Handel: Fünf Gründe für ein Revival der Innenstädte
Sie wollen alle wieder zurück in die Stadt: Der Möbelriese IKEA will Abholshops aufsperren, Diskonter Hofer spitzt auf frei werdende Zielpunkt-Filialen und Kastner & Öhler plant ein großes Modehaus mitten in Klagenfurt. In der Wiener City wäre noch Platz für einen klassischen Shoppingtempel à la Printemps in Paris oder Harrods in London, meint Hannes Lindner, Geschäftsführer der Standort + Markt Beratungsgesellschaft. Der Handelsexperte glaubt an ein "Revival der Innenstädte". Folgende fünf Gründe könnten dazu beitragen:
1. eCommerce Der Online-Einkauf bedroht vor allem großflächige Geschäfte in Einkaufszentren, wo die Verkaufsfläche in den nächsten Jahren weiter sinken dürfte. Andererseits nutzen stationäre Händler das Internet als Showroom und benötigen nur noch kleine Shops. Reine Online-Händler wiederum beginnen, eigene Läden zu eröffnen, um ihre Waren zu präsentieren. In Deutschland betreibt schon jeder zweite der 1000 größten Online-Shops auch ein stationäres Geschäft – bevorzugt in Einkaufsstraßen.
2. Alterung/Zuzug Die demografische Entwicklung spricht für die Städte. Die Konsumenten werden in zehn bis zwanzig Jahren im Schnitt älter sein als heute, städtische Nahversorger wie der Bäcker ums Eck werden daher an Bedeutung gewinnen. Erst kürzlich etwa eröffnete der Milchkonzern NÖM eine kleine Stadtmolkerei in Wien-Neubau. Großstädte wie Wien wachsen derzeit auch stark durch Zuzug, ganze Stadtteile entstehen neu und sind öffentlich gut angeschlossen.
3. Mobilität Die Parkplatzfrage, eines der Hauptmotive für Einkaufszentren, verliert an Bedeutung. "Das Mobilitätsverhalten der Jungen in der Stadt hat sich verändert, immer weniger machen einen Führerschein", sagt Lindner. Fußgängerzonen entstehen und beleben die Innenstädte.
4. Einkaufserlebnis Innenstädte hätten im Gegensatz zu Einkaufszentren "eine gelebte Multifunktionalität" und könnten dadurch mehr Einkaufsspaß vermitteln, erläutert der Handelsexperte. Während in den vergangenen Jahren der Textilhändler-Anteil zu Gunsten von Gastronomie- und Dienstleistungs-Betrieben abgenommen habe, zeichnet sich jetzt eine Trendwende ab. Es gebe wieder mehr Bekleidungshändler.
5. Mieten Einzelhändler in Einkaufszentren müssten derzeit "extrem hohe Mieten" zahlen, sagt Lindner. Angesichts steigender Internet-Konkurrenz und abnehmender Kunden-Frequenz würden viele ihre Standortstrategie überdenken. Motto: Lieber ein kleines Geschäft in bester Lage als ein größeres in guter Lage. Die Leerstände in städtischen A-Lagen lagen zuletzt bei nur 2,4 Prozent, in Shoppingcentern bei 3,4 Prozent.
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