Jeder zehnte Tacho ist manipuliert

Jeder zehnte Tacho ist manipuliert
Die Autokäufer werden jedes Jahr um 300 Millionen Euro betrogen.

Einen Tachometer zu manipulieren, ist kinderleicht. "Im Internet kann man so ein Gerät um 192 Euro bestellen", erklärt Max Lang, Cheftechniker des ÖAMTC. Der Apparat muss nur neben dem Lenkrad an die Diagnosebuchse angeschlossen, das gewünschte Modell im Menü ausgewählt und der gewünschte Kilometerstand eingegeben werden. Das dauert nicht einmal eine Minute. Statt 90.000 Kilometer stehen plötzlich 30.000. Der Automobilclub ließ das auf seinem Stützpunkt in Wien-Donaustadt mehrere Lenker und Lenkerinnen selbst versuchen, es schaffte jeder.

"Die Manipulation ist gar nicht kompliziert. Das geht ganz schnell und einfach mit einem noch dazu relativ billigen Gerät", meint auch Lang.

Laut Untersuchungen in Norwegen und der EU lässt sich sagen: Bei etwa fünf bis 12 Prozent aller Gebrauchtwagen werden die Kilometer-Anzeigen manipuliert. Das bedeutet, dass bei rund jedem zehnten Fahrzeug falsche Zahlen aufscheinen. Bei einer Polizeiaktion in München stellte sich sogar heraus, dass 30 Prozent der Kilometerstände schlichtweg falsch angegeben waren.

3000 Euro pro Fahrzeug

Jeder zehnte Tacho ist manipuliert
Wien - Jedes Jahr werden in Österreich mehr als 800.000 Gebrauchtwagen zugelassen. Eine der wichtigsten Bezugsgrößen für den Käufer ist der Kilometerstand - leider ist genau in diesem Bereich Betrügereien Tür und Tor geöffnet. Der ÖAMTC fordert schärfere Gesetze, Eu-weite Datenbanken und strengere Vorschriften für die Hersteller.
"Durchschnittlich wird so manipuliert, dass der Verkäufer um 3000 Euro mehr verdient", erklärt Bernhard Wiesinger vom ÖAMTC. Das entspricht einem Gesamtschaden von 300 Millionen Euro. Nimmt man Vergleichszahlen aus Deutschland könnte der Schaden er aber sogar noch weit höher sein.

Der Autokäufer hat dabei keine Möglichkeit, auf diesen Betrug draufzukommen oder das selbst zu überprüfen. Zwar gibt es vielleicht Hinweise, etwa in wie weit es Gebrauchsspuren gibt oder manchmal auch verräterische Pickerl (etwa wann der nächste Ölwechsel durchgeführt werden soll), aber die unmittelbare Manipulation ist gar nicht zu erkennen.

"Dreht man beispielsweise bei einem VW Golf den Kilometerstand von 65.000 auf 30.000 zurück, können auf diese Weise bis zu 2.000 Euro mehr verlangt werden", erklärt Wiesinger.

Mehr als 823.000 Gebrauchtwagen wurden im vergangenen Jahr in Österreich gehandelt. Wobei wegen der Krise die Verkaufszahlen bei "Second-Hand-Fahrzeugen" steigen, weil die Menschen weniger Geld für Neufahrzeuge haben. In absoluten Zahlen waren somit rund 50.000 bis 100.000 Tachometer manipuliert.

Jeder zehnte Tacho ist manipuliert
Tachomanipulation, ÖAMTC
"Früher wurde der Kilometerzähler an die Bohrmaschine angeschlossen und die lief dann über Nacht", erklärt Lang. Aber gerade bei neuen Modellen sei das mittlerweile mit einem entsprechenden Gerät dank neuer Elektronik in Sekunden erledigt. Laut Experten sind vom privaten Verkäufer bis zum (vermeintlich) seriösen Händler alle betroffen. Geraten wird, etwa auf die Polsterung oder die Pedale zu schauen, dort seien Abnutzungen am ehesten zu erkennen. Auch ein Blick ins Serviceheft hilft. Oder ein Anruf beim Vorbesitzer (im Typenschein angeführt).

Ab Oktober wird in der EU zwar ein Register eingeführt, wo bei jeder Pickerlüberprüfung der Tachostand gespeichert wird, aber diese Verordnung hat Lücken, meint der ÖAMTC. So können die Werte nicht länderübergreifend abgefragt werden und gerade bei neueren Gebrauchtwagen bleibt Manipulationen Tür und Tor geöffnet. Denn der erste Pickerltermin steht nach drei Jahren an, der zweite nach fünf. Gerade in dieser Zeit wäre mit falschen Kilometerständen das meiste zu verdienen.

Jeder zehnte Tacho ist manipuliert
"Durchschnittlich wird so manipuliert, dass der Verkäufer um 3000 Euro mehr bekommt."Bernhard WiesingerÖAMTC-InteressensvertreterDer Automobilclub sieht die Hersteller gefordert, denn das Manipulieren werde Kriminellen zu leicht gemacht. Es müsste der Zugriff auf den Chip blockiert werden, dann wäre alles schwieriger. Außerdem soll es eine zentrale Erfassung bei jedem Werkstättenbesuch geben. Dieses Register müsse EU-weit abrufbar sein, denn der Handel über die Grenzen steigt von Jahr zu Jahr.

Die ÖAMTC-Forderungen im Detail

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