Ex-Geheimagent gibt Business-Tipps

Ex-Geheimagent gibt Business-Tipps
Der deutsche Bestseller-Autor verrät Strategien, wie Verkäufer das Vertrauen ihrer Kunden gewinnen.

Wie baue ich Vertrauen auf? Leo Martin (35) warb als Agent für den deutschen Inlandsnachrichtendienst Vertrauensmänner (V-Männer) aus dem Bereich der organisierten Kriminalität an, um an brisante Informationen zu gelangen. Wie er es schaffte, dass Wildfremde ihm binnen kurzer Zeit vertrauten und Geheimnisse erzählten, schilderte er beim Handelstag der Wiener Wirtschaftskammer in der Hofburg. Im KURIER-Interview verrät er Tricks zur besseren Beziehung zwischen Verkäufer und Käufer im Einzelhandel.

Sie waren heute schon in Wien einkaufen. Sind Ihnen Fehler aufgefallen?
Ja. Eine Verkäuferin in einer Bäckerei hat mir Wechselgeld zurückgegeben, ohne mir in die Augen zu blicken. Dabei ist Blickkontakt doch für jede Kommunikation essenziell. Es ist mir auch aufgefallen, dass viel gejammert und genörgelt wird. Ich würde als Verkäufer niemals schlecht über andere Menschen sprechen. Das schafft kein Vertrauen, denn mein Gegenüber glaubt, dass ich auch so über ihn in seiner Abwesenheit reden würde. Besser ist es, sich auf positive Dinge zu konzentrieren und Leidenschaften erkennen zu lassen.

Wie soll ein Kunde denn angesprochen werden?
Nicht auf den Blickkontakt warten, sondern direkt, am besten von der Seite her ansprechen.

Die häufigste Ansprache in Geschäften lautet: Kann ich Ihnen helfen? Ist das klug?
Nein, es ist nicht gut, Fragen zu stellen. Fragen zeigen zwar Interesse, wirken aber schnell ausforschend. Besser sind Statements, also den Ball für eine Kommunikation zuspielen. Small Talk aufbauen, Themen aus der aktuellen Situation heraus ansprechen, etwa: Das ist ein schöner Pullover, den Sie da haben. Immer darauf achten, dass der Kunde Interesse zeigt, dass er einem folgt. Falls nicht, das Thema wechseln, bis er darauf anspricht.

Small Talk als Verkaufsgespräch?
Ja, indem ich auch etwas über mich preisgebe. Es geht immer um Gemeinsamkeiten und Leidenschaften. Wenn Käufer und Verkäufer gemeinsame Leidenschaften teilen, so ist das ein guter Weg, um auf eine Beziehungsebene zu kommen. Da geht es gar nicht um große Sachen, schon die Bespannung eines Tennisschlägers kann viele Gemeinsamkeiten schaffen. Das Spannende ist, wenn man einmal so ein Thema gefunden hat, ergeben sich die restlichen Themen von selbst.

Gibt es noch andere Tricks, Vertrauen aufzubauen?
Die schärfste Waffe in der Kommunikation ist die, dem Gegenüber immer Recht zu geben. Egal, was der andere sagt, ich stimme immer zu. Auch wenn dies mühsam sein kann, suche ich zumindest einen Aspekt, den ich bestätigen kann, weil ich dem Gegenüber damit ein gutes Gefühl gebe und ihn nicht bewerte und verurteile. Wenn ich das nämlich tue, wird die Kommunikation weit zurückgeworfen.

Sind Frauen leichter als Kunden zu gewinnen bzw. zu verführen?
Ich unterscheide da nicht zwischen den Geschlechtern. Aber Frauen sind empathischer. Wichtig ist auch der Perspektivwechsel, nicht nur sich selbst zu sehen, sondern auch die Bedürfnisse des anderen. Es gibt Menschen, die an Zahlen und Fakten orientiert sind. Die muss ich mit Argumenten überzeugen, da tue ich mir mit der Emotion schwerer. Dann gibt es emotionale Menschen, denen ist Gemeinschaft, Beziehung wichtig. Wenn ich nach diesen Menschentypen rastere, fällt mir die Beratung leichter.

Die Aktionitis im Handel hat extrem zugenommen, Rabatte, wohin das Auge reicht. Lassen sich die Menschen wirklich so leicht über den Preis verführen?
Schnäppchen sprechen das Lustzentrum in Hirn an. Aber wenn es zu inflationär angewendet wird, wirkt es nicht mehr. Wer 365-mal im Jahr abverkauft, wird unglaubhaft. Wenn es um Vertrauen und Beziehung geht, ist Authentizität und Glaubwürdigkeit das Wichtigste.

Ist der Preis der größte Kaufanreiz?
Der Preis ist nicht der alleinige Anreiz. Manchmal wollen Kunden auch als Erster ein bestimmtes Produkt und sind durchaus bereit, dafür mehr zu bezahlen. Beim Kaufen ist auch viel Emotion dabei.

Das beweisen ja Top-Marken wie Apple oder Red Bull. Was macht sie so erfolgreich?
Sie erfüllen die Grundbedürfnisse nach Sicherheit und Wertschätzung, zeigen ein klares Profil und wechseln auch mal die Perspektive. Apple ist auch stark darin, Kundenbedürfnisse früh zu erkennen.

Was können sich kleine Händler davon abschauen?
Es geht um Leidenschaft, ums Zeigen, dass man für etwas brennt. Kleine Händler haben es da sogar leichter, weil sie Mitarbeiter genauer auswählen können. Konzerne sind schwerer zu steuern, weil bei den vielen Mitarbeitern die Ziele verschwinden.

Zur Person: Leo Martin
Kriminologe Leo Martin (35) studierte Kriminalwissenschaften und war zehn Jahre lang für einen großen deutschen Nachrichtendienst tätig. Sein Spezialauftrag war das Anwerben und Führen von Informanten, um an vertrauliche Informationen zu gelangen.

Sein Wissen, wie mit dem Mittel der Kommunikation Menschen für sich gewonnen werden können, verrät er in dem Buch "Ich krieg dich! Menschen für sich gewinnen" (Ariston, März 2011). Das Buch schaffte es auf die Spiegel-Bestseller-Liste. Seit 2008 hält Martin Vorträge.

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