"Verbrennungsmotor ist nicht vollkommen ersetzbar"

Mit neuen Modellen und dem Ausbau der Präsenz in Südamerika will FiatChrysler-Chef Sergio Marchionne durchstarten.
FiatChrysler-Chef Marchionne glaubt nicht an einen raschen Siegeszug von Elektroautos.

FiatChrysler-Chef Sergio Marchionne will sein Amt Ende 2018 niederlegen. "Ich werde zweifellos etwas anderes machen", sagte der 62-jährige Vorsitzende der Fiat Chrysler Automobiles (FCA) dem Magazin Bloomberg Businessweek am Mittwoch.

Marchionne traf bei einem seiner raren Auftritte eine kleine Gruppe internationaler Fachjournalisten auf dem Pariser Autosalon. Der KURIER war dabei. Marchionne über ...

die wirtschaftliche Lage in Europa Ich habe nie an die Nachhaltigkeit der wirtschaftlichen Erholung in Europa geglaubt. Es gibt immer noch vieles, das sie behindert, wie zuletzt die Differenzen zwischen Deutschland und Frankreich gezeigt haben. Bevor das nicht geklärt ist und eine Verständigung über die Art der notwendigen Reformen zum Wiederaufbau der Wirtschaft zustande kommt, werden wir weiter durch eine Zeit mit instabiler Nachfrage gehen, auch wenn da und dort eine Erholung von den absoluten Tiefstständen zu bemerken ist. Ich glaube aber nicht, dass die Zahlen für 2015 sehr stark von denen für 2014 abweichen werden, obwohl wir meiner Meinung nach das Schlimmste hinter uns haben.

die Auswirkungen der Russland/Ukraine-Krise Ich bin da sehr hoffnungsvoll, dass sich die Dinge klären werden. Ich glaube zwar nicht, dass wir schon innerhalb eines Jahres wieder zu den gewohnten Marktzahlen in Russland zurückkehren können, aber mittelfristig wird sich eine Lösung des Konfliktes finden und wir werden zu einigermaßen normalen Markt-Verhältnissen zurückkommen. Und der Grund, warum ich das sage, ist, dass die Alternativen dazu verheerend wären – nicht nur für Europa, sondern ganz allgemein. Daher hoffe ich, dass sich der gesunde Menschenverstand durchsetzen wird und wir gegen Ende 2015 wieder normale wirtschaftliche Beziehungen haben werden und damit die Möglichkeit, das Geschäft wieder wachsen zu lassen.

die Neuaufstellung des Konzerns als FiatChrysler Automobiles Der Großteil unserer Werke hier in Europa ist restrukturiert und beschäftigt sich mit anderen Dingen, als das historisch der Fall war.

neue Modelle Der neu vorgestellte Fiat 500X ist ein Auto mit globaler Reichweite. Der Jeep Renegade ist die erste Anwendung unserer multinationalen Fahrzeugarchitektur, die uns helfen wird, Jeep weiter in Schwung zu bringen und das Absatzziel von 1,9 Millionen Einheiten für 2018 zu erreichen. Und wir arbeiten wie angekündigt am Relaunch von Alfa. Das wird spätestens am 24. Juni 2015 für alle sichtbar werden, wenn wir das erste Modell dieser neuen Alfa-Generation enthüllen werden.

Fiat 500 mutiert zum SUV

"Verbrennungsmotor ist nicht vollkommen ersetzbar"

"Verbrennungsmotor ist nicht vollkommen ersetzbar"

"Verbrennungsmotor ist nicht vollkommen ersetzbar"

"Verbrennungsmotor ist nicht vollkommen ersetzbar"

"Verbrennungsmotor ist nicht vollkommen ersetzbar"

"Verbrennungsmotor ist nicht vollkommen ersetzbar"

"Verbrennungsmotor ist nicht vollkommen ersetzbar"

"Verbrennungsmotor ist nicht vollkommen ersetzbar"

die internationale Neuausrichtung von Fiat Eines habe ich in meinem Leben gelernt. Als Kleiner spielst du besser nicht in der Sandkiste mit den Großen. Du machst dir besser deine eigene, um dort ungestört deine Sandburgen bauen zu können. Wir sind da in Europa mit einigen verdammt großen Jungs in derselben Kiste, die wesentlich mehr Ressourcen haben als wir, was die Erwartungen in unsere wirtschaftliche Langlebigkeit stark untergräbt. Deshalb haben wir die Sandkiste verlegt und können jetzt im NAFTA-Raum unbehelligt unsere eigenen Sandburgen bauen und die Führungsposition in Lateinamerika weiter stärken.

über die Chancen und Kosten der Elektrifizierung von Autos Ich bleibe da so skeptisch, wie ich es immer war. Ich glaube, dass die Chancen dafür, dass der Großteil der Branchen-Produktion in den nächsten fünf Jahren auf Elektroautos entfallen wird, sehr gering sind. Daher wäre es wegen der anderen Prioritäten, die wir hatten, sehr falsch gewesen, alle dafür nötigen Mittel in eine noch sehr unreife Sparte der Industrie zu stecken. Aber wir beherrschen die Kombination von Elektro- und Verbrennungsmotor und werden sie dort einsetzen, wo es notwendig ist.

über konkrete Pläne zu E-Autos im eigenen Konzern Das wird man erstmals in großem Umfang beim nächsten Chrysler-Minivan sehen, den wir Ende 2015 vorstellen. Und dem wird eine Reihe von Modellen folgen, die nach diesem System entworfen sind. Aber ich glaube, man muss sehr vorsichtig sein, wenn man annimmt, dass der reine Elektroantrieb mit seinen Beschränkungen bei der Reichweite speziell in den USA den Verbrennungsmotor vollkommen ersetzen kann. Das wird nicht funktionieren, nach dem, was wir heute über die Speicherkapazitäten von Batterien wissen. Ich kann auf jeder Autoshow beeindruckende Elektroantriebs-Studien zeigen und den Leuten damit imponieren. Aber die zentrale Frage lautet, kann ich genug davon verkaufen, um damit Geld zu verdienen? Und das geht eben nicht, solange sich die Preisgestaltung von Autos nicht fundamental ändert.

die Auswirkungen weiter verschärfter CO2-Limits der EU Ich bin mir sicher, dass die gesamte Industrie durch die weiter sinkenden Emissions-Grenzen früher oder später zu einer Kombination von Verbrennungs- und Elektromotor gezwungen sein wird. Für Stadtautos wird es vielleicht sogar ein reiner Elektroantrieb sein. Aber dabei muss allen klar sein, dass dies die Preise erhöhen wird. Und man macht sich da etwas vor, wenn man glaubt, man wird dann weiterhin ein Auto für weniger als 10.000 Euro kaufen können.

Kürzere Entwicklungszeiten Der 1952 in den Abruzzen geborene Sergio Marchionne ist Italiener mit kanadischem Pass, er hat in Toronto studiert.
Nach mehreren Stationen bei Verpackungsfirmen übernahm der Anwalt und Wirtschaftsprüfer 2004 die Führung bei Fiat und schlug einen harten Sanierungskurs ein. Er baute Bürokratie ab, halbierte die Entwicklungszeiten für neue Modelle und führte Fiat zurück in die schwarzen Zahlen.

Chrysler Fiat war 2009 nach der Insolvenz des Detroiter Traditions-unternehmens eingestiegen und hatte die Beteiligung laufend auf 58,5 Prozent aufgestockt. Im Jänner 2014 wurde Chrysler komplett übernommen. Mit gemeinsam 4,5 Mio. gebauten Fahrzeugen im Jahr ist FiatChrysler siebtgrößter Autobauer der Welt. Der Gewinn betrug im Vorjahr896 Mio. Euro. Ab 13. Oktober notiert die neue FCA-Aktie in New York und in Mailand.

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