa. Während für die Zufriedenheit der Preis "heute noch weniger wichtig ist als vor 13 Jahren", so Kreutzer, "spielt die Wartezeit vor der Kassa eine immer größere Rolle". In keinem Land seien Kunden so ungeduldig wie in Österreich. Lange Wartezeiten, aber auch schlechte Beschilderungen würden immer seltener toleriert. Positiv wertet er auch den Vormarsch der Handelsmarken wie JA!Natürlich oder Spar Natur pur. "Der Händler bürgt quasi mit seinem Namen, das kommt beim Kunden gut an."
Apotheken Ab fünf Leuten eine zweite Kassa spielt es in Apotheken nicht. Beratung braucht Zeit, die wartende Kunden offenbar nicht mehr haben. Auch wenig kundenfreundliche Öffnungszeiten und im Vergleich zu Supermärkten oft altmodisch wirkende Filialen kosten den Apotheken Sympathiepunkte. Mit einem Mittelwert von 1,81 auf der Zufriedenheitsskala sind sie jedoch immer noch spitze. Gudrun Reisinger, Sprecherin der Apothekerkammer, freut sich über die gute Bewertung, den Vergleich mit den Supermärkten findet sie unfair: "Gerade die Beratung ist bei uns ein wichtiger Faktor für die Kundenzufriedenheit, da kann es schon manchmal zu Wartezeiten kommen". Die Öffnungszeiten seien gesetzlich geregelt, aber Apotheken hätten auch Nacht- und Wochenenddienste: "Das bietet keine andere Branche."
Möbelhandel Nur 55 Prozent der Kunden sind wirklich zufrieden, bei den Baumärkten gar nur die Hälfte. Laut Studie verantwortlich sind schlechte Beratung bei zugleich riesigem Sortiment und unübersichtlichen Produktpräsentationen. "Kunden können sich schlecht orientieren", so Kreutzer. Positives Beispiel sei hier Ikea. Thomas Saliger, Sprecher der Lutz-Gruppe (XXXLutz, Möbelix) kann die Wertung nicht nachvollziehen. "Unsere eigenen Umfragen kommen auf deutlich über 90 Prozent Zufriedenheit". Zwangswege durch den Shop wie bei IKEA würden die Österreicher mehrheitlich ablehnen. "Im Übrigen gehen Kunden vielleicht sieben Mal im Jahr Möbel kaufen, aber 70-mal in den Supermarkt. Logisch, dass sie sich dort besser zurechtfinden." Noch schlechter als Möbelhandel und Baumärkte schnitten die Elektro- und Modeketten ab. Eine leichte Verbesserung gab es für die Drogeriemärkte. Besonders die zwei großen Anbieter dm und Bipa hätten ihre Shops zuletzt modernisiert und die Kundenbindung forciert, analysiert Kreutzer.
Lesen Sie demnächst im KURIER: Wie zufrieden die Österreich mit privaten und öffentlichen Dienstleistungen sind – Kundenbarometer Teil 2
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