Griechenland: Konservative sollen Regierung bilden

Griechenland: Konservative sollen Regierung bilden
Die Euro-Befürworter haben sich durchgesetzt - ND-Chef Samaras hat das Mandat zur Regierungsbildung erhalten. Die Linksradikalen wollen in keine Koalition.

Die Griechen haben gewählt - und ihr Votum ist recht eindeutig: Ja zum Euro, Ja zu zur EU und Jein zum Sparpakt. Bei der Parlamentswahl in Griechenland am Sonntag hat sich ein rechnerischer Sieg der Euro-Befürworter abgezeichnet.

Nach Auszählung von rund 97 Prozent der Stimmen wird die konservative Partei Nea Dimokratia (ND) mit 29,7 Prozent stärkste politische Kraft. Falls die ebenfalls pro-europäischen Sozialisten ( PASOK), die 12,3 Prozent erreicht hat, eine Regierungskoalition eingehen, würden beide Parteien über 162 der 300 Sitze verfügen. Beide Parteien wollen zwar den Reform- und Sparkurs fortsetzen, aber mit den Geldgebern über Erleichterungen nachverhandeln. Das Bündnis der radikalen Linken (SYRIZA), das den Sparpakt aufkündigen will, wurde mit knapp 26,9 Prozent zweitstärkste Kraft.

Partei Mandate (Juni 2012) Mandate (Mai 2012) Prozent (Juni 2012) Prozent (Mai 2012)
ND 129 108 29,66 18,85
SYRIZA 71 52 26,89 16,78
PASOK 33 41 12,28 13,18
Unabhängige 20 33 7,51 10,60
Faschisten 18 21 6,92 6,97
Linksdemokraten 17 19 6,26 6,10
Kommunisten 12 26 4,50 8,48
Restliche ( 0 0 5,98 19,04

Konservative bekamen Mandat

Griechenland: Konservative sollen Regierung bilden

Der Chef der griechischen Konservativen, Antonis Samaras, ist nach dem Wahlsieg seiner Partei am Montag mit dem Staatspräsidenten Karolos Papoulis zusammengetroffen - er soll versuchen, eine neue griechische Regierung zu bilden. Samaras sagte, er strebe die Bildung einer Regierung der Nationalen Rettung "mit langem Atem" an. An dieser können alle Parteien teilnehmen, "die an die europäische Orientierung des Landes und an den Euro glauben", sagte Samaras zu Papoulias.

Diese Parteien müssten zudem dazu stehen, dass Griechenland "seinen Verpflichtungen nachkommen" müsse. Gleichzeitig solle es aber Lockerungen im Sparprogramm geben, um die Arbeitslosigkeit und andere Probleme zu überwinden. Papoulias sagte, das Land dürfe nicht einen Tag länger ohne Regierung bleiben. (Finanzministerin Fekters Reaktion darauf lesen Sie hier).

Samaras hat sich am Montag zunächst mit dem Reformkritiker Alexis Tsipras vom radikalen Linksbündnis SYRIZA beraten - das Ergebnis: Die Partei will nicht mit den Reformern koalieren. "Wir werden Gegner bleiben", betonte Tsipras. Im Anschluss will Samaras mit dem Chef der gemäßigten Linkspartei PASOK, Evangelos Venizelos, zusammenkommen. Dieses Treffen sei für 17.00 Uhr (MESZ) angesetzt, sagte ein ND-Vertreter.

Bei der Europäischen Union zeigte man sich erleichtert über den Wahlausgang. "Wir begrüßen heute den Mut und die Ausdauer der griechischen Bürger", erklärten EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso. "Wir hoffen, dass die Wahlergebnisse rasch die Bildung einer Regierung erlauben."

Die Euro-Arbeitsgruppe, ein Expertegremium unter Leitung des Österreichers Thomas Wieser, wird am Montagnachmittag zudem eine Telekonferenz zu den Folgen der Wahlen vom Vortag in Griechenland abhalten, erfuhr die APA aus EU-Ratskreisen in Brüssel. Konkrete Inhalte wurden keine genannt, doch dürfte es um das weitere Prozedere angesichts einer sich abzeichnenden Koalition aus Euro-Befürwortern gehen.

Die Finanzminister erwarten von einer neuen Regierung in Griechenland die Fortführung des vereinbarten Spar- und Reformprogramms. Das teilte Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker in einer Erklärung mit. Dem Vernehmen nach gab es intensive Kontakte zwischen den obersten Kassenhütern. Sparkurs und Strukturreformen seien "Griechenlands beste Garantie, die gegenwärtigen wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen zu überwinden und eine erfolgreichere Zukunft in der Eurozone (...) zu haben", hieß es in der Erklärung. Und weiter: "Die Eurogruppe bekräftigt ihr Engagement, Griechenland bei der Anpassung zu helfen (...)." Die Eurogruppe schätze die Anstrengungen, die bereits von den griechischen Bürgern geleistet wurden.

Die zweite Wahl binnen sechs Wochen war ja notwendig geworden, weil weder Gegner noch Befürworter des Sparprogramms nach der Parlamentswahl vom 6. Mai keine Mehrheit für eine Regierungsbildung finden konnten. In letzter Konsequenz ging es um die Frage, ob Athen in der Eurozone bleibt oder zur Drachme zurückkehrt - mit unabsehbaren Folgen. Deshalb schauten sowohl die EU als auch die internationalen Finanzmärkte mit bangem Blick auf den Ausgang der Schicksalswahl. Die Nervosität an den Finanzmärkten ist nicht nur wegen Griechenland, sondern auch angesichts der Probleme in Spanien und Italien extrem hoch.

"Keine Abenteuer mehr"

Griechenland: Konservative sollen Regierung bilden

ND-Chef Antonis Samaras erklärte in seiner Siegesrede, das Volk habe die Politiker gewählt, die für Wachstum und Verbleib im Euroland seien. Das Land werde seine Verpflichtungen erfüllen und mit den europäischen Partnern an Fortschritten in der Wachstumspolitik arbeiten. "Es wird keine Abenteuer mehr geben, an Griechenlands Platz in Europa besteht kein Zweifel." Der Konservative rief alle politischen Kräfte auf, sich an der Regierung zu beteiligen. Samaras hatte zwei Jahre mehr Zeit zur Umsetzung der Sparauflagen gefordert (ein Porträt lesen Sie hier).

PASOK-Chef Evangelos Venizelos schlug die Bildung einer möglichst breiten Regierung aus Konservativen, Sozialisten, radikalen sowie gemäßigten Linken vor. Anos Skourletis, Sprecher der Radikallinken, bezeichnete alle Diskussionen über die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit als lächerlich. SYRIZA-Chef Alexis Tsipras sagte, seine Partei wolle stärkste Oppositionskraft bleiben. Das Volk habe innerhalb von sechs Wochen zum zweiten Mal das Sparpaket verurteilt.

Bei der Parlamentswahl schnitt auch die faschistische Partei Goldene Morgenröte wieder gut ab. Sie erreichte 6,9 Prozent. Die rechtskonservativen Unabhängigen Griechen erhalten 7,5, und die gemäßigte demokratische Linke 6,2 Prozent. Die Kommunisten kommen demnach auf 4,5 Prozent.

Merkel gratuliert

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Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel gratulierte Samaras telefonisch zum "guten Wahlergebnis". Wie eine Regierungssprecherin in Berlin mitteilte, habe die Kanzlerin dabei aber auch deutlich gemacht, dass sie davon ausgehe, dass Griechenland sich an seine europäischen Verpflichtungen halte. Den Plänen des 37-jährigen Tsipras erteilte sie erneut eine klare Absage. Finanzminister Wolfgang Schäuble hat das mit Griechenland gemeinsam erarbeitete und vereinbarte Reformprogramm nur einen Zweck: Griechenland zurück auf den Weg wirtschaftlicher Prosperität und Stabilität zu führen. "Der Weg dorthin ist weder kurz noch leicht, aber er ist unvermeidlich. Und er eröffnet dem griechischen Volk die Perspektive auf eine bessere Zukunft", ließ Schäuble mitteilen. Deutschland ist der größte, einzelstaatliche Geldgeber des finanziell schwer angeschlagenen griechischen Staates im Rahmen von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF), die auf harte Sparauflagen im Gegenzug für das im März vereinbarte Rettungspaket über 130 Milliarden Euro bestehen.

Das Wahlergebnis in Griechenland wird auch den G-20-Gipfel am Montag und Dienstag in Mexiko beherrschen. Das US-Präsidialamt erklärte, es hoffe auf eine rasche Regierungsbildung und zügige Fortschritte bei der Bewältigung der wirtschaftlichen Probleme. China begrüßte den Wahlausgang in Griechenland. "Wir sind überzeugt davon, dass Griechenland in der Euro-Zone bleiben sollte, um deren Integrität und Stabilität zu wahren", sagte Vizefinanzminister Zhu Guangyao im mexikanischen Los Cabos.

"Wir hoffen auf eine pro-europäische Regierung in Griechenland, die Chance ist mit diesem Wahlergebnis gegeben", sagte Bundeskanzler Werner Faymann (S) angesichts der Hochrechnungen nach der Wahl laut Aussendung. "Wichtig ist, dass nach diesen Wahlen nun auch in Griechenland eine Politik verankert wird, die auf zwei Säulen steht: auf einem nachhaltigen Konsolidierungskurs mit Strukturveränderungen sowie auf Wachstum. Dabei müssen die ausverhandelten Bedingungen eingehalten werden, aber man soll der griechischen Bevölkerung auch Luft zum Atmen geben (...)." Außenminister und Vizekanzler Michael Spindelegger (V) zeigte sich am Sonntagabend angesichts der Hochrechnungen "erleichtert", wie er in einem Telefonat mit der ORF-ZiB 2-Spezial zu den Griechenland-Wahlen sagte.

Hannes Swoboda (S), Fraktionschef der Sozialdemokraten im EU-Parlament, plädierte in der ORF-Diskussions-Sendung "Im Zentrum" dafür, "Teile" des linken Parteibündnisses SYRIZA in eine künftige Koalition mit einzubeziehen. Der Leiter der SPÖ-Delegation im EU-Parlament, Jörg Leichtfried, sagte laut Aussendung: "Ich hoffe, dass sich bei der Regierungsbildung die proeuropäischen Kräfte durchsetzen werden." Aber für Europa muss klar sein, dass es ohne Wachstumsimpulse nicht gehen kann.

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