„Europa braucht starke Banken und überregionale Fusionen“

Caixabank's Chairman Jordi Gual
Zusammenschluss oder Zerfall: Für den spanischen Banker Jorge Gual steht Europas Finanzsystem am Scheideweg.

Europas Banken haben die Finanzkrise hinter sich gelassen und sind nun wieder in einer besseren Form. Sie haben uneinbringliche Kredite aus den Büchern genommen, Eigenkapital aufgebaut und sie sind profitabler geworden. Doch: „Das reicht nicht, um auch künftig krisenfest zu sein“, ist Jorge Gual, Chef der spanischen Caixa Bank und Berater der EU-Kommission in Finanzfragen, überzeugt.

Europa brauche pan-europäische Banken, also länderübergreifende Zusammenschlüsse von Finanzinstituten, sagte Gual im Gespräch mit dem KURIER. Dann hätte Europa nämlich eine Risikoaufteilung auf privatwirtschaftlicher Ebene, falls es wieder zu einer Krise komme. Gual weiß aber auch, dass diese länderübergreifenden Zusammenschlüsse in Europa schwierig sind. Denn erstens sind die Regeln für Banken nicht überall gleich und zweitens sind Kreditinstitute derzeit nicht gern auf Einkaufstour. „In Zeiten, in denen die Bankenbranche zunehmend in Richtung Internet geht, sind Filialbanken kein begehrtes Kaufobjekt“, betont er.

Aufsichtsrat der Erste Group

Der Chef der Caixa, der wegen der rund 10 Prozent-Beteiligung an der Erste Group auch im Aufsichtsrat der Erste sitzt, sieht aber noch eine weitere große Hürde, die große Bankenfusionen blockiert: Die Euroländer seien nach der Krise nicht in Richtung Zusammenhalt unterwegs, sondern in Richtung Abschottung. Einige Länder hätten ihre Finanzmärkte nach der Krise 2008 gegenüber anderen abgegrenzt. Banken müssten in jedem Land Liquidität vorhalten. „Das widerspricht einer paneuropäischen Bankenfusion“, kritisiert der Banker.

Diese Fragmentierung aber werde zum Problem, sobald es wieder Turbulenzen im Finanzsystem gebe. Denn Länder, die sich abschotten, würden im Notfall auch keine Hilfe von zentralen EU-Einrichtungen erhalten, warnt Gual. „Wir brauchen einen gewissen Grad gemeinsamer Versicherung. Sonst wird der Binnenmarkt unterminiert.“

Aber es wäre nicht der grundsätzlich optimistisch eingestellte Gual, würde er nicht daran glauben, dass sich die EU-Länder schrittweise doch auf eine gemeinsame Versicherung für ihre Banken und die Einlagen verständigen werden. „In Europa braucht das alles Zeit. Das geht schrittweise voran in Richtung Bankenunion“, lautet seine Überzeugung.

Ein Fonds für Pleiten

Besonders zuversichtlich ist Gual, dass der nächste Schritt zur gemeinsamen europäischen Bankenunion gelingt: die Schaffung eines Bankenabwicklungsfonds, des so genannte Single Resolution Fund. Dieser soll sicherstellen, dass im Falle einer Systemkrise rasch Geld in die Bank gepumpt wird, damit wieder Stabilität entsteht. Das sei auch der große Vorteil der USA in der Finanzkrise gewesen. Sie konnten dank ihrer einheitlichen Mechanismen sehr rasch in das Finanzsystem eingreifen, rasch Mittel in den Markt pumpen und so für Stabilität sorgen. „Am Ende haben die USA sogar daran verdient“, gibt Gual zu bedenken.

Es reiche eben nicht aus, ein Krisenmodell nur für die Banken zu haben. „Wir brauchen auch eines für Probleme des Gesamt-Finanzsystems. Und da müsste die öffentliche Hand eingreifen“, so Gual. Auch auf dieser Ebene müssten gemeinsame Krisenmodelle entstehen, vergleichbar mit einer Versicherung gegen Erdbeben.

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