Gugging: Eine Galerie der besonderen Art
Es ist eine andere Welt, die sich auf der Anhöhe am Waldrand oberhalb von Klosterneuburg, Niederösterreich, auftut. In der abgeschiedenen Idylle am Gelände der aufgelassenen Landesnervenheilanstalt Gugging, eine halbe Autostunde von Wien entfernt, ist ein weltweit einzigartiges Art-Brut-Zentrum entstanden.
Basis ist eine kleine Künstler-Kolonie, die im "Haus der Künstler" wohnt und arbeitet. Darunter, im ehemaligen "Kinderhaus", befinden sich das Museum Gugging und das wirtschaftliche Kernstück, die vor 20 Jahren gegründete Galerie.
Die Galerie hängt seit einigen Jahren als GmbH an der "Künstler aus Gugging Beteiligungs KG". Die Kommanditisten sind über ihre Sachwalter sechs Gugginger Künstler. Seit dieser Konstruktion kann die Galerie auch den Nachlass bereits verstorbener Künstler betreuen, wie etwa von August Walla, einem der berühmtesten Vertreter der Art Brut.
Nicht planbar
50 Prozent der Einnahmen aus dem Verkauf der Bilder gehen direkt an die Künstler. Mit dem Rest werden die Kosten der Galerie abgedeckt. Große Gewinne werden freilich nicht gemacht, es geht sich gerade aus.
Eine der ganz seltenen Ausnahmen bei Auftragsarbeiten ist das bemalte Ohr von Johann Garber vor dem ORF-Funkhaus. Solche Aufträge sind für die öffentliche Hand gedacht und müssen einen Mehrwert für den Künstler haben.
Natürlich ist es nicht einfach, Besucher und potenzielle Käufer nach Gugging zu bringen. Rund 30 bis 40 Prozent des Kaufpublikums sind internationale Kunstliebhaber. Da gibt es schon einmal Interessenten aus den USA, die im "Sacher" absteigen und sich nach Gugging chauffieren lassen. Die Galerie ist inzwischen international bekannter als in Österreich.
Leichter wäre es mit einem Standort in der Wiener Innenstadt. Doch die Miete ist viel zu teuer, winkt Katschnig ab. Außerdem wäre die Galerie nicht mehr in das Gesamtkonzept eingebunden. In der City würden Besucher die Künstler nicht mehr in ihrem Alltag antreffen.
Rentable Geldanlage
Kooperationen mit anderen Galerien und Museen funktionieren gut. Im Vorjahr beispielsweise gestaltete das Gugging-Team in einer renommierten New Yorker Galerie eine Einzelausstellung mit Arbeiten von Günther Schützenhofer. Die Ausstellung war ausverkauft. "Als klar war, dass Schützenhofer in den USA was gilt, hat er sich auch in Österreich besser verkauft", schildert Katschnig die Mechanismen des Kunstmarktes.
Wer in Kunst als Geldanlage investiert, ist bisher mit Art Brut gut gefahren. Der Preis für ein Blatt von Johann Hauser etwa stieg seit 1986 von 2000 auf heute 40.000 bis 60.000 Euro. Die Werke der Gugginger Künstler haben durchaus noch viel "Kursfantasie nach oben", wie man bei einer Aktie sagen würde. Preise um die 100.000 Euro sind zwar derzeit am oberen Limit, im internationalen Kunstbetrieb sind solche Größenordnungen aber immer noch bescheiden.
Den Begriff prägte der französische Maler Jean Dubuffet. Er bezeichnete damit eine „edle, herbe, ursprüngliche Kunst“, jenseits etablierter
Kunstformen und -strömungen. Im anglo-amerikanischen Raum ist der – mittlerweile umstrittene – Begriff „Outsider Art“ (Außenseiter-Kunst) gebräuchlich.
Seit den 70er-Jahren gehören die Künstler aus Gugging zu den weltweit wesentlichen Exponenten der Art Brut.
„Art Brut ist eine Kunst, die nicht von Kunst beeinflusst ist. Das Einzige, was Art-Brut-Künstler gemeinsam haben, ist dass sie nichts gemeinsam haben“, definiert der Bildhauer und Psychiater Johann Feilacher.
Er übernahm 1986 als Direktor die Agenden des Psychiaters Leo Navratil, der Gugging aufbaute und die Künstler gezielt förderte. Feilacher machte aus dem ursprünglich klinisch orientierten Zentrum eine Wohngemeinschaft für die Künstler.
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