Griechen raus!? 71 Prozent der Österreicher sind dafür

Griechen raus!? 71 Prozent der Österreicher sind dafür
Die große Mehrheit der Österreicher will, dass die Griechen zur Drachme zurückkehren. Wie teuer kommt es, wenn die Hellenen weiter in Euro zahlen?

Eine OGM-Umfrage im Auftrag des KURIER zeigt, dass eine große Mehrheit der Österreicher für den Austritt Griechenlands aus der Eurozone ist. 71 Prozent der Befragten sind für den "Grexit", nur 21 Prozent wollen, dass die Hellenen in der Eurozone bleiben.

"Die Ablehnung der Griechenlandhilfe und der Wunsch nach einem Ausstieg des Landes aus der Eurozone war noch nie so groß", erklärt Meinungsforscherin Karin Cvrtila von OGM. Die Österreicher sind der Meinung, man habe bereits genug an Griechenland gezahlt, weitere Finanzhilfen wären "offenbar sinnlos. Natürlich hat das viel mit einem Informationsdefizit zu tun, weil sich niemand mehr auskennt, warum und wofür so viel Geld aus unübersichtlich vielen Rettungsfonds bezahlt wird".

Die Frage, ob Griechenland raus aus dem Euro soll, spaltet die Politik ebenso wie Experten im In- und Ausland. In Österreich fordern vor allem die Freiheitlichen den "Grexit", aber auch einige Fachleute wie der neue Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS), Christian Keuschnigg, plädieren für einen Austritt, der "überraschend und schnell" passieren müsste.

Aber ist ein Euro-Ausstieg Griechenlands überhaupt sinnvoll?

Was bringt den Griechen ein Ausstieg aus der Eurozone?

Die Rückkehr zur Drachme würde zu einer Geld-Abwertung von etwa 50 Prozent führen, die Wettbewerbsfähigkeit schlagartig verbessern, die Importe reduzieren (weil sich nur noch wenige teure Importgüter leisten können) und ein vom Export getriebenes Wachstum ermöglichen, glaubt IHS-Chef Keuschnigg. Gleichzeitig würde ein Austritt die im Ausland in Euro aufgenommenen Schulden schlagartig verteuern. Die Folgen: Noch mehr Insolvenzen im privaten Sektor und ein endgültiger Staatsbankrott.

Warum wollen noch alle Euro-Staaten, dass die Griechen bleiben?

Ein Staatsbankrott hätte massive Auswirkungen auf den Bankensektor– speziell in Italien. Der Ausfall von griechischen Krediten brächte auch Spanien und Portugal in noch ärgere Turbulenzen. Selbst Großbritanniens riesiger Bankensektor muss trotz Pfunds einen Kollaps Griechenlands fürchten. "Wenn wir wüssten, was uns ein Euro-Ausstieg der Griechen kosten würde, wäre das vielleicht schon geschehen", befindet Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung.

Also soll das Land weiterhin von der EU "durchgefüttert" werden?

Im Grunde wird das Land bereits durch die sogenannte Troika, bestehend aus Vertretern der Europäischen Zentralbank, der EU-Kommission und dem Internationalen Währungsfonds, regiert. Die Troika gibt "Empfehlungen" für Reformen, die vom Parlament umgesetzt werden müssen – sonst wird der Geldhahn zugedreht, durch den das Land einen Staatsbankrott bisher verhindern konnte. Tatsache ist aber auch, dass die Troika regelmäßig anprangert, dass das Reformtempo viel zu gering ist. Die Wahlen vom 6. Mai haben vorerst dazu geführt, dass nun zwei Drittel der Abgeordneten die Sparpläne der Troika ablehnen. Gleichzeitig wollen 80 Prozent laut Umfragen den Euro behalten. Die EU ist angesichts des Wahl­ergebnisses ratlos, wie weiter verfahren werden soll – was die Diskussion um einen möglichen Bankrott und Ausstieg Griechenlands aus der Eurozone zuletzt deutlich angeheizt hat.

Wäre ein Euro-Austritt für eine begrenzte Zeit möglich?

Nein. Experten gehen davon aus, dass Griechenland einige Jahrzehnte brauchen würde, um zum Euro zurückkehren zu können.

Was würde die EU ein Bankrott kosten?

Die Konsequenzen eines "Grexit" sind seriös nicht abschätzbar. In Brüssel kursieren Gerüchte, dass ein Staatsbankrott die Euro-Staaten zwischen 280 und 400 Milliarden Euro kosten würde. Und selbst danach, warnt etwa Arbeiterkammer-Direktor Werner Muhm, würde sich Europa "nichts ersparen, weil man dem Armenhaus Griechenland dann erst recht finanziell helfen müsste".

Und was würde das Österreich kosten?

Mindestens fünf Milliarden Euro, schätzte kürzlich Bank Austria-Chefvolkswirt Stefan Bruckbauer. Und ein Vielfaches davon, wenn die Europäer einen daraus resultierenden Flächenbrand nicht in den Griff bekommen.

Argentinien ging 2002 bankrott und hat sich seither gut erholt. Wäre das kein gutes Modell für Griechenland, um wieder zur Normalität zu finden?

Im britischen Economist warnte der ehemalige Chef der Zentralbank von Argentinien: Die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen seien in Argentinien nach dem Staatsbankrott immens gewesen. Zudem sei Argentinien als Staat ohne Gemeinschaftswährung und gefragten Exportwaren nicht mit der importabhängigen Wirtschaft Griechenlands vergleichbar (weitere Details hier)

Wer trägt die Hauptschuld an der griechischen Tragödie?

Die Griechen, vor allem die griechische Politik. Das Land war in Wahrheit nie "fit" für den Euro, Reformen wurden nie ernsthaft angegangen, die Korruption blüht, der Verwaltungsapparat ist enorm aufgebläht und ineffektiv –, was sich daran zeigt, dass die griechischen Politiker nicht einmal imstande sind, die von der EU zusätzlich bereitgestellten Milliarden zur Ankurbelung der Wirtschaft abzurufen. Die Hoffnung bleibt, dass eine tragfähige Regierung nach den Wahlen im Juni Lösungen findet.

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