Spendengelder an der Börse
Mehr als eine halbe Milliarde Euro werden die Österreicher auch heuer wieder für wohltätige Zwecke spenden. Nicht alles davon fließt tatsächlich in den guten Zweck. Bleibt Geld übrig, wird es für später zurückgelegt – und entsprechend veranlagt.
Im Falle von Greenpeace International ging das gehörig schief. Wie berichtet, verspekulierte die Umweltorganisation 3,8 Millionen Euro mit Währungsgeschäften. Ein Mitarbeiter in der Amsterdamer Zentrale hatte bei Termingeschäften auf einen sinkenden Euro-Kurs gesetzt. Greenpeace Österreich schließt aus, dass auch heimische Spendengelder vom Vorfall betroffen sind oder dafür verwendet werden, das Defizit auszugleichen. Immerhin unterliege man den strengen Kriterien des österreichischen Spendengütesiegels.
"Es ist durchaus möglich, für Projekte im Ausland das Währungsrisiko abzusichern", erläutert Heinrich Mathis von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, die das Spendengütesiegel vergibt. Aber: "Währungsspekulationen wie jene bei Greenpeace, ohne bestimmtes Projekt dahinter, gehören da sicher nicht dazu." Wären die Verluste in Österreich aufgeflogen, würde Greenpeace wohl das Spendengütesiegel entzogen werden, so Mathis. "Veranlagungen sind ja nicht des Teufels, die Organisationen können das Geld ja nicht einfach so liegen lassen, sondern müssen verantwortungsvoll damit umgehen", argumentiert Franz Neunteufl von der Interessensvertretung Gemeinnütziger Organisationen (IGO). Generell würden NGO "sehr konservativ" veranlagen.
Rote-Kreuz-Fonds
Wo genau die Gelder hinfließen, ist nicht leicht herauszufinden. Die wenigsten Organisationen veröffentlichen detaillierte Finanzberichte, obwohl das Gütesiegel diese ausdrücklich fordert.
Das Rote Kreuz, das im Vorjahr fast 60 Millionen Euro einsammelte, legt Geld für längerfristige Projekte in eigene Spezialfonds, die nach "strengen Kriterien risikoarm veranlagen", sagt ÖRK-Generalsekretär Werner Kerschbaum. Hauptsächlich werde in Anleihen und Rohstoffe investiert. "Über zehn Jahre hat der Fonds deutlich mehr abgeworfen als ein normales Sparbuch", sagt Kerschbaum. Einen Vorfall wie bei Greenpeace schließt er aus.
Ärzte ohne Grenzen gibt an, mit dem Spendengeld "schnellstmöglich Hilfseinsätze zu finanzieren". Jener Teil, der übrig bleibt, wird professionell verwaltet. "Wir kaufen Anleihen von ausgewählten Einzeltiteln mit hoher Bonität und geringem Ausfallsrisiko, aber keine Aktien, Fonds oder Derivate", erläutert Finanzchef Horst Schmid. "Wir können doch nicht zusehen, wie unsere Spendengelder von der Inflation aufgefressen werden." Ein internes Kontrollsystem verhindere, dass Verluste eingefahren werden.
Anders die Caritas: "Wir wollen Spendengeld schnell unter die Leute bringen und veranlagen daher maximal ein halbes oder ein Jahr lang in Festgeld", heißt es.
Es erinnert an ein Kapitel aus der Finanzbranche und ihren Umgang mit Kundengeldern: Die namhafte Umweltschutzorganisation Greenpeace bzw. ein Mitarbeiter hat Millionen verspekuliert, die interne Risikokontrolle hat versagt bzw. war nicht vorhanden. Besonders bitter: Es waren Spendengelder, die für immer verloren sind. Der Imageschaden ist enorm, zählt Greenpeace doch zu den Mitkämpfern für eine Finanztransaktionssteuer. Zudem werden Konzerne, die etwa auf Preise von Lebensmitteln spekulieren, von den Umweltschützern gerne als „rein profitorientiert“ öffentlich abgewatscht.
Einige der Tue-Gutes-Spendensammler sind mittlerweile aber selbst große globale Player, die zur Zielerreichung auf klassische kapitalistische Methoden und Strukturen setzen. Auch hinsichtlich der Spendengelder. Das ist durchaus legitim, auch vor dem Hintergrund, dass es auf dem Geldmarkt derzeit kaum Zinsen gibt. Nur sollten diese Organisationen dann auch so konsequent sein, Börsen und Wertpapiere nicht per se als Teufelswerk zu verurteilen und bekämpfen.
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