Händler und Hoteliers in Deutschland abgestraft
Österreichische Unternehmen werden in Deutschland reihenweise abgemahnt. Derzeit sind vor allem Hoteliers betroffen, berichtet Manuela Fallmann von der Außenwirtschaftsstelle Berlin. Einer von ihnen ist Gernot Deutsch, Geschäftsführer vom Quellenhotel Heiltherme Bad Waltersdorf.
Er hat Urlaubsangebote über eine Salzburger Agentur in Deutschland inseriert und wurde abgemahnt, weil er in den Anzeigen als Firmennamen nur "Heiltherme Bad Waltersdorf" aber nicht die Rechtsform "GmbH & Co KG" angegeben hat. Damit hat er gegen deutsches Recht verstoßen, das vorsieht, dass Inserate auch die komplette Adresse enthalten müssen – ein Verweis auf die Website reicht nicht aus. Das Hotel wurde von einem Verband abgemahnt, der eine Abmahnungsgebühr von 178,50 Euro einforderte.
Wie viele seiner Branchenkollegen nahm er das Schreiben nicht ernst, es landete im Papierkorb. Deutsch: "Ich hielt es für einen versuchten Betrug, auch weil da nicht einmal ein Telefonnummer auf der ersten Seite gestanden ist", ärgert er sich. Er würde jede Woche so dubiose Schreiben bekommen, deswegen hätte er diesem keine besondere Beachtung geschenkt. Auch die Mahnung hat er weggeworfen. Als nächstes kam die Vorladung zum Gericht in Berlin. Letztlich kostete ihm die fehlende Rechtsbezeichnung 765 Euro plus die Anwaltskosten. Deutsch: "Belangt wird die Firma selbst, nicht Agentur. Ich bin auf allen Kosten sitzen geblieben."
Flut an Abmahnungen
Manuela Fallmann spricht von "einer Flut von solchen Abmahnungen", die oft per Fax oder Mail bei Unternehmern eintrudeln. Sie kommen von Konkurrenten – vertreten durch ihre Anwälte –, von Wettbewerbs- oder Verbraucherschutzverbänden. Verbände scheinen sich eine Branche nach der anderen vorzuknöpfen, meint sie. In den Schreiben werden die Unternehmer darüber informiert, dass sie gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen oder die Marken- oder Urheberrechte von anderen Unternehmen verletzt haben. Dies sollen sie künftig unterlassen, eine entsprechende Erklärung abgeben und die Abmahnkosten bezahlen, heißt es dann.
Ursprünglich waren diese Abmahnungen – die es in Österreich in dieser Form nicht gibt – als eine Möglichkeit der außergerichtlichen Einigung gedacht, bei der Unternehmen marken-, urheber- und wettbewerbsrechtliche Verstöße abstellen können, ohne hohe Gerichtskosten zu verursachen. Jetzt scheinen sie aber Verbände als Einnahmequelle zu entdecken. Betroffene vermuten eine "eine Maschinerie, die Millionen mit solchen Klagen generiert."
Wie viele Firmen solche Schreiben bekommen, kann auch Fallmann nicht einschätzen. "Allein bei unserem Berliner Büro melden sich jeden Tag zwei, drei Firmen wegen solcher Schreiben."
Experten schätzen, dass 10.000 österreichische Händler auch in Deutschland aktiv sind. Vor zwei Jahren hat laut Expertenschätzungen noch jeder zweite gegen deutsche Rechtsvorschriften verstoßen. Mittlerweile sollen viele reagiert haben.
Grundsätzlich gilt das Herkunftslandprinzip, also die Rechtsgrundlage jenes Landes, in dem der Onlinehändler seinen Sitz hat. Es gibt aber Ausnahmen, bei denen das Recht jenes Staates gilt, in dem Waren und Dienstleistungen empfangen werden. Österreichische Webshop-Betreiber müssen sich unter anderem beim Verbraucherschutz-, Urheber-, Wettbewerbs- oder Jugendschutzrecht an deutsches Recht halten.
Wer glaubt, im Streitfall einfach behaupten zu können, nur im Inland tätig zu sein, zieht schnell den Kürzeren. Laut einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes gilt ein Unternehmen als auf ein fremdes Land ausgerichtet, wenn beispielsweise auf der Website die Telefonnummer mit der internationalen Vorwahl angegeben ist oder wenn die Anfahrtsskizze bis an die Grenze zum Nachbarland führt. Als weitere Hinweise werden Kundenbewertungen von ausländischen Konsumenten oder neutrale Domains (wie .com, .info, .net, .eu) angesehen.
Immer wieder zu Streitereien kommt es auch wegen Fotos und Landkarten, die auf Webseiten verwendet werden. Oft widerrechtlich, weil die Veröffentlicher nicht die Rechte an den Bildern und Karten halten.
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