Alle gegen Adidas

Im Milliarden-Match der Ausstatter mischen heuer auch Newcomer mit.

Deutschland gegen Argentinien im Finale. Das wär’s – für den Sportartikelhersteller Adidas, der gleich beide Teams einkleidet. Die Fußball-WM ist für das Unternehmen aus dem fränkischen Herzogenaurach das mit Abstand wichtigste Ereignis. Zwei Milliarden Euro will Adidas-Chef Herbert Hainer mit dem Verkauf von Fußballartikeln wie Trikots, Bällen und Schuhen heuer einnehmen – so viel wie nie zuvor.

Bei Fußballausrüstung steht Adidas seit Jahren an der Weltspitze, doch die Konkurrenz wird stärker. Um die Nummer Eins zu verteidigen, nehmen die wegen des starken Euros zuletzt schwächelnden Deutschen viel Geld in die Hand und fahren "die größte Werbekampagne der Geschichte", wie Hainer kürzlich verlautete. Adidas ist einer der sechs offiziellen FIFA-Sponsoren, stellt den WM-Ball "Brazuca" und rüstet acht Teams aus, darunter die Mit-Favoriten Deutschland, Spanien und Argentinien. Aktueller Bestseller bei den Fan-Trikots ist jenes von Kolumbien. Das Land nimmt erstmals seit 1998 wieder an einer WM teil.

Alle gegen Adidas
epa03814324 Barcelona's new signing Brazilian forward Neymar smile as he promote new soccer shoes of Nike Hypervenom in Bangkok, Thailand, 06 August 2013. The Spanish giant FC Barcelona is scheduled to play a soccer friendly match against Thailand in Bangkok on 07 August 2013 as part of the team pre-season Asia tour. EPA/NARONG SANGNAK
Was die Zahl der Teams angeht, hat RivaleNike heuer klar die Nase vorn. Gleich zehn Mannschaften, darunter Gastgeber Brasilien, laufen mit der US-Marke am Trikot ein. Nike-Boss Mark Parker strotzt vor Selbstbewusstsein und behauptet keck, Adidas bereits vom Fußballthron gestoßen zu haben. Das stimmt jedoch nur beim Verkauf von Fußballschuhen, wo Nike stark zulegen konnte. Analysten sehen jedoch Adidas unter Druck und schließen nicht aus, dass die Deutschen weiter an Boden verlieren.

Angriffslustig zeigt sich auch Puma. Der Adidas-Rivale will wieder mehr im Sportbereich punkten und hat ebenfalls acht Mannschaften unter Vertrag; darunter Italien und Uruguay, die bei den letzten Turnieren passable Leistungen zeigten. Als "WM-Ausstatter Afrikas" hofft Puma mit der Elfenbeinküste, Ghana, Algerien und Kamerun auf Überraschungsmomente. "Afrika ist für uns nicht nur ein Absatzmarkt, sondern der Kontinent steht für Farben, Vielfalt, Leidenschaft, Lebensfreude und den uneingeschränkten Spaß am Sport", sagte Puma-Sprecher Ulf Santjer kürzlich vor Studierenden. Wirtschaftlich gesehen ist ein WM-Effekt nötig, denn das erste Quartal verlief für Puma schlecht.

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epa03583193 The Puma logo is seen on a soccer shoe during the Puma balance press conference in Herzogenaurach, Germany, 14 February 2013. EPA/DANIEL KARMANN

Katar-Konkurrenz

Neben den großen Drei, die 26 der 32 Mannschaften einkleiden, spielen auch Newcomer bei der WM mit. So mischt mit der belgischen Elf erstmals Burrda Sport mit. Die Schweizer Firma wurde mit Geldern des Emirats Katar gegründet, das 2022 die Fußball-WM austrägt. Chef ist niemand geringerer als der Sohn von UEFA-Präsident Michel Platini, Laurent. Mit jeweils einem Team treten Lotto (Costa Rica), Legea (Bosnien), Marathon (Ecuador) sowie der deutsche Sportausstatter Uhlsport (Iran) an.

Das Engagement der Deutschen steht aber unter keinem guten Stern. Die Iraner sind mit Qualität und Quantität der Trikots unzufrieden. Den Spielern wurde bei der WM gar ein Leiberltausch mit dem Gegner untersagt, weil sie "sparsam" mit diesen umgehen müssten. Uhlsport wies die Vorwürfe, es stünde nicht genug Kleidung zur Verfügung, entrüstet zurück.

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Indonesian workers work at a Adidas shoe factory in Tangerang, Banten province, West Java on March 27, 2006. REUTERS/Supri
Die UmweltschutzorganisationGreenpeace übt knapp vor WM-Ankick heftige Kritik an den Produktionsbedingungen von Sportbekleidung. Eine Untersuchung ergab, dass Fußballschuhe und Torwarthandschuhe der Markenartikel-Hersteller Adidas, Nike und Puma giftige Chemikalien enthielten. In Tests von unabhängigen Labors seien Schadstoffe wie perfluorierte Chemikalien (PFC), Nonylphenolethoxylate (NPE), Phthalate sowie Dimetyhlformamid (DMF) gefunden worden, teilte Greenpeace mit. Das Produkt mit dem höchsten Gehalt einer PFC-Substanz war ein Schuh des deutschen Herstellers Adidas.

Die gefundenen Schadstoffe könnten das Hormonsystem stören, die Fruchtbarkeit schädigen oder Tumorwachstum fördern, so die Umweltschützer. Weitaus größer seien jedoch die Auswirkungen für Mensch und Umwelt in den Herstellungsländern. So lande ein Großteil der nachgewiesenen Umweltgifte in den Gewässern. Adidas, Nike und Puma haben sich zwar bereit erklärt, bis 2020 ihre Kleidung und Schuhe giftfrei zu produzieren, bis jetzt sei dies aber nur ein „Papierversprechen“, kritisiert Greenpeace.

Wer wird Weltmeister 2014? Am 13. Juli sind wir schlauer, bis dahin dürfen sich alle als Fußball-Experten fühlen. Sofern Sie die nächsten Wochen nicht in einer Klause fernab jeglicher Zivilisation verbringen, werden Sie den Small-Talk-Wechselpass mit dem runden Leder annehmen müssen.

Immer gut, mit Insiderwissen gerüstet zu sein. KURIER-Tipp: Nennen Sie Belgien als Favoriten. Das ist sachlich gerechtfertigt(eine junge, aber schon erfahrene Mannschaft mit Kickern aus Top-Vereinen). Der Tipp ist originell genug, um Gesprächsstoff zu bieten. Und sollte es schiefgehen und die Belgier im Eröffnungsspiel gegen Algerien abbeißen, ist die Entschuldigung auch aufgelegt. Leider, leider, das alte Problem, das schon 1986 in Mexiko Belgiens Finaleinzug im Weg stand: Sie sind einfach keine Turniermannschaft. Ihr sentimentaler Favorit sollte Kolumbien sein. Das Sturmduo Jackson Martinez (FC Porto) und Radamel Falcao (AS Monaco) hätte sämtliche Tornetze zerschossen, hätte sich Letzterer nicht im Jänner das Kreuzband gerissen.

Falls Sie sich doch nicht auf das sportliche Terrain trauen: Schimpfen Sie auf die FIFA, das ist immer mehrheitsfähig. Deren – nennen wir es – Geschäftssinn ist legendär. Auch das politische Gespür ist bestechend: In Brasilien, der Heimat aller Fußballverrückten, einen Volksaufstand auszulösen, ist an sich schon eine Errungenschaft. Die WM 2018 wurde an Russland vergeben, jene 2022 an Katar: Zu Gast bei Freunden quasi, alles lupenreine Demokraten.

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