Erste Group profitiert von Mega-Expansion nach Polen

Erste-Chef Bosek
Die Wiener Großbank kann den Milliarden-Zukauf abschließen. Der Gewinn soll 2026 um 20 Prozent steigen. Der Aktie hat die Ost-Fantasie mit acht Ländern und fast 23 Millionen Kunden heuer sehr gut getan.

Finanzwerte trieben den Wiener Leitindex ATX in diesem Jahr auf neue Rekordstände, und die Erste Group hatte daran einen großen Anteil. Zu Jahresbeginn notierte die Aktie noch bei rund 58 Euro, am Freitag, den 19. Dezember, übersprang sie erstmals die Marke von 100 Euro. Das bedeutet seit Jahresbeginn einen Kursanstieg um knapp 70 Prozent. Damit reiht sich der Anteilsschein unter die Top-10 des ATX 2025.

Bereits 1819 als „Erste österreichische Spar-Casse“ gegründet, hat sich die Erste Group mit ihren bisher rund 16,6 Millionen Kunden in sieben Ländern zu einer der führenden Banken in der Wachstumsregion Zentral- und Osteuropa entwickelt.

Freilich ist das noch nicht das Ende der Fahnenstange. Denn mit Polen kommt nun nicht nur ein Riesenmarkt und das achte Land neben Österreich, Tschechien, Rumänien, Slowakei, Kroatien, Ungarn und Serbien hinzu, sondern auch noch einmal 1.000 Filialen und rund sechs Millionen Kunden.

Größte Transaktion

Nach der Genehmigung durch die EU-Kommission im September gab es vor wenigen Tagen auch grünes Licht der polnischen Aufsichtsbehörden für den Mega-Deal. Konkret erwirbt die Erste Group für 6,8 Milliarden Euro einen beherrschenden Anteil von 49 Prozent an der polnischen Tochter der spanischen Bank Santander. Es handelt sich um eine der größten grenzüberschreitenden Bankentransaktionen in Europa in den vergangenen Jahren.

Finanziert wird der Zukauf ausschließlich aus Eigenmitteln. Dafür verzichtet die Bank unter anderem auf ein geplantes Aktienrückkaufprogramm und senkt die Ausschüttungsquote für das Geschäftsjahr 2025 temporär.

Die Santander Bank Polska ist nach zwei Staatsbanken die drittgrößte Bank des Landes mit einem Marktanteil von mehr als acht Prozent. Die Erste Group rechnet für 2026 mit einem Anstieg des Gewinns je Aktie von über 20 Prozent.

Diese Einschätzung teilen auch die meisten Beobachter, obwohl die jüngsten Analysen schon fast wieder von der Entwicklung an der Börse überholt scheinen. So hat die Schweizer UBS erst zu Monatsbeginn die Empfehlung „Buy“ bestätigt und das Kursziel für die Erste Group von 97 auf 108 Euro erhöht. Die zuständigen Experten Nicolas O’Sullivan und Mate Nemes halten die Erste für eine gut diversifizierte Bank, die von starken Volumen- und Margentrends in Mittel- und Osteuropa profitiert.

Top-Pick im Osten

Die Bank ist für die Schweizer Analysten außerdem der „Top-Pick“ in Osteuropa, weil sie ein qualitativ hochwertiges Privatkunden-Bankgeschäft mit Zugang zu langfristigem Wachstum in den Kernländern Mittel- und Osteuropas, konservativer Risikovorsorge und hoher Rentabilität bietet. Als Dividende für die Jahre 2025 bis 2027 werden 0,75, 4,20 und 4,50 Euro je Aktie erwartet.

Auch Barclays empfiehlt die Bank mit „Overweight“ und erhöhte kurz vor der UBS das Kursziel von 86 auf 106 Euro. Ein Grund lautet: Besonders von der Wachstumsdynamik nach einem Friedensabkommen im Ukraine/Russland-Krieg werden „positive Impulse“ erwartet.

Auf der Internetseite der Wiener Börse ist zudem zu lesen: „Eine starke lokale Präsenz und gruppenweite Zusammenarbeit ermöglichen eine umfassende Kundenbetreuung, egal, wo der Kunde zuhause ist. Neben traditionellen Bankprodukten bietet die Erste eine Reihe digitaler Lösungen an und gilt als innovativste Bank in Österreich.“

Das hört Peter Bosek, Vorstandschef des Instituts, sehr gerne. Er beerbte im Juli 2024 Willibald Cernko an der Spitze der Großbank. Schon damals sagte Bosek: „Es gibt ein Land, das wir definitiv im Fokus haben, und das ist Polen.“ Die Region interessiere die Erste Group schon seit 25 Jahren, sei aber immer zu teuer gewesen.

Hintergrund: Kreditwachstum erhöht Gewinn

Ein Wachstum im Kreditvolumen um rund 10 auf 228 Mrd. Euro verhalf der Erste Group in den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres 2025 zu mehr Einnahmen und mehr Gewinn. Eine höhere Nachfrage gab es vor allem in Tschechien, Österreich und der Slowakei. Der Zinsüberschuss legte um drei Prozent auf 5,76 Mrd. Euro zu. Unterm Strich stand ein Nettogewinn von 2,57 Mrd. Euro, nach 2,52 Mrd. Euro im Vorjahreszeitraum.

Ihren Ausblick für das Gesamtjahr hat die Bank angehoben. Bankchef Peter Bosek war mit den Zahlen zufrieden. „Im dritten Quartal konnten wir unser Wachstum im Kundengeschäft weiter ausbauen.“ „Zentral- und Osteuropa bleibt der Wachstumsmarkt Europas.“

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