EU erleichtert die Sitzverlegung von Gesellschaften

EU erleichtert die Sitzverlegung von Gesellschaften
Einheitliches Verfahren ab 2022. Österreich ist Vorreiter bei digitaler GmbH-Gründung.

Die EU schafft einheitliche Vorschriften für den grenzüberschreitenden Umzug oder die Neuorganisation von Unternehmen. Voraussichtlich ab 2022 können Gesellschaften in ein anderes EU-Land umziehen oder sich in mehrere Teile aufspalten, ohne ihre Rechtspersönlichkeit zu verlieren.

„Wenn eine italienische KG nach Österreich übersiedeln will, muss sie sich zwar ein anderes Rechtskleid anziehen, bleibt aber als italienische Firma weiter bestehen“, erläutert Michael Umfahrer, Präsident der Österreichischen Notariatsakademie dem KURIER. Bisher war das eher mühsam, einzige rechtskonforme Möglichkeit einer Sitzverlegung war die Verschmelzung. Heikler Punkt der EU-Harmonisierung war, ob das Unternehmen mit der Übersiedelung Satzungs- und Verwaltungssitz trennen darf, um etwa Steuern zu umgehen. Die Entscheidung darüber verbleibt aber bei den Mitgliedsstaaten. In Österreich ist eine solche Trennung derzeit nicht möglich.

Strenge Prüfung

Um Missbrauch oder Sozialbetrug vorzubeugen, ist eine strenge Prüfung der Umzugsabsichten vorgesehen. „Es muss einen ordentlich begründbaren Hintergrund für die Motive der Verlegung geben“, sagt Umfahrer. Vorgefertigte Floskeln würden nicht ausreichen. „Es muss schon plausibel nachgewiesen werden, warum der Sitz verlegt wird“. Ausschlaggebend ist dabei, ob eine wirtschaftliche Tätigkeit im Zuzugsland erfolgen wird.

Online-Gründung

Vorgesehen ist auch, dass ab 2022 GmbH-Gründungen vollständig digital möglich sind, ein persönliches Erscheinen beim Notar ist dann nicht mehr nötig. In Österreich wurde eine entsprechende Verordnung bereits erlassen, so dass laut Umfahrer schon in der zweiten Jahreshälfte 2019 damit begonnen werden kann. Ein Pilotprojekt der Notare im Vorjahr verlief erfolgreich, jetzt wird der rechtskonforme Echtprozess aufgesetzt.

EU erleichtert die Sitzverlegung von Gesellschaften

Notar Michael Umfahrer

„Wir haben in Österreich mit der digitalen GmbH-Gründung eine Vorreiterrolle übernommen“, erzählt Umfahrer. Die Gesellschaftsgründung beim Notar erfolgt per Videokonferenz und sicherem Datenraum, die Unterzeichnung des Vertrages ist per Handy-Signatur möglich. Der Vorteil: Die Gesellschafter können sich von überall her zuschalten, was die grenzüberschreitende Sitzverlegung erleichtert. Vor allem junge, IT-affine Gründer sollen damit angesprochen werden.

Wie groß die Nachfrage nach grenzüberschreitenden Sitzverlegungen sein wird, vermag Umfahrer noch nicht abzuschätzen: „Der Bedarf ist sicher gegeben, weil es vorher kompliziert war und wenig Rechtssicherheit gab".

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