Finanzpolizei deckt neue Maschen bei Scheinfirmen auf

In den vergangenen Jahren haben die Finanzermittler rund 1.155 Scheinfirmen rechtskräftig aus dem Verkehr gezogen, allein heuer wird die Finanzpolizei auf rund 400 Fälle kommen. Entsprechende Verfahren sind bereits anhängig.
„Das ist ein neuer Rekord“, sagt Wilfried Lehner, oberster Chef der Finanzpolizei, zum KURIER. „Am meisten Scheinfirmen finden wir im Bau- und Baunebengewerbe, aber wir haben auch ein Problem, dass Reinigungsfirmen als Personalbereitsteller auftauchen.“ Eines haben die Scheinfirmen gemeinsam, sie agieren meist in einschlägigen Milieus.
„Es gibt mittlerweile multifunktionale Scheinfirmen, die schreiben wunderschöne Rechnungen, egal welchen Gewerbeschein sie haben“, sagt Lehner. Früher war es gängig, dass diese Scheinfirmen im großen Stil Dienstnehmer bei der Sozialversicherung angemeldet haben, aber die Sozialversicherungsbeiträge nicht bezahlt und sich die Lohnnebenkosten erspart haben.
Betrügerische Netze
„Jetzt hat man eine neue Masche entdeckt. Es gibt eine Betrugsfirma, die ihr Personal zum Teil schwarz bezahlt. Dafür braucht sie aber eine Deckungsrechnung einer Scheinfirma“, sagt Lehner. „Auf das Konto der Scheinfirma wird der Rechnungsbetrag überwiesen, die Scheinfirma zieht sich einen Anteil in Höhe von zehn bis 15 Prozent ab und das restliche Geld wandert in bar zurück an die Betrugsfirma, die nun die Dienstnehmer zum Teil schwarz bezahlen kann.“
Der Finanzpolizist bestätigt im KURIER-Gespräch, dass die Aktivitäten von Scheinfirmen meist auch mit Sozialleistungsbetrug einhergehen. Vor allem in der Reinigungsbranche hat die Finanzpolizei ein regelrechtes Netzwerk von Betrügern aufgedeckt. „Bei diesen Reinigungsfirmen ist es besonders brutal, weil Arbeitslosengeld und Sozialtransfer quasi als Teil der Entlohnung einkalkuliert wurden“, sagt Lehner. „Wir haben Unterlagen von Dienstnehmern gefunden, die für 500 Euro ganz legal geringfügig beschäftigt waren, 1.000 Euro Notstandshilfe und zusätzlich 1.500 Euro für die geleisteten Überstunden schwarz kassiert haben.“ Unterm Strich kassierte eine ungelernte Reinigungskraft, die in Wahrheit am Markt nicht vermittelbar ist, 3.000 Euro netto.
Hohe Strafen
Wer eine Scheinfirma beauftragt oder die Rechnung einer Scheinfirma in seiner Buchhaltung verbucht hat, muss mit einer Strafe rechnen. „Das bloße Verbuchen einer Scheinrechnung ist bereits ein Straftatbestand und kann mit bis zu 100.000 Euro bestraft werden“, sagt Lehner. „Wenn ich auch noch die Vorsteuer abziehe, habe ich noch ein zusätzliches Delikt.“
Vorbeugungsmaßnahme
Daher wird Prävention großgeschrieben. Hier kommt das bekannte Softwarehaus BMD aus Steyr ins Spiel, das mit der Finanz kooperiert. „Unsere Software ist Buchhaltungsstandard in Österreich und 80 Prozent der Steuerberater haben sie“, sagt BMD-Geschäftsführer Markus Knasmüller. „Die Schnittstelle, die FinanzOnline mit der Scheinfirmenliste anbietet, haben wir in die Software integriert. Sie können bei der Bestellung, Rechnungskontrolle, Bezahlung oder der Umsatzsteuervoranmeldung überprüfen, ob die Firma auf der Liste der Finanz aufscheint.“ Auf dieser Liste scheinen aktuell allein 210 suspekte Baufirmen auf.
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