EU-Finanzminister: Offene Arme für Vorstoß zu Bankenunion

EZB-Chefin Christine Lagarde und Deutschlands Finanzminister Olaf Scholz (SPD) beim Eurogruppentreffen in Brüssel
Beim Rat der EU-Finanzminister an diesem Freitag reichen die Themen von einer Einlagensicherung bis zum Schnapsbrennen.

„Man muss nach vorne gehen“ – da stimmt Österreichs Finanzminister Eduard Müller seinem deutschen Amtskollegen Olaf Scholz und dessen Vorschlag in Richtung einer EU-Bankenunion zu. Aber beim Treffen der EU-Finanzminister in Brüssel betont Müller auch: „Es gibt ein paar Dinge, die vorher gelöst werden müssen.“

Denn die Umverteilung von Risiken und Schulden instabilerer EU-Staaten auf die stabileren, dagegen legen sich nicht nur die Schatzmeister aus Österreich und Deutschland quer.

Scholz' überraschender Vorstoß –  bisher hatte Berlin die erforderlichen Schritte in Richtung einer europäischen Bankenunion blockiert – dominiert nach dem Treffen der Eurogruppe am Donnerstag auch den heutigen Rat der EU-Finanzminister. Was Scholz vorschwebt, ist der Versuch einer Neuordnung der europäischen Bankenlandschaft.

Das Ziel dabei: eine Union europäischer Banken – ein europäischer Champion, der gegen Wall Street und China bestehen kann. 

Zwei Pfeiler stehen schon

Zwei Pfeiler dieser Bankenunion stehen schon – eine gemeinsame Bankenaufsicht und gemeinsame Regeln für eine Bankenabwicklung.

Was noch fehlt, ist eine europäische Einlagensicherung. Diese würde verhindern, dass im schlimmsten Fall der Steuerzahler einspringen muss, um Sparguthaben zu retten. Geld fließt erst, wenn die nationalen Einlagentöpfe, die jeder Staat garantieren muss, ausgeschöpft sind.  Auch dann fließt kein echtes Geld aus den reicheren Eurostaaten, sondern es wird ein Darlehen aktiviert.

Im Kreis der Euro-Finanzminister war der Vorschlag von Scholz am Donnerstag auf teils positive Reaktionen gestoßen. „Es ist gut, dass sich Deutschland mit Blick auf eine europäische Sicherung von Bankguthaben öffnet“, sagte Italiens Finanzminister Roberto Gualtieri. Doch er bremste auch: In einigen Punkten gebe es noch Differenzen.

Denn die Bedingungen des deutschen Finanzministers für solch eine gemeinsame Einlagensicherung haben es in sich: Im Gegenzug für die Absicherung der südeuropäischen Sparer will Scholz einheitliche Insolvenzregeln für Banken. Bis dato gibt es in Europa mehr als ein Dutzend unterschiedliche Insolvenzordnungen.

Zudem pocht der deutsche Finanzminister auf eine Harmonisierung der Steuerregeln für die Geldinstitute. Bisher bestimmen die EU-Staaten selbst über den zu versteuernden Gewinn. Das macht eine europäische Bankenbilanz nahezu unmöglich. Und Staatsanleihen in den Bilanzen der Banken sollen neu bewertet werden. Diese seien schon lange keine risikolosen Anlagen mehr. 

EU-Finanzminister: Offene Arme für Vorstoß zu Bankenunion

Insgesamt sind am Freitag, wenn sich zuerst die EU-Finanzminister treffen, in vielen Bereichen vor allem Vorarbeiten für weitere Schritte zu erwarten.

So geht es etwa darum, dass Kleinstunternehmen leichter EU-weit von der Mehrwertsteuer befreit werden.

Ein Mehrwertsteuerthema ist auch, wie man Onlinehändler leichter erkennen kann, die diese Taxe in ihrem Zielland nicht entrichten. Hier gibt es den Vorschlag, dass Zahlungsdienstleister Überweisungen melden müssen sollen, die ins Ausland gehen und öfter als 25 Mal im Quartal erfolgen.

Auch der Dauerbrenner Digitalsteuer steht wieder an der Tagesordnung. Es geht vor allem um die Positionierung der EU in den laufenden Verhandlungen auf OECD-Ebene zu diesem Thema, und wie die Union selbst mit diesem Thema umgeht.

Spannung für Schnapsbrenner

Für Österreichs kleine häusliche Schnapsbrenner könnte eine Vorentscheidung fallen. Diskutiert wird die Verbrauchssteuerfreiheit für Brände aus eigenem Obst zum Eigenverbrauch. Ausnahmen für gewisse Mitgliedsstaaten sind nicht geplant, es gilt, sich auf eine Menge zu einigen, die in allen EU-Staaten angewendet werden kann. Der aktuelle Vorschlag liegt bei 50 Litern, Österreich hat für 70 Liter plädiert.

Weiters auf der Agenda der 28 EU-Finanzminister: Sie empfehlen die Ernennung von Isabel Schnabel für das Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB). Die 48-jährige Deutsche soll Sabine Lautenschläger ersetzen, die ihr Amt am 31. Oktober vorzeitig zurücklegte. Schnabel ist Professorin für Finanzmarktökonomie an der Universität in Bonn.

Der EZB-Rat besteht aus den Direktoren der nationalen Zentralbanken der 19 Eurogruppenländer und aus dem sechsköpfigen EZB-Direktorium, dem neben Präsidentin Christine Lagarde und Vizepräsident Luis de Guindos vier EZB-Direktoren angehören.

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