Essensmacher steigen auf die Barrikaden

Konsumenten wollen wissen, woher ihre Lebensmittel kommen.
Ministerin Elisabeth Köstinger plant eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung. Die Industrie stemmt sich dagegen.

Österreichs Lebensmittelindustrie geht auf die Barrikaden. Schuld ist Nachhaltigkeitsministerin Elisabeth Köstinger, die mit ihrer Forderung nach einer verpflichtenden Herkunftskennzeichnung bei Lebensmitteln ernst machen will. Auf Milch, Fleisch-, Ei- sowie verarbeiteten Produkten soll künftig genau drauf stehen, woher die Rohstoffe kommen, die in der Packung stecken.

Klingt aus Kundensicht gut. Schließlich wollen Konsumenten wissen, woher die Rohstoffe kommen, die letztlich auf ihren Tellern landen. Und auch die Agrarier können sich auf die Schulter klopfen. Sie setzten sich seit Jahren für Herkunftskennzeichnungen ein. Wohl auch, weil sie sich mit dem Österreich-Mascherl auf den Produkten Sympathiepunkte und damit einen Wettbewerbsvorteil erwarten.

Was ist aber das Problem der Industrie? „In Österreich gibt es gar nicht genügend Rohstoffe, wir sind von Importen abhängig“, sagt Katharina Koßdorff, Geschäftsführerin des Fachverbandes der Lebensmittelindustrie. Die Außenhandelsbilanz zeigt, dass Österreich jedes Jahr um eine Milliarde Euro mehr importiert als exportiert. Das liegt nicht nur daran, dass in Österreich weder Kaffee, Kakao, Bananen noch sonstige Südfrüchte wachsen. In Österreich werden etwa auch weniger Hendln und Puten aufgezogen als gegessen. Der Selbstversorgungsgrad bei Truthähnen liegt bei nur 45 Prozent, spielt die Industrie den Ball an die Agrarier zurück. Diese argumentieren gern mit den strengen Tierschutzbestimmungen, die NGOs durchgesetzt haben. Die Kehrseite der hohen Standards sind hohe Produktionskosten und damit international weniger Wettbewerbsfähigkeit. Dazu kommt das Janus-artige Gesicht der Konsumenten: Alle wollen regionale Produkte. Will ein Bauer einen großen Stall in der Region bauen, kann er sich aber verlässlich auf Anrainerproteste einstellen.

Davon abgesehen landet nicht alles auf dem Speiseteller. „Nur 20 Prozent der österreichischen Getreideernte fließen in die Nahrungsmittelproduktion“, rechnet Günter Thumser vom Markenartikelverband vor. Der Rest geht in die Futtermittelproduktion, die Treibstoffgewinnung und Stärkeproduktion.

Kostentreiber

Egal ob Fleisch, Obst, Gemüse oder Getreide: Heimische Bauern können der Industrie nicht das ganze Jahr über alle nötigen Rohstoffe liefern, so die Argumentation der Industrie. Also muss sie importieren, wobei die Lieferanten oft wechseln. Schon allein aufgrund der klimatischen Bedingungen, die Menge und Qualität beeinflussen. Müsste die Herkunft der Agrarstoffe überall angegeben werden, müsste die Lagerhaltung entsprechend aufwendig organisiert, Etiketten ständig neu gedruckt werden. Thumser: „Das sind Kostentreiber, die niemandem einen Mehrwert bringen und letztlich vom Konsumenten bezahlt werden müssen.“ Dieser Meinung ist auch Katharina Koßdorff, die sich eine Einigung auf EU-Ebene wünscht und keinen österreichischen Alleingang. „Wir haben schon Herkunftskennzeichnungen, etwa das AMA-Gütesiegel.“

simone hoepke

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