Trotz Klimakrise: Nachfrage nach Öl steigt und steigt

Trotz Klimakrise: Nachfrage nach Öl steigt und steigt
Trotz der Warnung von Klimaexperten steigt die globale Ölnachfrage weiter, sagt Raiffeisen-Analyst Hannes Loacker.

Der Blick von Mittel- und Nordeuropäern auf die Energiewelt kann leicht zu falschen Schlüssen führen. Hier, wo Ökoenergien boomen und sich E-Autos zunehmender Beliebtheit erfreuen, mag man denken, dass das Zeitalter des Öls allmählich zu Ende geht. Doch die Welt tickt anders.

Nicht einmal, wenn die Politik strengere Maßnahmen zur Reduktion des klimaschädlichen ergriffe, würde die internationale Ölnachfrage bis 2040 sinken. Nur mit expliziten Verboten und Einschränkungen könnte es die Welt schaffen, den Bedarf an Öl und Kohle zu reduzieren. Bis 2030 oder sogar 2035 jedenfalls klettert die Nachfrage nach dem Schwarzen Gold weltweit weiter – von aktuell rund 100 Millionen Fass Öl am Tag auf 120 Millionen Fass pro Tag 2040.

Angetrieben wird dieses Wachstum vom Flugverkehr und der Kunststoffproduktion. Raiffeisen-Analyst Hannes Loacker schätzt, dass in den nächsten Jahren vier bis fünf Millionen Fass Öl pro Tag mehr als bisher allein für die Herstellung von Kerosin für den Flugbetrieb nötig sein werden. Boeing prognostiziert in den nächsten 17 Jahren eine Verdoppelung der weltweiten Flugzeugflotte auf 45.000. Und die Kunststoffbranche dürfte ihren Ölbedarf von derzeit 12 auf 18 Millionen Fass pro Tag ausweiten. Diesen Trend in Richtung Mehrverbrauch der Plastikproduzenten scheinen auch die Ölkonzerne zu sehen. Sie drängen in Beteiligungen in der petrochemischen Industrie.

Trendwende 2035

Erst Mitte der 2030er-Jahre erwartet Loacker einen Knick in der Öl-Nachfragekurve. Auslöser dafür sollen die E-Autos sein. Sollte der weltweite E-Auto-Bestand eine Milliarde Stück erreichen, würde das den Ölbedarf um etwa ein Fünftel drücken.

Noch aber macht die E-Mobilität den Ölkonzernen kein Kopfzerbrechen. 2018 wurden weltweit zwei Millionen E-Fahrzeuge neu angemeldet. Sie ersetzen nur 30.000 bis 40.000 Fass Öl pro Tag, während die Nachfrage insgesamt um mehr als eine Millionen Fass wächst. Wer aber kann den Öl-Hunger der Welt stillen? Das sind längst nicht mehr nur die Golfstaaten. Die USA haben sich mit der Förderung von Schieferöl zu einer Ölmacht entwickelt. Schon heuer dürften sie so viel Öl produzieren, dass sie per Saldo gar nichts mehr importieren müssen. Die US-Tagesförderung liegt gleichauf mit der Saudi Arabiens.

Trotz Klimakrise: Nachfrage nach Öl steigt und steigt

Nicht ohne OPEC

Das jährliche Wachstum der globalen Ölnachfrage aber können die USA nicht decken. Dazu müssen die OPEC-Mitglieder und deren Verbündete wie Russland und Kasachstan ihre Ölhähne weiter aufdrehen. Loacker erwartet, dass die US-Schieferölerzeuger künftig sogar weniger wächst, der Marktanteil der OPEC (derzeit 30 Prozent) dürfte daher wieder steigen.

Trotzdem könnte es eng werden am Ölmarkt. Denn die Förder-Unternehmen haben in der Zeit des tiefen Ölpreises kaum in neue Felder investiert. Für den Ölpreis heißt das: Ab spätestens 2023 geht es stärker nach oben.

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