EZB dürfte am Donnerstag trotz Corona-Verschärfung abwarten
Die Europäische Zentralbank (EZB) wird ihre geldpolitischen Entscheidungen an diesem Donnerstag (29. Oktober) in einem sich verschärfenden Corona-Umfeld treffen. Trotz der wachsenden konjunkturellen Risiken wird die Notenbank auf der Ratssitzung laut Ökonomen aber voraussichtlich noch keine neuen Maßnahmen beschließen. Notenbankchefin Christine Lagarde dürfte jedoch die Bereitschaft für eine weitere Lockerung der Geldpolitik im Dezember signalisieren.
Die Zahl der Corona-Neuinfektionen ist zu Beginn des Herbstes in der Eurozone dramatisch gestiegen. Große Länder in der Eurozone wie Frankreich, Italien und Spanien haben erneut weitreichende Beschränkungen des öffentlichen Lebens beschlossen. Auch in Deutschland werden weitere Verschärfungen erwartet. Die Erholung der Konjunktur im Sommer dürfte also im vierten Quartal wieder ausgebremst werden. Einige Frühindikatoren - wie zuletzt das deutsche Ifo-Geschäftsklima - haben bereits eine wirtschaftliche Abkühlung signalisiert.
So hat auch Lagarde zuletzt davor gewarnt, dass die Erholung an Schwung zu verlieren drohe. Dennoch haben sie und andere EZB-Vertreter signalisiert, dass man zunächst den Herbst abwarten wolle. Die Ratsmitglieder lenkten den Blick vielmehr auf Sitzung im Dezember, wenn auch neue Projektionen veröffentlicht werden. Argumente für eine Lockerung wird die EZB dann leicht finden. So lag die Jahresinflationsrate im Oktober bei minus 0,3 Prozent. Die EZB strebt auf mittlere Sicht eine Rate von knapp zwei Prozent an.
Die EZB hat auf die Corona-Pandemie mit ihrem billionenschweren Corona-Wertpapierkaufprogramm PEPP und extrem günstigen Langfristkrediten für die Banken reagiert. "Das Mittel der Wahl dürfte das PEPP bleiben, ein Notfallinstrument mit flexiblen Einsatzmöglichkeiten", erwartet Ulrike Kastens, Volkswirtin bei der Fondsgesellschaft DWS. Im Dezember dürften eine Aufstockung und eine Verlängerung des PEPP bis Ende 2021 anstehen. "In diesem Umfeld dürfte sich die EZB treu bleiben und geldpolitisch weiter Gas geben", erwartet Kastens.
Auch die Commerzbank sieht eine Entscheidung zu den Anleihekäufen erst im Dezember oder zu Beginn des neuen Jahres. So sei die Wirtschaft im dritten Quartal stärker als von der EZB erwartet gewachsen. Dem stünden angesichts steigender Neuinfektionen Wachstumsrisiken gegenüber. "In dieser unübersichtlichen Lage ein Gesamturteil zu fällen, ist nicht einfach - zumal der Ausgang der US-Präsidentschaftswahl und der Brexit-Verhandlungen noch unklar sind", schreibt Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Ein abruptes Ende der Käufe wolle die EZB jedoch verhindern, da es für Irritationen an den Anleihemärkten sorgen könnte.
Eine Zinssenkung ist laut Kastens nicht zu erwarten, da sie eher kontraproduktiv wäre. Eine weitere Senkung des Einlagesatzes kann zu einer zusätzlichen Belastung für die Banken werden. Derzeit liegt der Einlagensatz bei minus 0,5 Prozent. Zu diesem Zinssatz müssen Banken überschüssiges Zentralbankgeld bis zum nächsten Geschäftstag bei der EZB parken. Der Hauptrefinanzierungssatz beträgt null Prozent. Ökonomen erwarten keine Änderung.
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