EU-Finanzsteuer wird konkret
Es wird ernst mit einer Finanztransaktionssteuer auf europäischer Ebene. Mehrere Länder, unter ihnen auch Österreich, wollen nicht länger abwarten, ob sich alle 27 EU-Staaten einigen können. Sie wollen schon bald Ergebnisse sehen und daher die neue Steuer mit einer "Koalition der Willigen" einführen.
Beim Treffen der EU-Finanzminister am Freitag in Luxemburg zeigte sich Großbritannien wie erwartet ablehnend. Der schwedische Finanzminister Anders Borg warnte erneut, eine Finanztransaktionssteuer würde "die Kosten für Kredite steigern und eine negative Auswirkung auf das europäische Wirtschaftswachstum haben". Damit war klar: Diese Steuer in der gesamten EU hat derzeit keine Chance.
Deutschland, Frankreich und Österreich machten Druck, dies offiziell festzuhalten – um den Weg frei zu machen für eine "verstärkte Zusammenarbeit". Diese müsste noch von der Kommission, dem Parlament und abschließend vom Rat der Finanzminister abgesegnet werden. Im besten Fall könnte das Gesetz bis Ende des Jahres stehen.
Zeitplan
Finanzministerin
Maria Fekter zeigte sich zufrieden; man sei "einen Schritt weitergekommen". Sie sei zuversichtlich, dass man nun zügig mit der Kommission einen Gesetzesvorschlag ausarbeiten könne, dem sich dann neun oder mehr Staaten anschließen. "Da denke ich doch, dass wir am Ende eine Transaktionssteuer haben werden – wenn schon nicht in der gesamten Union, dann zumindest in den Staaten, die sich dafür ausgesprochen haben."
Die Debatte der Ministerag zeigte: Es gibt zwar mehr als neun Staaten, die grundsätzlich für eine EU-Finanzsteuer sind, darunter Belgien, Spanien, Finnland, Griechenland, Portugal und Italien. Doch manche zögern, ob sie auch bei einer teilweisen Einführung dabei sein wollen.
Druck
Fekter machte ihren Kollegen am Freitag noch einmal deutlich, warum Österreich hier so auf ein hohes Tempo drängt: Gibt es keine "wesentlichen Fortschritte" bei der Finanztransaktionssteuer, wollen die Grünen dem permanenten Rettungsschirm ESM nicht zustimmen, für den in Österreich eine Zweidrittelmehrheit erforderlich ist. In Deutschland ist die Situation ähnlich: Hier geht es um die Zustimmung der SPD zum EU-Fiskalpakt.
Offen ist noch, welche Form die neue Steuer annehmen soll. Die Kommission hat vorgeschlagen, jeden einzelnen Handel fast aller Finanzprodukte mit einer Abgabe zu belegen. Sie hatte auch geplant, die Einnahmen aus der Finanztransaktionssteuer für das EU-Budget zu verwenden und so die Beiträge der einzelnen Länder zu verringern. Das dürfte bei einer teilweisen Einführung kaum der Fall sein. Frankreichs Präsident Hollande will die Steuer-Einnahmen in Wachstums-Initiativen stecken.
Vorreiter: Kooperation einer Ländergruppe
Basis
Ist keine Einstimmigkeit aller 27 EU-Staaten möglich, sieht der Lissabon-Vertrag "als letztes Mittel" vor, dass eine Gruppe von Staaten Regelungen einführt, ohne dass sich die anderen Staaten daran beteiligen müssen. Bedingung: Der EU-Vertrag darf nicht verletzt werden.
Teilnehmer
Mindestens neun EU-Mitgliedsstaaten.
Genehmigung
Die Staatengruppe stellt den Antrag bei der EU-Kommission, diese beurteilt ihn und legt ihn dem EU-Parlament vor. Der Finanzministerrat muss dem zustimmen.
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