Treichl: "Watschen zahlten sich aus"

Erste Group-Chef Treichl warnt vor Folgen der Null-Zinsen
Bank-Chef Treichl sieht nach verlustreichen Jahren Zukunft "gar nicht so schlecht".

Für die riesigen Verluste, die die Erste Group nach Abschreibungen für die Rumänien-Tochter 2011 und 2014 machte, hat die Bank öffentlich viel Häme einstecken müssen. Nun aber sprudeln die Gewinne wieder, und Erste-Group-Chef Andreas Treichl ist sichtlich zufrieden, dass er die Bilanz in den vergangenen Jahren so drastisch ausgeputzt hat. "Die Watschen, die wir uns dafür abgeholt haben, zahlten sich aus", sagt er.

Im ersten Halbjahr konnte die Erste Group sogar 970 Millionen Euro an faulen Krediten, die großteils abgeschrieben waren, mit Gewinn verkaufen. Nur noch 5,8 Prozent des gesamten Kreditvolumens der Bank "wackeln". Vor einem Jahr waren es noch 7,7 Prozent. Diese deutliche Reduktion der faulen Kredite hat der Erste Group im ersten Halbjahr 2016 sogar einen Rekordgewinn nach Steuern von 841,7 Millionen Euro eingebracht, um 73 Prozent mehr als vor einem Jahr. Aber auch ein Sondererlös aus dem Verkauf der Visa-Beteiligung hat zum Gewinnanstieg beigetragen.

"Natürlich haben die niedrigen Zinsen einen Anteil am Rückgang der Risikovorsorgen. Wären die Zinsen höher, gäbe es mehr Kreditausfälle", sagt der Bank-Chef.

Treichl macht sich dennoch Sorgen über die langfristigen Auswirkungen der Null-Zins-Politik der Europäischen Zentralbank (EZB). Vor 20 Jahren hätten Durchschnittsverdiener noch ohne Risiko Geld sparen können und so einen Zusatzertrag verdient. Heute sei das für Normalverdiener und vor allem für junge Menschen, die zu arbeiten beginnen, unmöglich. "Die Menschen werden ihren Konsum einschränken müssen, um im Alter Geld zu haben", befürchtet der Erste-Group-Chef. Das sei für eine Volkswirtschaft extrem negativ. Altersarmut drohe zum riesigen Problem zu werden. Dass sich die Notenbanken nicht darum kümmerten, sei ein großer Fehler.

Doppelte Dividende

Für die Erste Group selbst sieht Treichl die Zukunft optimistischer. "Die Bank ist in Regionen tätig, die wirtschaftlich am besten in Europa aufgestellt sind", glaubt er. Das Wirtschaftswachstum in Mittel- und Osteuropa werde in den nächsten Jahren dem EU-Durchschnitt davonlaufen. Aus heutiger Sicht könnte es sich die Erste Group leisten, für 2016 doppelt so viel Dividende zu zahlen wie für 2015. 1,10 Euro je Aktie wären möglich.

Doch ob diese Erhöhung der Ausschüttung tatsächlich kommt, hängt von der Aufsicht ab. Diese wird im Herbst neue Vorgaben für das Eigenkapital machen. Treichl sieht die Bank aber gut kapitalisiert.

Weniger Risiko

842 Millionen Nettogewinn erzielte die Erste Group im ersten Halbjahr, um 73 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Gelungen ist dies dank einer deutlichen Reduktion der Vorsorgen für Not leidende Kredite: Nur 25,8 Millionen Euro nach 373,9 Millionen waren dafür notwendig.

Gewinne im Osten

Die Banktochter in Tschechien hat den Halbjahresgewinn um 15 Prozent auf 287 Millionen Euro gesteigert, jene in der Slowakei um fast 50 Prozent auf 133,6 Millionen Euro, in Rumänien blieb der Gewinn stabil, in Ungarn gab es nach einem Verlust einen dreistelligen Millionen-Gewinn.

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