Gewerkschafter zu KV-Verhandlungen: Lohnerhöhung ist wirksamste Konjunkturspritze

Vida-Gewerkschafter Roman Hebenstreit (li.) fordert weniger Zurückhaltung bei Löhnen.
Lohnerhöhungen würden Zuversicht schaffen, die Wirtschaft und das Sozialsystem stärken, sind Gewerkschafter überzeugt.

Zusammenfassung

  • Gewerkschafter fordern Lohnerhöhungen als wirksamste Konjunkturspritze und zur Stärkung des Sozialsystems.
  • Die Belastung der Arbeitnehmer ist laut Vida hoch, insbesondere im Bahn-, Flug- und Dienstleistungssektor, wo dringend mehr Personal und höhere Löhne benötigt werden.
  • Faire Löhne und Beteiligung am Betriebserfolg seien essenziell, um Zuversicht zu schaffen und Sozialbeiträge zu sichern.

Während Arbeitgeber aus mehreren Branchen über die Einigung bei den Verhandlungen über den Metaller-Kollektivvertrag am Montag jubeln, ist die Gewerkschaft Vida weniger glücklich. Verhandlungen zum Eisenbahn-KV seien dadurch kurzfristig abgebrochen worden. Bei den Herbstlohnrunden sollte laut Vida nicht an eine ähnlich radikale Zurückhaltung wie bei den Metallern gedacht werden. Arbeitnehmer könnten sich diese nicht leisten.

Mehr Lohn und Zuversicht sollen den Konsum anregen

"Die Krise der Metallindustrie ist nicht die Krise des gesamten Landes", meint Vida-Vorsitzender Roman Hebenstreit. Lohnkürzungen in anderen Branchen würden der Wirtschaft kaum helfen. Lohnerhöhungen dagegen seien die beste Konjunkturspritze. In der öffentlichen Diskussion werde die Wettbewerbsfähigkeit bei Exporten betont, aber: "Über 50 Prozent der Wertschöpfung kommen aus dem privaten Konsum."

Dass sich Lohnerhöhungen nicht in mehr Konsum niederschlagen, sondern in einer höheren Sparquote, liege laut Hebenstreit an fehlender Zuversicht der Menschen in einen Wirtschaftsaufschwung. "Aber wie soll Zuversicht entstehen, wenn wir nicht einmal den Geldverfall ausgleichen wollen?" Eine Anpassung an die rollierende Inflation von 3 Prozent solle selbstverständlich sein, darüber hinaus gelte es aber auch, Mitarbeiter am Betriebserfolg zu beteiligen. Das sollte etwa im boomenden Bahnbereich so sein.

Belastung von Arbeitnehmern ist enorm

"Wir suchen Triebfahrzeugführer, Zugbegleiter, Schaffner, Gleisbauarbeiter", sagt Gerhard Tauchner, Fachbereichsvorsitzender Eisenbahn bei Vida. Die Personaltangente in den Umsätzen von Bahnunternehmen sei gesunken, "das heißt, die Bahnen erwirtschaften etwas." Ähnliches sei im Flugverkehr der Fall, schildert Daniel Liebhart, Fachbereichsvorsitzender Luft- und Schiffverkehr bei Vida. Der Personalstand sei niedrig, die Produktivität sehr hoch, jährlich kämen zu wenige Fachkräfte dazu. Die Belastung für einzelne Arbeitnehmer sei enorm.

Im Dienstleistungssektor sei die Lage besonders schwierig, sagt Christine Heitzinger, Fachbereichsvorsitzende Dienstleistungen. Angestellte, etwa im Einzelhandel, würden relativ wenig verdienen und benötigen Lohnerhöhungen dringend. "Wenn Leute sagen, die Spartquote ist so hoch: Bei meinen Leuten nicht, die können sich nichts zur Seite legen." Bei Lohnverhandlungen müsse es mehr Verständnis für den Niedriglohnbereich geben.

Steigende Löhne würden Sozialsystem helfen

"Wer nicht bereit ist, Rahmenbedingungen für Jobs zu verbessern, aber wegen einer Mangelberufsliste schreit, betreibt nichts anderes als Lohndrückerei", sagt Hebenstreit. Faire Löhne seien seiner Meinung nach auch wichtig für das Sozialsystem. "Ein Prozent niedrigere Lohnabschlüsse bedeuten 400 Millionen Euro weniger Sozialbeiträge, etwa in die ohnedies knappen Krankenkassen."

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