Experiment in Spanien: Kürzer arbeiten bei gleichem Gehalt

 Die Arbeitszeit ist einfacher zu kontrollieren als die Produktivität.
Für bis zu 6.000 Arbeitnehmer soll im Herbst eine Vier-Tage-Woche eingeführt werden.

Nur noch vier Tage die Woche arbeiten? In Spanien wird das in einem groß angelegten Versuch getestet. Bis zu 6.000 Mitarbeiter in 200 Unternehmen sollen ihre Normalarbeitszeit auf 32 Wochenstunden reduzieren – und zwar bei vollem Lohnausgleich.

Damit sich Unternehmen finden, die bei dem Experiment mitmachen, lässt es sich der Staat bis zu 50 Millionen Euro kosten. Sollten Firmen etwa mehr Personal einstellen müssen, werden die Kosten dafür in einer Übergangsphase von der öffentlichen Hand refundiert.

Die Debatte um die Vier-Tage-Woche ist nicht neu. Befürworter versprechen sich von dem Konzept einiges: Die Mitarbeiter sollen durch die verkürzte Anwesenheit erholter, gesünder und motivierter sein. Mit der Arbeitszufriedenheit soll die Produktivität pro Zeiteinheit steigen.

Ungleiche Bedingungen

In Anbetracht positiver Beispiele ist fraglich (siehe unten), was passiert, wenn Modelle der Arbeitszeitverkürzung breit ausgerollt werden. Christian Helmenstein, Chef des Economica-Instituts, ist diesbezüglich skeptisch. Denn ob die Produktivität bei weniger Arbeitsstunden steigen könne, „hängt von der Komplexität und der Art der Arbeitsprozesse ab“, sagt Helmenstein.

Das Argument, dass besser erholte Mitarbeiter produktiver arbeiten und in weniger Zeit gleich viel oder gar mehr leisten, hat also einen Haken. Bei kreativer Kopfarbeit mag es zutreffen. In anderen Berufsgruppen wie zum Beispiel Einzelhandel oder Pflege hängt die Wertschöpfung aber von der Präsenz ab und kann deswegen nicht verdichtet werden.

Experiment in Spanien: Kürzer arbeiten bei gleichem Gehalt

Das Experiment geht auf die Initiative von Iñigo Errejón, Chef der Partei Más País, zurück.

Die Arbeitszeit zu reduzieren bedeutet in diesen Branchen also, dass mehr Mitarbeiter gebraucht werden. Das dürfte in Spanien auch in Kauf genommen werden, denn die Arbeitslosenquote ist dort mit 16 Prozent doppelt so hoch wie im Durchschnitt der Eurozone. Effektiv subventioniert dann der Staat Löhne, um Menschen in Beschäftigung zu bringen oder zu halten, ähnlich wie bei Kurzarbeit.

Eine Reduktion der Wochenarbeitszeit kann dazu führen, dass mehr Personen in Beschäftigung sind. Helmenstein gibt aber zu bedenken, dass mittel- bis langfristig das Gegenteil eintreten könnte. „Wenn es sich in der Breite der Volkswirtschaft etablieren würde und die staatlichen Unterstützungsleistungen zurückgenommen werden, heißt das, dass die Lohnstückkosten bzw. die Lohnkosten pro Stunde steigen.“

Das wiederum würde der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der spanischen Volkswirtschaft schaden. Der Versuch könnte aber empirische Daten dazu liefern, in welchen Bereichen eine Arbeitszeitverkürzung wirtschaftlich ist.

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