Grüne Erde: Gutes Leben, gute Geschäfte

Grüne Erde: Gutes Leben, gute Geschäfte
Die Öko-Firma ist mit ihren Produkten zum Wohnen und Anziehen erfolgreich – und de facto bankenunabhängig.

Alles begann im Jahr 1983 mit einer "Weißen Wolke" in Scharnstein im oberösterreichischen Almtal. Die handgefertigte Naturmatratze war das erste Produkt aus dem Hause Grüne Erde. Heute, 32 Jahre später, ist die "Weiße Wolke" noch immer auf dem Markt. Kostenpunkt: Mindestens 838 Euro. Das ist viel Geld, doch höchste Qualität, ein gutes Gewissen und hoffentlich süße Träume sind vielen Kunden diese Investition wert.

"Das Ziel der Grünen Erde war von Anfang an, eine Alternative zum wirtschaftlichen Mainstream zu bieten", versichern Reinhard Kepplinger und Kuno Haas. Die beiden Firmeneigentümer waren Anfang der 1980er mit Grüne-Erde-Erfinder Karl Kammerhofer in der noch kleinen grün-alternativen Bewegung aktiv.

Es ging um Themen wie Selbstbestimmtheit, Gleichberechtigung, Gerechtigkeit, Toleranz und Umweltschutz. Arbeit sollte sinnvoll, ökologisch und sozial fair sein und sie sollte jedem ein gutes Leben ermöglichen.

Dieser Idee eines ökologischen Pionierbetriebs sehen sich Kepplinger und Haas, die einander aus Studientagen kennen, auch heute noch verpflichtet. Zahlreiche Auszeichnungen für soziales Engagement, Lehrlingsausbildung und Umweltschutz sprechen dafür, dass der Geist der Anfangstage nicht verloren gegangen ist – auch wenn das Unternehmen mittlerweile 400 Mitarbeiter beschäftigt und es neben der "Weißen Wolke" 5300 weitere Produkte gibt.

Das Angebot reicht von Vollholzmöbeln, Bettwaren, Wohnaccessoires und Naturkosmetik bis hin zu ökologischer Mode. Produziert wird zu 70 Prozent in Österreich: In Vorchdorf, Bezirk Gmunden, entstehen Matratzen und Bettwaren, in einer Tischlerei im Südkärntner Gallizien die Möbel aus europäischen Hölzern. Am Stammsitz in Scharnstein befindet sich die Verwaltung in drei Gebäuden eines ehemaligen Sensenwerks.

38 Mio. Euro Umsatz

Grüne Erde: Gutes Leben, gute Geschäfte
grüne erde inhaber Kuno Haas und Reinhard Kepplinger, honorarfrei
Derzeit betreibt Grüne Erde 14 Geschäfte in Österreich und Deutschland, unter anderem in Wien, Linz, Innsbruck, Berlin, Frankfurt und München. Die Shops steuern 50 Prozent des Umsatzes von zuletzt 37,66 Millionen Euro bei, mehr als die Hälfte davon werden wiederum in Deutschland erwirtschaftet. Immer noch wichtig sind für das Unternehmen Bestellungen per Katalog: 29 Prozent des Umsatzes stammen aus diesem Bereich, auf das wachsende Online-Geschäft entfallen 21 Prozent.

Geht es nach Kepplinger und Haas, soll Grüne Erde auch in den nächsten Jahren wachsen. Es gehe dabei nicht um Schnelligkeit, sondern um Kontinuität. Die Erweiterung des Sortiments in Richtung Naturtextilien lag auf der Hand. 2010 wagte man sich in den Modebereich und nahm ob der Anlaufinvestitionen auch zwei negative Jahresergebnisse hin. Mittlerweile bilanziert Grüne Erde wieder positiv. Der Gewinn vor Steuern lag bei zuletzt 0,55 Mio. Euro.

Jüngstes Projekt des Unternehmens ist die Übersiedlung der Kärntner Möbeltischlerei in eine neue Produktionshalle. In den beiden Flagship-Stores in Wien und München entstanden außerdem "Schlafwelten". Sie sollen die Kernkompetenz des Unternehmens, die mit der "Weißen Wolke" begann, unterstreichen.

Die Grüne Erde und die Banken:

Verunsicherung: Im Zuge der Bankenkrise wurde es auch für die Grüne Erde schwierig, Geld für Investitionen zu bekommen. Zwei negative Jahresergebnisse 2010/2011 und 2011/2012 – der Einstieg ins Textilsegment war mit hohen Kosten verbunden – sorgte für zusätzliche Verunsicherung. „Die Banken wollten auf einmal ihr Geld zurück und haben mit ihren Basel-III-Tafeln gewunken“, erinnert sich Reinhard Kepplinger. Man empfahl ihm sogar die Verpfändung der wertvollen Marke und riet zum Verkauf von Firmenanteilen an internationale Investmentfonds.

Nachrangdarlehen: Stattdessen entschied sich Grüne Erde für Crowdfunding. Im Gegensatz zu Heini Staudinger – der GEA-Eigentümer und Schuhrebell wurde zur Zielscheibe der FMA –setzte man von Beginn an auf qualifiziert nachrangige Darlehen. Mit großem Erfolg: Bis Anfang 2015 wurden 7,7 Millionen Euro eingesammelt. Den mehr als 1100 Anlegern bietet Grüne Erde jährlich vier Prozent Zinsen in Form von Warengutscheinen.

Die Bankverbindlichkeiten sind durch das Projekt von über zehn auf etwa zwei Millionen Euro gesunken.

Kommentare