Fördermillionen für die Fabrik der Zukunft

Fördermillionen für die Fabrik der Zukunft
Schwerpunkt auf Maschinenbau, Metall- und Umwelttechnik.

Österreichs Industrie-Produktion ist Weltspitze – aber leider nicht überall. "Technologiegeber" also Know-how-Träger sind heimische Betriebe beim Maschinen- und Fahrzeugbau, bei Hightech-Metallwaren und innovativen Werkstoffen sowie in der Umwelttechnologie,geht aus einer Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO) hervor. Nicht nur ein Großteil der Exporte entfällt auf diese Schlüsseltechnologien, sondern auch 60 Prozent der staatlichen Technologieförderung. WIFO-Chef Karl Aiginger empfiehlt, diese bestehenden Stärken "weiter zu stärken" anstatt neue Technologiefelder aufzubauen. "Es ist gut, wenn man spezialisiert, aber nicht überspezialisiert ist", so Aiginger. Allerdings müsse die Produktivität permanent verbessert werden.

Infrastrukturministerin Doris Bures sieht die Studie als Auftrag für einen neuen Förderschwerpunkt "Industrie 4.0". Unter dem Schlagwort der vierten industriellen Revolution versteht man vage die totale Vernetzung von Maschinen, Produkten und Prozessen zur "smarten Fabrik" der Zukunft. Mittels eingebauter Chips können Maschinen miteinander "reden" und dadurch etwa selbstständig Ersatzteile bestellen oder individuelle Einzelteile fertigen.

Pilotfabriken

Als konkretes Umsetzungsprojekt wird im kommenden Jahr an der Technischen Universität (TU) Wien eine erst Pilotfabrik für Industrie 4.0 eingerichtet. Dieses Schulungslabor mit realen industriellen Maschinen und Logistiksystemen bietet Studenten und Industrievertretern eine neutrale Forschungs- und Entwicklungsumgebung. "Ohne Störung einer laufenden Produktion kann hier entwickelt und getestet werden. Damit wird quasi eine Operation am offenen Herzen möglich", erläutert TU-Rektorin Sabine Seidler.

Da die voll vernetzte Fertigung auch Auswirkungen auf das Arbeitsumfeld hat, will die TU interdisziplinäre Forscherteams zusammenstellen.

Zwei Millionen Euro werden dafür vom Ministerium zur Verfügung gestellt, die TU investiert ebenfalls zwei Millionen Euro. Nach drei Jahren sollen die Kosten teilweise von den teilnehmenden Unternehmen getragen werden. Zehn Interessenten gibt es bisher, darunter Siemens, Schäffler, SAP sowie der zuletzt von Jobabbau betroffene Druckmaschinen-Hersteller KBA.

Insgesamt fördert das Infrastrukturministerium "die Vorbereitung auf die neue industrielle Wende" in den Jahren 2014 und 2015 mit 250 Millionen Euro.

Die Vernetzung aller Maschinen – "Industrie 4.0" genannt – soll also Österreich wieder nach vorne bringen. In Zeiten von Stagnation und allgemeiner Orientierungslosigkeit macht sich ein neuer Begriff immer gut. Klingt er doch ebenso modern wie unkonkret. Gerade richtig für Politikersprechblasen; "Dot-Com"- und "Web 2.0"-Ära lassen grüßen. Der Hurra-Optimismus der Politik ist unangebracht, stattdessen eine differenziertere Betrachtung nötig.

Eine Fertigung, die sich selbstständig steuert und erneuert, birgt große Chancen, aber mindestens ebenso große Risiken: Datenschutz, Schutz geistigen Eigentums, Cyberangriffe. So haben etwa Hacker, die sich in die Maschine-zu-Maschine-Kommunikation einschleusen, Zugang zum gesamten Firmen-Know-how und können ganze Versorgungssysteme (Strom etc.) lahmlegen.

Fraglich ist auch, wo bei Industrie 4.0 die Wertschöpfung liegt, wenn die dafür nötigen Technologien entweder aus den USA (Software) oder Fernost (Telekom-Infrastruktur) stammen und heimische Betriebe als bloße Anwender den Technologieriesen ausgeliefert sind. Ex-SAP-Chef Henning Kagermann warnte unlängst sogar davor, dass ob der technologischen Machtverhältnisse europäische Industriebetriebe zu reinen Zulieferern für große Plattformbetreiber degradiert werden könnten. Google & Co. brauchen endlich eine europäische Antwort.

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