Finanzamt könnte Spitäler in Not bringen

Finanz kippt Selbstständigkeit von Poolpersonal. Spitäler und Heime könnten die Zeche zahlen.

Ab wann ist jemand angestellt, ab wann selbstständig? Eine bevorstehende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts könnte die Diskussion neu entfachen und in der Gesundheits- und Pflegebranche ein Erdbeben auslösen. In dem brisanten Fall geht es um die Vermittlung von diplomierten Pflegekräften an Spitäler und Pflegeheime bei Personalmangel (Pooldienste). Betroffen ist die Wiener VisiCare GmbH, mit österreichweit rund 4000 Pflegekräften einer der größten Vermittler von Diplomkrankenpflege.

Das Finanzamt vermutet bei den vermittelten freiberuflichen Poolschwestern- und -pflegern eine versteckte Anstellung und stellte Lohnsteuerbescheide in Höhe von 5,5 Millionen Euro aus. VisiCare hätte nicht nur vermittelt, sondern eine Art Dienstverhältnis mit den Pflegekräften, u. a. für diese die Rechnungen ausgestellt. Die Agentur berief gegen die Bescheide, eine Nachzahlung in dieser Höhe wäre der finanzielle Ruin. Bestätigt das Verwaltungsgericht die Nachforderung, könnten auch die Krankenkassen mehrerer Bundesländer die Sozialversicherungsbeiträge nachfordern, was noch einmal mehrere Millionen Euro ausmachen dürfte.

VisiCare-Chefin Eva Maria Strasser wollte sich mit Hinweis auf ein laufendes Verfahren gegenüber dem KURIER nicht äußern. Bei ihren Kunden – namhafte Privatspitäler in Wien, Landeskrankenhäuser in Niederösterreich und zahlreiche Pflegeheime – herrscht Anspannung. Sie müssten nämlich im Falle einer VisiCare-Pleite die Zeche zahlen. Wenn die Vermittlung dann als Arbeitskräfteüberlassung eingestuft wird, haften auch die Kunden für die Abgabenschuld. Dies könnte aber das eine oder andere Spital oder Pflegeheim finanziell nur schwer verkraften. Zum Handkuss könnten auch die Pflegekräfte selbst kommen, wenn sie keine Sozialabgaben geleistet haben. Viele von ihnen sind ohnehin in einem Spital angestellt und leisten die Pooldienste nebenbei. Pikanterweise stufte die Wiener Gebietskrankenkasse bei einer Prüfung anders als die Finanz die Poolschwestern sehr wohl als selbstständig ein.

Nicht leistbar

Schließlich würden die Kosten steigen, weil das VisiCare-Personal "zwangs"angestellt doppelt so teuer käme als freiberuflich. Selbstständig agierendes Poolpersonal kostet die Spitäler oder Heime 13 bis 18 Euro pro Stunde, während von Zeitarbeitsfirmen überlassenes Personal auf 32 bis 36 Euro kommt. Die Kostenersparnis ist der Grund, warum es diese Form von Selbstständigkeit immer noch gibt, obwohl es sie laut Gewerkschaft gar nicht mehr geben dürfte. Viele Heime können sich mehr Personal oder eine echte Überlassung schlicht nicht leisten, die Folge wären noch mehr Überstunden beim Stammpersonal oder Unterbesetzung – alles zulasten der Patienten.

Gerhard Flenreiss, Branchensprecher der Personaldienstleister in der Wirtschaftskammer Wien, hält VisiCare nicht für ein "systemisches Problem", sondern für einen besonderen Einzelfall: "Diese Form der Beschäftigung ist weder wünschenswert noch erforderlich." Schon vor Jahren wurde der Einsatz von freiberuflichen Pflegekräften in Spitälern und Heimen rechtlich massiv eingeschränkt, wovon Zeitarbeitsfirmen profitieren.

Britische Reiseveranstalter sind „not amused“. Österreich verschärft per 1. Jänner 2015 die Regelungen gegen Lohn- und Sozialdumping. Das trifft auch britische Skilehrer, die auf österreichischen Pisten unterwegs sind. Die Lohnkontrolle wird erweitert. Geprüft wird künftig nicht nur, ob der Kollektivvertragslohn bezahlt wird, sondern auch zusätzliche Gehaltsbestandteile wie Überstunden. Es drohen Strafen bis zu 10.000 Euro.

Reiseveranstalter – etwa aus Großbritannien oder Ungarn – arbeiten in Österreich mitunter mit eigenem Personal. Das heißt, nicht nur die Gäste sondern auch Koch, Kellner und Skilehrer kommen aus Ungarn oder Großbritannien. Ob sie nach österreichischem Gesetz entlohnt werden, wird jetzt schärfer kontrolliert.

Teurere Charlets

In britischen Online-Medien wird bereits vorgerechnet, dass der Familien-Skiurlaub in Österreich nun um 140 Pfund (176 Euro) teurer wird. „Chalets bieten oft All-Inklusive-Pakete für ihre Gäste – und diese werden nun wohl teurer“, erläutert auch Alexander Rauner von der Bundessparte Tourismus.

Laut Christian Abenthung vom Österreichischen Skischulverband sind auf Österreichs Pisten „sicher Tausende illegale Skilehrer“ unterwegs. Das liege nicht an der gesetzlichen Grundlage, sondern an mangelnden Kontrollmöglichkeiten. Abenthung: „Wir gehen in Österreich bei den Kontrollen auch nicht so rigoros vor wie die Italiener oder Franzosen, die illegale Skilehrer gleich auf der Piste verhaften.“ Probleme sieht Abenthung vor allem in der Steiermark, Niederösterreich und Kärnten, wo viele nicht gemeldete Skilehrer aus Ungarn und Tschechien unterwegs sind. Salzburgs Skischulen rüsten sich jedenfalls gegen die „illegale“ Konkurrenz aus dem Ausland. Statt bisher einem werden ab dieser Saison zwei Kontrolleure auf den Pisten unterwegs sein.

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