"Innovationen muss der Steuerzahler zahlen"

"Innovationen muss der Steuerzahler zahlen"
Der für das Risikomanagement zuständige Erste-Bank-Vorstand Thomas Uher sieht keine Kreditklemme in Österreich.

KURIER: Lahmt Österreichs Wirtschaft, weil Banken mit ihren eigenen Problemen beschäftigt sind und zu wenig Kredite vergeben?

Thomas Uher: Die Banken sind bereit, Investitionen zu finanzieren. Die Erste Bank hat zu Jahresbeginn sogar eine Milliarde Euro an Krediten für die Wirtschaft bereitgestellt. Wir sind also gut ausgestattet, um Investitionen zu finanzieren. Aber: Es gibt zu wenig Projekte von Unternehmen.

Sind die Unternehmen seit der Krise risikoscheu geworden?

Ich sehe bei unseren Firmenkunden, dass sie nur noch Instandhaltungsinvestitionen vornehmen. Das heißt: Sie reparieren ihre Maschinen, neue kaufen sie nicht. Das ist auch der große Unterschied zu Deutschland. Dort investieren die Unternehmen nicht nur in neue Anlagen, sie erweitern sie sogar.

Woran krankt es in Österreich?

Ich glaube, die wirtschaftliche Lage ist sehr ernst. Die zusätzlichen liquiden Mittel der Europäischen Zentralbank bewirken in Österreich keinen konjunkturellen Auftrieb. Jetzt geht es um Wirtschaftspolitik. Die Unternehmen brauchen Sicherheit. Die Politiker müssen zeigen, dass sie in der Lage sind, die Probleme im Land zu lösen.

Was wünschen Sie sich als Bank-Chef von der Politik?

"Innovationen muss der Steuerzahler zahlen"
Ich will jetzt nicht über die Bankensteuer jammern. Die Wirtschaft braucht Investitionen, wir können sie finanzieren. Die Politik könnte diesen Kreislauf etwa durch zeitlich begrenzte Investitionsförderung, höhere Freibeträge oder vorzeitige Abschreibungen in Gang bringen.

Unternehmen, die investieren wollen, beklagen aber, dass sie kein Geld von Banken bekommen ...

Eine Kreditklemme gibt es in Österreich nicht. Aber eine Bank kann auch nicht jedes Finanzierungsrisiko übernehmen.

Fällt da die Kreditvergabe an Jungunternehmen darunter?

Bei Gründern setzen wir vor allem auf Beratung und Service. Wir verweisen auf Fördermöglichkeiten wie etwa das aws.

Das Risiko tragen dann die Steuerzahler?

Innovationen muss der Steuerzahler zahlen. Die Bankfinanzierung ist allerdings häufig eine Ergänzung zur Förderung.

Zu den Privatkunden: Gibt es bei den tiefen Zinsen überhaupt noch Sparer?

Die Spareinlagen gehen österreichweit zurück. Die sehr kurzfristigen Termin- und Sichteinlagen steigen allerdings. Die Menschen parken dort ihr Geld. Aber auch viele Unternehmen legen so Cash an. Die hohe Sicht- und Termingeldposition ist ein Zeichen, dass es in der Wirtschaft sehr wohl genügend Liquidität gibt.

Einige Finanzexperten behaupten, Private würden wegen der tiefen Zinsen zu riskante Veranlagungen kaufen. Können Sie so einen Trend bestätigen?

Unsere Kunden kaufen wieder mehr Wertpapiere. Bei unserem neuen Produkt "You Invest" haben wir seit Start im November des Vorjahres 330 Millionen Euro an Kundengeldern hereinbekommen. Der Zufluss beträgt derzeit etwa 1,5 bis zwei Millionen Euro pro Tag.

Sehen Sie die Gefahr, dass Risiko wieder zu wenig beachtet wird?

Viel Liquidität am Markt, wie jetzt, führt immer dazu, dass Risikoaufschläge bei Wertpapieren sinken. Es kommen daher leicht viele riskante Papiere auf den Markt. Privatanleger kaufen solche Titel aber kaum. Die großen Risiken werden von institutionellen Investoren übernommen.

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