Ausgebremst: Hälfte der Zweiradhändler vor dem Aus
Obwohl der Saisonstart für Motorradfahrer kaum besser hätte sein können, sind derzeit nicht alle in der Zweiradbranche zufrieden. „Die Stimmung unter den Konsumenten ist gut, kaum kommt die Sonne hinter den Wolken hervor, sind die Geschäfte voll“, sagt Ferdinand O. Fischer, Vorsitzender des Fachausschusses Zweiradhandel in der Wirtschaftskammer Österreich und Harley-Davidson-Händler in Wien. Die Kauflaune sei vorhanden, auch würden zahlreiche Services durchgeführt.
Weniger gut ist die Stimmung bei den Händlern. Denn so wie jetzt kann es nicht weitergehen, meint Fischer. „Die Ertragssituation ist alarmierend und der Investitionsdruck groß.“ Die Hersteller würden aus den Händlern immer mehr Profit herausquetschen und gleichzeitig hohe Anforderungen an den Markenauftritt stellen. Dadurch stünden ein Drittel bis die Hälfte der 1400 heimischen Händler vor dem Aus.
Fischer schlägt daher ein neues Vertriebssystem vor. Die Motorräder im Laden sollen nicht mehr Eigentum des Händlers, sondern des Herstellers sein. Es handelt sich um einen Direktverkauf, bei dem der Händler den Kunden berät, das Motorrad testen lässt und beim Kauf, der online erfolgen soll, hilft. Statt Margen gäbe es Auslieferungsprämien. Dadurch solle es weniger aber dafür größere Händler mit ansprechenderer Verkaufsfläche und breiterem Sortiment geben. Durch das neue System würden 30 Prozent der Händler wegfallen, die sich auf Service und Werkstattleistungen konzentrieren könnten.
Vespa vor KTM
Der Absatz der einzelnen Marken entwickelt sich laut Fischer sehr unterschiedlich. Obwohl Umsatz und Gewinn der Kultmarke Harley-Davidson insgesamt rückläufig sind und das Unternehmen die Alterung seiner Kunden teils dramatisch zu spüren bekommt, sieht Fischer den US-Klassiker in Europa nicht gefährdet. „Die Verkaufszahlen sind in Österreich leicht zurückgegangen, aber nicht dramatisch.“ Werkstattleistungen sowie der Verkauf von Teilen und Bekleidung würden das Minus wieder wettmachen.
Am häufigsten gekauft wird die Marke Vespa vor KTM, Honda und Yamaha. Die Zahl der Motorradfahrer ist im Wachsen, wenn auch nicht mehr wie früher in der Gruppe der 18- bis 28-Jährigen, sondern in jener der 40- bis 70-Jährigen. „Das ist eine kaufkräftige Gruppe, die bereit ist, für ihr Hobby entsprechend Geld auszugeben“, sagt Fischer. Rückläufig sei die Zahl der Jungen in den Städten, am Land steige sie.
Das E-Motorrad ist laut Fischer weit und breit nicht in Sicht, es gebe ein paar Prototypen, aber sonst sei das kein Thema.
2018 hat laut Burkhard Ernst, Vorstand des Auto- und Zweiradhändlers Mazda-Rainer, für die Zweiradbranche wegen des kalten März „katastrophal“ begonnen. Bei Mopeds gab es ein Minus von fast 40 Prozent, bei Motorrädern von knapp 20 Prozent. Das wahre Geschäft beginne aber jetzt. 2017 sei leicht negativ verlaufen. In Summe wurden mit Zweirädern in Österreich rund 200 Millionen Euro umgesetzt. 2018 könnte wegen des Wirtschaftsaufschwungs leicht darüber liegen, meint Ernst.
Immer weniger PS
Wie eine Analyse der Wiener Städtischen Versicherung zeigt, ändert sich das Fahrverhalten der Österreicher. Demnach werden Motorräder mit weniger PS als vor zehn Jahren gefahren. Fuhren Männer im Jahr 2008 noch Motorräder mit durchschnittlich 61,8 PS, so waren es 2017 nur noch 53,2 PS. Bei Frauen ist der Rückgang noch markanter: Der PS-Durchschnitt fiel von 50 auf 36,9 PS. Die stärksten Bikes fahren Vorarlberger, Steirer und Burgenländer, Schlusslichter sind Wiener, Kärntner und Oberösterreicher. Motorradfahren ist und bleibt eine Männer-Domäne. Mehr als 86 Prozent aller bei der Wiener Städtischen versicherten Motorräder sind auf Männer zugelassen. Das gefährlichste Pflaster hinsichtlich der Schadenshäufigkeit ist Wien. Knapp jeder dritte Motorrad-Schaden wird in der Bundeshauptstadt verzeichnet. Dahinter folgt Niederösterreich, wo mehr als 15 Prozent aller Motorrad-Unfälle passieren. Schlusslicht bei den Schäden ist Oberösterreich mit 6,9 Prozent der Unfälle.
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