Glücklose Lotto-Ausschreibung

Glücklose Lotto-Ausschreibung
Kaum ist die Lotterien-Konzession erstmals ausgeschrieben, gibt es schon Wickel. Der Verfassungsgerichtshof hat ein Vorverfahren eingeleitet.

Das Finanzministerium könnte in Sachen Glücksspiel bald wieder Pech haben. Der Europäische Gerichtshof hatte das heimische Glücksspielgesetz als EU-widrig aufgehoben, also wurde ein neues Gesetz gebastelt und die Konzessionen für das Spiel ums Glück - jahrezehntelanges Exklusivrecht der Casinos-Austria-Gruppe samt den Lotterien - mussten erstmals öffentlich und international ausgeschrieben werden. Das Finanzministerium machte den Anfang mit den Lotterien, der wichtigsten und lukrativsten Konzession.

Doch nur wenige Wochen nach Start der Ausschreibung droht schon wieder juristisches Ungemach. Einer der vier Bewerber, Lottelo, ging Ende August mit einem Individualantrag gegen die Ausschreibung vor den Verfassungsgerichtshof (VfGH). Die Höchstrichter reagierten rasch. Sie eröffneten sofort das Vorverfahren und forderten das Finanzministerium bereits am 2. September auf, binnen acht Wochen eine schriftliche Stellungnahme abzugeben und die erforderlichen Aktien zu übersenden.

Frist zu kurz

Lottelo hat den Anwalt Walter Schwartz ins Boot geholt, seines Zeichens einer der profundesten Glücksspiel-Juristen in der EU. Der listet im 16-seitigen Antrag an den VfGH eine ganze Reihe von Punkten auf, warum die Ausschreibung seiner Meinung nach nicht rechtskonform sei.

Die wichtigsten Argumente: Die Verfahrensunterlagen seien rechtlich betrachtet eine Verordnung, die allerdings nicht im Bundesgesetzblatt sondern nur auf der Homepage des Ministeriums veröffentlicht wurde - "sie müsste mithin vom VfGH schon aus diesem Grund zur Gänze aufgehoben werden".

Interessenten müssen laut Ausschreibung Erfahrung mit einem "in seiner Komplexität vergleichbaren Lotterie-Unternehmen" innerhalb der EU oder des EWR-Raums nachweisen. In ganz Europa allerdings bietet freilich kein Unternehmen eine derart breite Produktpalette an wie die heimischen Lotterien mit Lotto, Toto, Sportwetten, Internet-Spiel, Rubbellosen etc. Im Antrag heißt es dazu: "Das Referenzerfordernis ist mithin gesetzlos, bevorzugt den bestehenden Konzessionär unsachlicherweise und ist daher auch als - weil diskriminierend - unionsrechtswidrig zu qualifizieren."
Außerdem sei die Frist für die aufwendige Erstellung des Konzessionsantrags mit lediglich 39 Werktagen zu kurz. Zum Vergleich: Die Bewerber für die Casino-Lizenzen haben fünf Monate Zeit.

Kommentar des Finanzministeriums dazu: "Wir gehen davon aus, dass sowohl das Glücksspielgesetz als auch das Ausschreibungsverfahren gesetzeskonform sind."

"Lex Lottelo"

Glücklose Lotto-Ausschreibung

Lottelo-Mehrheitseigentümer Daniel Goldscheider bestätigt die Bewerbung, will sich aber "zum laufenden Konzessionsverfahren nicht äußern". Er dürfte auf das Finanzministerium ohnehin nicht gut zu sprechen sein. Im Vorjahr startete er mit dem sozialen Handy-Gewinnspiel "Lottelo - Mach einen Freund zum Millionär". Man konnte per Mehrwert-SMS auf die Telefonnummer eines Freundes setzen.
Wurde diese bei der täglichen Ziehung aus einem Pool von 12 Millionen Telefon-Nummern gezogen, gab's für den Freund eine Million Euro. Goldscheider musste auf Betreiben des Finanzministeriums das Spiel einstellen, gewann aber alle Verfahren und auch gegen die Konsumentenschützer. Mittlerweile aber war schon das neue Glücksspielgesetz in Kraft, in dem der Ausspielungsbegriff so geändert wurde, dass Lottelo nicht mehr spielen durfte, was Juristen als "Lex Lottelo" kritisierten.

Gerüchte, hinter Daniel Goldscheider stehe finanziell der Casinos-Erzrivale Novomatic, werden von beiden Seiten heftig dementiert. Wäre auch unlogisch, Daniels Vater Peter Goldscheider könnte Lottelo mit seiner Investmentgruppe Epic locker finanzieren. Er übernahm heuer um mehr als 920 Millionen Euro die ukrainische UkrTelekom.

Ehemalige Finanzstaatssekretäre scheinen bei den Glücksrittern als Aufsichtsräte heiß begehrt zu sein. VP-Mandatar Günter Stummvoll hat mittlerweile, der KURIER berichtete, den Aufsichtsratsvorsitz bei der Merkur Entertainment von Frank Stronach und der deutschen Gauselmann-Gruppe storniert. Seit einer Woche aber sitzt der Ex-Staatssekretär und Ex-Chef der Wiener ÖVP, Alfred Finz im Aufsichtsrat der oberösterreichischen Amatic Entertainment, die in OÖ um eine Automatenkonzession rittert.

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