Es ist - wie so viele EU-Verordnungen - ziemlich umständlich formuliert, und doch eigentlich leicht erklärt.
Was die Wachauer Marillenmarmelade seit vielen Jahren genießt, soll in Zukunft auch für Erzeugnisse gelten, die man nicht essen kann: Schutz vor Herstellern aus anderen Ländern und Regionen, die sich die regionale Bezeichnung einfach aneignen und auf ihre Waren schreiben oder sogar damit werben.
Demnächst gültig
Mit dem Beschluss des EU-Parlaments vor wenigen Tagen ist die Verordnung „für den Schutz geografischer Angaben von handwerklich und industriell hergestellten Produkten“ quasi startklar und soll ab dem kommenden Jahr gelten.
Von da an können sich regionale Hersteller in einem EU-Land wie etwa Österreich direkt an das EU-Amt für Geistiges Eigentum (EUIPO) wenden, um dort die geografische Angabe für ihre Waren prüfen und dann eintragen zu lassen.
Das Verfahren, so verspricht es die EU-Behörde, soll nicht nur möglichst einfach zugänglich sein, sondern außer den Gebühren für die Eintragung auch keine Kosten verursachen. Das soll vor allem lokalen Handwerksbetrieben zugutekommen, die, anders als große Unternehmen, gar nicht die Mittel und das Personal haben, um allzu großen bürokratischen Aufwand zu betreiben. Es gehe, wie der EU-Kommissar für Binnenmarkt, Thierry Breton, betont, vor allem um Familienbetriebe, die in einer Region verwurzelt sind.
Ein Herstellungsschritt
Ob es sich also um ein spezielles Dirndl, etwa aus dem Ausseerland handelt, Gmundner Keramik, oder Schneekugeln aus Wien: Produkte wie Glas, Textilien, Porzellan, Besteck, Töpferwaren, Musikinstrumente und Möbel stehen dann unter besonderem Schutz.
Voraussetzung ist nur, dass die Eigenarten des Produkts wesentlich auf seiner regionalen Herkunft basieren und dass zumindest ein Schritt der Herstellung in der Region passiert.
"Große Chance"
Von einer „großen Chance“ spricht Reinhard Kainz, Geschäftsführer der Sparte Gewerbe und Handwerk in der Wirtschaftskammer, „man muss allerdings auf die Durchführung achten“. Der langjährig erfahrene Praktiker hat schon die Einführung des EU-Schutzes für regionale Lebensmittel erlebt und weiß, „dass im bürokratischen Ablauf oft etwas verloren geht“.
Man setzte „große Hoffnung“ in die neue Verordnung, meint Kainz und zeigt zugleich ein bisschen Skepsis, „und wir wünschen uns, dass das alles auch in der Realität so sein wird.“ Grundsätzlich aber sei das Gütesiegel für die heimischen Handwerksbetriebe eine echte Chance, „auch international sichtbarer zu werden.“ ➤ Gmundner Keramik: Jeder Strich muss sitzen
Klagen bei Gericht
Ist man einmal im Besitz des regionalen Gütesiegels, kann man den Namen mit der Herkunft - also etwa "Schladminger Socken" - auf das Produkt drucken und auch natürlich im In- und Ausland damit werben.
Viel wichtiger ist allerdings: Man kann jene, die das ungerechtfertigt tun – einfach weil ihre Waren in Wahrheit ganz woanders hergestellt werden – viel leichter als bisher vor Gericht bringen. War eine Klage gegen eine Fälschung bisher eine mühsame Angelegenheit, weil die nationalen Gütesiegel in anderen EU-Ländern nicht galten, soll die EU-weite Regelung die Durchsetzung der Interessen der Hersteller viel einfacher machen.
Die jahrelange Erfahrung mit den geschützten regionalen Lebensmitteln zeigt, dass zumindest innerhalb der EU solche Interessen vor Gericht durchaus durchsetzbar sind, oft reicht allein die Androhung einer Klage. So mussten spanische Bars, die für ihre "Champanillos" auch im Internet warben, nach einer Beschwerde von Champagner-Herstellern aus Frankreich klein beigeben. Und auch der kroatische Schaumwein "Prošek" hat gegen die italienischen Prosecco-Winzer einen schweren Stand. Die meisten Kellereien sind auf andere Namen umgestiegen, um sich die Klagen gleich zu ersparen.
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