Gebäude werden intelligent und kommunizieren miteinander
Wie versorgt man schnell wachsende Städte mit mehr Energie, ohne mehr Energie zu produzieren? Eine Antwort auf diese Frage sucht die Forschungsgesellschaft Aspern Smart City Research (ASCR) in der sich in Bau befindenden Seestadt Aspern in Wien. „Die Gebäude müssen energieeffizienter werden“, bringt es ASCR-Geschäftsführer Robert Grüneis auf den Punkt.
Nach mehreren Jahren Forschung kann er mit konkreten Beispielen aufwarten, wie das gelingen soll. Energiespeicher spielen dabei eine zentrale Rolle. Wetterberichte werden verfolgt, um auf Häusern produzierte Solarenergie für schlechtere Tage zu speichern. Die Speicher befinden sich in der Erde unter Tiefgaragen. Die Abwärme der Tiefgaragen wird ebenfalls genutzt. Sie ist oft höher, als Experten ursprünglich angenommen haben. Fußbodenheizungen werden im Sommer zur Kühlung verwendet. Das heiße Sommerwetter liefert die Energie für die Produktion der kühlen Flüssigkeit.
Gebäude verkaufen Strom
Das seit 2011 laufende Forschungsprojekt kam mit Jahreswechsel in die zweite Phase. Nun geht es darum, dass die Gebäude „intelligent werden und kommunizieren können“, sagt Grüneis. Ein Gebäudemanagementsystem ruft den Speicherstand einzelner Häuser ab. Wenn der Strompreis hoch ist, werden Überschüsse am Strommarkt verkauft. Scheint zu wenig Sonne, wechselt das System selbstständig auf Gasbetrieb, um zum Beispiel eine Therme zu betreiben – der Kunde merkt davon nichts. Wenn er über die Vorgänge informiert werden will, ist das auch möglich.
Peter Weinelt, stellvertretender Generaldirektor der Wiener Stadtwerke, glaubt, dass solche Systeme in Zukunft essenziell sein werden: „Es wird viel von der Energiewende geredet, aber Fotovoltaik funktioniert hauptsächlich im Sommer, und wann der Wind weht, weiß man nie so genau.“ Der Klimawandel mache es schwieriger, die Energie der Natur zu nutzen und daher müsse man diese speichern, damit sie der Nutzer habe, wenn er sie brauche.
Schwer Schritt zu halten
„Wien ist eine der am stärksten wachsenden Städte Europas“, sagt Weinelt. In den Jahren 2015 bis 2017 sei es für Versorger eine Herausforderung gewesen, mit dem Wachstum Schritt zu halten. Daher brauche es neue Ansätze. Die Energiewende funktioniere nur, wenn sie in Städten umgesetzt werde, da hier das größte Wachstum stattfinde.
Das hat auch Siemens – neben Wien Energie, Wiener Netze, Wirtschaftsagentur Wien und der Seestädter Entwicklungsgesellschaft Wien 3420 einer der Eigentümer – erkannt. „Heute leben 50 Prozent der Weltbevölkerung in Städten. In 20 Jahren werden es 70 bis 75 Prozent sein“, sagt Wolfgang Hesoun, Vorstandsvorsitzender von Siemens Österreich. Es gehe darum, den gewachsenen Strukturen der Städte die entsprechende Technologie bereit zu stellen. Kälte, Wärme und Strom müssten künftig in nachhaltiger und finanzierbarer Form geliefert werden. In Aspern ist man nahe dran. Manche Gebäude sind wärmeautark und sparen gegenüber herkömmlich mit Gas versorgten Wohnungen bis zu 98 Prozent ein.
ASCR ist in diesem Bereich laut eigenen Angaben Europas größtes Forschungsprojekt und läuft noch bis 2023. Über eine Verlängerung wird in ein bis zwei Jahren entschieden.
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