Startschuss für Herbstlohnrunde: Kreative Gehaltsstrategien gefragt

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Auch wenn es am Ende wieder nur um die Prozentzahl gehen wird: Die Sozialpartner können mit innovativen Lösungen bei den Kollektivverträgen Stärke zeigen.

Wieder steigende Inflation, maue Konjunktur, anhaltender Fachkräftemangel: Die Vorzeichen für das heute, Montag, beginnende Feilschen um die Gehaltserhöhungen in der heimischen Metallindustrie – traditionell Auftakt zur Herbstlohnrunde – sind denkbar schlecht. Im Vorjahr gab es gar keine Verhandlungen, der Zwei-Jahres-Abschluss brachte ein Gehaltsplus von 4,8 Prozent (rollierende Inflation von 3,8 Prozent plus 1 Prozentpunkt). Die KV–Mindestlöhne stiegen um 3,8 Prozent. Die wichtigsten fünf Punkte für die heurigen Verhandlungen im Überblick:

1. Die Ausgangslage 

Die Rahmenbedingungen sind schwierig. Die Industriekonjunktur kommt kaum vom Fleck, auch wenn die Betriebe beim Ausblick zuletzt wieder etwas zuversichtlicher waren und die Talsohle durchschritten scheint. Die für die Berechnung der Lohnsteigerung maßgebliche Inflation kletterte im August wieder auf 4,1 Prozent. Verhandlungsbasis für die Herbstabschlüsse ist in der Regel die „rollierende Inflation“ der letzten zwölf Monate, das wären 2,8 Prozent

Der Obmann der Metalltechnischen Industrie (FMTI), Christian Knill, sprach kürzlich von einer „dramatischen Situation“ in der Branche. Zu hohe Lohnstückkosten und zu geringe Produktivität drücken auf die Wettbewerbsfähigkeit. Es brauche auch innovative KV-Lösungen, so Knill.

2. Die Verhandler 

Auf Arbeitnehmerseite führen ProGe-Bundesvorsitzender Reinhold Binder und für die Angestellten der noch unerfahrene GPA-Bundesgeschäftsführer Mario Ferrari die KV-Verhandlungen. Ferrari ersetzt den langjährigen Verhandler Karl Dürtscher, der im Sommer verstorben ist. Arbeitgeber-Chefverhandler ist erneut FMTI-Obmann Christian Knill, der sein Team bereits auf einen Abschluss unter der Inflation eingeschworen hat.

Startschuss für Herbstlohnrunde: Kreative Gehaltsstrategien gefragt

Arbeitgeberverhandler Christian Knill

METALLER-KV - FORTS. VERHANDLUNGEN METALLTECHNISCHE INDUSTRIE: BINDER

Arbeitnehmerverhandler Reinhold Binder

3. Der Prozentsatz 

Gewichtige Stimmen aus der Wirtschaft und Ökonomen wie Wifo-Chef Gabriel Felbermayr plädieren für Lohnzurückhaltung. Ein Abschluss unter der rollierenden Inflation der vergangenen zwölf Monate von 2,8 Prozent könnte den Unternehmen in der aktuellen Lage durchaus helfen, wird argumentiert. 

Für die Arbeitnehmervertreter ist nach wie vor die sogenannte Benya-Formel (benannt nach dem früheren Gewerkschafter Anton Benya) Grundlage für das Lohnplus. Demnach ergibt sich die Erhöhung aus der Abgeltung der rollierenden Inflation plus dem gesamtwirtschaftlichen Produktivitätszuwachs. Die aus den 1970-er Jahren stammende Formel gilt als nicht mehr zeitgemäß. Ideen für Neuberechnungen gibt es genug, eine Einigung darauf ist jedoch nicht leichter.

4. Die Flexibilität 

Auch wenn es am Ende wieder nur um die Prozentzahl gehen wird: Geld allein ist nicht mehr alles. Die Sozialpartner sind gefordert, flexible Lösungen fernab der Benya-Formel anzustreben. Das ist mühsam, lohnt sich aber. Vorbild ist hier der im Frühjahr erzielte, gestaffelte Abschluss je nach Betriebsergebnis zwischen 2,45 und 2,65 Prozent in der Papierindustrie. Eine echte Innovation in der KV-Politik. 

Etabliert hat sich ein Abtausch mehr Freizeit gegen mehr Geld, was in der männerdominierten Metallindustrie aber weniger populär ist als im Dienstleistungssektor. Letztlich wird auch eine Wettbewerbsklausel für exportlastige Betriebe wieder Thema sein. Bei der Weitergabe der KV-Erhöhung haben die Betriebe dann mehr Spielraum. Ein zweijähriger Abschluss wie im Vorjahr, der Planbarkeit sichert, ist ob der volatilen Zeiten zwar schwierig, aber machbar.

5. Die Bedeutung 

Umstritten ist, inwieweit die Metallindustrie überhaupt noch als Leitbranche für Gehaltserhöhungen herhalten kann. Für den Dienstleistungssektor ist sie schon länger kein Maßstab mehr, doch auch die Industrie differenziert sich immer mehr aus, sodass die einzelnen Branchenverbände durchaus unterschiedliche Probleme adressieren.

Ebenfalls heute, Montag, starten auch die Verhandlungen für einen neuen Eisenbahn-KV. Die Gewerkschaft pocht vor Verhandlungsstart auf Reallohnzuwächse. Im Vorjahr gabs ein Plus von 4,1 Prozent.

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