Flüchtlinge als Wirtschaftsfaktor

Flüchtlinge als Wirtschaftsfaktor
OeNB-Gouverneur Nowotny sieht positive und negative Effekte auf heimische Konjunktur.

Die Flüchtlingskrise war eines der zentralen Themen der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank, die am Sonntag in Washington zu Ende ging.

Die unmittelbaren Effekte der Flüchtlingsströme wirken sich laut den Studien des Währungsfonds positiv auf die Konjunktur der Aufnahme-Länder aus. "Wie ein Konjunkturprogramm, das die Nachfrage steigert", berichtete Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny.

Mittelfristig aber dreht sich das Bild. Die Kosten der Sozialsysteme würden massiv ansteigen und wären deutlich höher als die volkswirtschaftlichen Erträge. Die längerfristigen Auswirkungen hängen eng mit den Arbeitsmärkten zusammen. Nämlich von der Fähigkeit und der Bereitschaft der Flüchtlinge zur Integration und zum Erlernen der Sprache ihres neuen Heimatlandes. Gelingt die Integration, könne das Potenzial an zusätzlichen Arbeitskräften die Volkswirtschaft stärken.

Zinsen bleiben niedrig

Die internationalen Notenbanker ließen in Washington keinen Zweifel daran, dass die Zinsen niedrig bleiben. Negativ-Zinsen werden auch von der amerikanischen Fed als gesamtwirtschaftliche Notwendigkeit gesehen, solange das Wachstum so niedrig ist.

Allerdings könnten Negativ-Zinsen nicht alleine wirken, sondern müssten durch eine aktive Fiskal-und Srukturpolitik ergänzt werden, betonte Nowotny.

Als Herausforderung für Europa ist der mögliche Austritt Großbritanniens aus der EU (Brexit). Die Europäische Zentralbank sehe aber "keinen besonderen Grund, der City von London irgendwelche Erleichterungen zuzugestehen", sagte Nowotny.

Die Austrittsverhandlungen würden außerdem rund zwei Jahre dauern.

Die internationalen Geldgeber machen bei der Griechenland-Rettung Tempo. Nach intensiven Gesprächen während der Frühjahrstagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank in Washington solle schon am Montag der Diskurs mit Griechenland in Athen fortgeführt werden, kündigte IWF-Chefin Christine Lagarde an.

Es sei keine Zeit zu verlieren. Sie hatte sich noch am Samstag mit Griechenlands Finanzminister Euklid Tsakalotos getroffen. Der IWF bezweifelt, dass Griechenland langfristig das vereinbarte Ziel eines Primärüberschusses von 3,5 des Bruttoinlandsproduktes erwirtschaften kann. Ein gangbarer Weg könnte sein, dass Griechenland weiteren Sparauflagen zustimmt, die nur dann wirksam würden, wenn das Ziel verfehlt wird.

Der IWF ist bisher noch nicht unter den Geldgebern für das dritte, bis zu 86 Milliarden Euro schwere Griechenland-Rettungspaket. Vor allem Deutschland will den Fonds aber unbedingt an Bord haben. Athen muss noch 5,4 Mrd. Euro einsparen.

Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) rechnet trotz der noch bestehenden Differenzen mit einer Einigung der Geldgeber mit Athen. Gesunken sei seine Zuversicht während der Tage in Washington jedenfalls nicht, sagte Schäuble am Samstag zum Ende der Frühjahrstagung. "Griechenland kann und muss noch mehr tun", sagte der Minister mit Blick auf die Reformauflagen. Ähnlich äußerte sich am Wochenende auch Frankreichs Finanzminister Michel Sapin.

Einen Schuldenschnitt für Athen lehnte auch der Präsident des Münchner ifo-Institutes, Clemens Fuest, kategorisch ab. Die Laufzeiten und Zinsbelastungen seien so, dass Athen sie meistern könne. Auch der IWF hält eine Griechenland-Lösung ohne Schuldenschnitt inzwischen für machbar, wie IWF-Europadirektor Poul Thomsen in Washington erklärte.

In Washington hatten sich auch die Finanzminister und Notenbankchefs der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G-20) getroffen. Sie unterstützten in ihrer Abschlusserklärung eine Initiative Deutschlands und vier weiterer europäischer Länder im Kampf gegen Steueroasen und Briefkastenfirmen.

Die G-20 fordern alle Länder und Finanzzentren in Überseegebieten auf, sich unverzüglich dem internationalen, automatischen Informationsaustausch anzuschließen, der 2017 starten soll. Panama selbst gab dem Druck nach und bekannte sich zunächst auf bilateraler Ebene zum Datenaustausch und zeigte sich auch multilateral gesprächsbereit.

Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) meinte, es müsse verhindert werden, dass eine Steueroase schließe und eine neue aufmache. Nowotny zufolge gebe es die Erfahrung, dass es vor allem auch darum gehe, wie denn die Regeln angewandt würden. "Da wird man sehr genau überprüfen müssen, was einzelne Staaten machen", so Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny.

Der Finanzminister sieht Österreich gar als Vorreiter Richtung weltweites Register für Briefkastenfirmen und Trusts. Dieses habe man im Herbst 2014 im Zuge des automatischen Informationsaustausches gefordert, "nur hatten wir keine Mehrheit". Nun unterstütze man die G-20-Pläne zu 100 Prozent, so Schelling.

Lagarde erklärte am Samstag, der IWF habe von der laxen Steuerpraxis in Panama gewusst. Die Aufrufe zur Einführung strikterer Maßnahmen seien aber nicht gehört worden. "Wir brauchen einen internationalen Ansatz", sagte Lagarde. Steuer dürfe in einer globalisierten Welt nicht ausschließlich als lokale Angelegenheit souveräner Staaten betrachtet werden.

Aus Sicht Schäubles ist es gelungen, nach der Veröffentlichung der Praktiken Hunderttausender Briefkastenfirmen in Panama den Schwung zu nutzen, um Steuerbetrug und Geldwäsche international stärker zu bekämpfen. Globale Entscheidungen seien schwierig. "Aber wir sind in einer guten Entwicklung", sagte Schäuble.

IWF, G-20 und auch der IWF-Steuerkreis IFMC hatten bei der Tagung in Washington vor Risiken für die Weltwirtschaft gewarnt. "Wir sind im Zustand der Wachsamkeit aber nicht Alarmzustand", sagte IWF-Chefökonom Maurice Obstfeld.

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