Handel heizt den Herstellern ein

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Österreich hat den sechsthöchsten Anteil an Eigenmarken. Junge kennen den Unterschied oft nicht mehr.

Wann greifen Konsumenten zu Marken wie RedBull, wann zur Billig-Variante von S-Budget, Flying Horse oder Clever? Kommt auf die Situation drauf an, sagt eine Studie der Wirtschaftsuniversität (WU) im Auftrag des Markenartikelverbandes (MAV).

Ob es sich um die schillernde Marke eines Produzenten (wie Nivea, Persil) oder eine Eigenmarke des Händlers (wie Clever, S-Budget oder Balea) handelt, beeinflusst die Kaufentscheidung oft gar nicht. Weil die Hälfte der Österreicher den Unterschied zwischen diesen Kategorien erst gar nicht kennt, so der Schluss der Studie. Speziell junge Leute wissen das nicht. Jeder fünfte WU-Student gestand, das eine nicht vom anderen unterscheiden zu können.

Diese Ratlosigkeit überrascht Ernst Klicka, Geschäftsführer des MAVs, nur bedingt. Händler haben den Werbedruck für Eigenmarken erhöht. Im Gegensatz zu den vielen Industriekonzernen kommt die Werbemacht geballt. So gesehen haben Handelshäuser in den vergangenen Jahren ganze Arbeit geleistet. Mit großen Werbebudgets haben sie ihre Eigenmarken aus der No-Name-Ecke in die Welt bekannter Marken aufsteigen lassen.

„Der Kopf leugnet Qualitätsunterschiede zwischen Produzenten- und Eigenmarken, der Bauch sieht aber oft die Herstellermarke vorne“, analysiert Studienleiterin Bernadette Kamleitner. Handelsmarken werden oft als „dasselbe nur billiger“ wahrgenommen. „Es steckt aber nicht dasselbe in den Packungen. Die Rohstoffe sind andere“, betont Günter Thumser, MAV-Präsident und Geschäftsführer von Henkel CEE. Der deutsche Konzern, der auch in Wien produziert, lässt keine Handelsmarken vom Band laufen. Im Gegensatz zu vielen Klein- und Mittelbetrieben, die mit solchen Zusatzaufträgen ihre Maschinen auslasten.

In Österreich teilen sich drei Händler – Rewe, Spar und Hofer – mehr als 80 Prozent des Marktes auf. Die Händler seien längst die Mächtigen, nicht die Hersteller, meint Klicka: „Ich frage mich immer, wo die angebliche Marktmacht der Industrie sein soll. Wenn ein Geschäftsführer eines Industriekonzerns die Produkte nicht in die Regale von Rewe oder Spar bekommt, wird er seinen Job schnell los sein.“

Kritische Mütter

Zu welchen Waren Konsumenten greifen, hängt oft von der Situation ab. Bei Geschenken punkten Herstellermarken. Sie gelten als hübscher verpackt, besser verfügbar und stehen für mehr Qualität. Zumindest wisse man, wer den Artikel herstellt und könne sich bei Fragen an den Produzenten wenden, sagen viele. Besonders aktiv sind laut Henkel-Chef Thumser übrigens junge Mütter: „Das sehen wir sowohl bei Hotlines als auch in Foren.“

Fragen, die früher an Eltern gestellt wurden, werden nun in sozialen Netzwerken diskutiert, beobachten Experten. Zudem wird die Rückverfolgbarkeit von Produkten immer stärker eingefordert.

Vom No-Name zum Label - Kampf gegen Diskonter

Eigenmarken haben in Österreich einen Umsatzanteil von 28 Prozent, laut ACNielsen der sechsthöchste Wert weltweit. In den vergangenen Jahren bauten Rewe und Spar ihre Eigenmarken- Sortimente stark aus. Vor allem um Diskontern im Preiseinstiegs-segment mit Billig-Marken wie Clever und S-Budget Paroli zu bieten. Auch wenn diese günstig verkauft werden, sind sie oft ein gutes Geschäft. Etwa, weil sich die Werbekosten auf viele Artikel – vom Essiggurkel bis zum Energydrink – verteilen. Wegen des hohen Werbeaufwandes sind viele dieser Labels heute keine No-Names mehr.

Kunden mit gutem Service zu überraschen und sie im Konkurrenz-Sturm für sich zu erobern sei für Unternehmen schwieriger geworden, so das Ergebnis der am Montag präsentierten Service Studie von A1. „Der Kunde ist heute mündiger, erfahrener als früher“, sagt GfK Austria Marktforscher Rudolf Bretschneider. Je größer diese Erfahrung, desto höher die Ansprüche. Demnach empfindet heute jeder Vierte (2008 war es noch jeder Fünfte) von 1000 befragten Österreichern, das zuvorkommende Verhalten von Unternehmen oder Organisationen habe nachgelassen.

Insgesamt verdiene sich die heimische Kundenorientierung nur die Schulnote Befriedigend. Vor allem Personen zwischen 40 und 54 Jahren sind kritisch. Gemein haben alle Altersgruppen, dass sie selten bis nie mit positivem Service überrascht werden. Vor allem in öffentlichen Ämtern ist die Unzufriedenheit groß, dicht gefolgt von der Versicherungsbranche und der Energieversorgung. Die besten Noten im Servicebereich holten die Gastronomie, der Tourismus, sowie der Lebensmitteleinzelhandel und die Drogeriemärkte.

Trends und Flops

Service-Trend ist der Wunsch der Kunden nach einem – einzigen – Ansprechpartner. Kompetente Beratung und Höflichkeit sind zudem am wichtigsten. Service-Killer sind Unfreundlichkeit, falsche Auskünfte, Desinteresse. Neu ist der Wunsch nach mehreren Kommunikationskanälen. Vor der Hotline, einer informativen Homepage und einer schnellen Rückmeldung per eMail steht aber nach wie vor die persönliche Beratung.

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