Energiesparen ist kein Kinderspiel

Energiesparen ist kein Kinderspiel
Steigender Energieverbrauch: Bundesregierung setzt auf umfassende Kontrollen sowie Geldbußen.

Die nächste Bundesregierung gibt den Energie-Sparefroh. In der Vergangenheit ist der jährliche Energieverbrauch in Österreich um durchschnittlich 1,6 Prozent gestiegen. Bis 2020 darf der Energieverbrauch kaum noch wachsen. Das wurde der Europäischen Union bereits zugesagt.

Die Wirtschaftskrise hilft beim Erreichen dieses Zieles. Doch in den kommenden Jahren wird das Wirtschaftswachstum wohl höher ausfallen. Dazu kommt der Wohnungsneubau. Dadurch steigt der Energieverbrauch.

Effizienz per Gesetz

Die Bundesregierung hat vor, den Unternehmen per Gesetz mehr Energieeffizienz zu verordnen. Für das Erreichen der Sparziele müssen die Energielieferanten die Haushalte beraten und die anderen Unternehmen Energiesparpläne ausarbeiten. Vorgesehen ist auch die Energie-Zertifizierung fast aller Unternehmen (ab fünf Mitarbeitern) sowie Geldstrafen, wenn Sparziele nicht erreicht werden.

Doch die für den Beschluss notwendige Zweidrittel-Mehrheit kam vorerst nicht zustande, weil die Grünen ihre Zustimmung verweigert haben. Die Öko-Partei verlangt umfassendere Sparvorgaben. Die Regierung wollte nämlich die Bundesimmobiliengesellschaft von der Verpflichtung zur thermischen Sanierung von öffentlichen Gebäuden befreien. Das hat den Grünen gar nicht gefallen.

Die Wirtschaftskammer (WKO) war nicht unglücklich über das Scheitern des aus ihrer Sicht viel zu bürokratischen Effizienz-Gesetzes.

Höhere Kosten

„Zwang ist Blödsinn.Das führt nur zu höheren Kosten“, warnt Stephan Schwarzer, WKO-Abteilungsleiter für Umwelt und Energiepolitik .

„Das Energieeffizienz-Gesetz ist keine ideale Lösung, aber es ist das Beste, das uns bisher eingefallen ist,“ lautet die Replik von E-Control-Vorstand Walter Boltz. Ein Großteil der fürs Energiesparen relevanten Bereiche, wie etwa die Bauordnungen, sind Länderkompetenz. Da hat der Bund nichts zu entscheiden.

Die Alternative zu Kontrollen ist ein Anreiz-System mit massivem Ausbau der Energiesparförderung. Doch dafür fehlt das Geld.

Jedenfalls ist Energiesparen eines der ersten Themen, mit denen sich die nächste Regierung befassen muss. Bis 5. Juni 2014 hat Österreich noch Zeit, seine Energiespar-Versprechen in ein Maßnahmenpaket umzusetzen. Sonst gibt es Brösel mit Brüssel.

Die heimische Wirtschaft ist grundsätzlich offen fürs Energiesparen, wie das „Wirtschaftsbarometer Klimaschutz 2013“ zeigt. Für 80 Prozent der 115 befragten Unternehmen sind Investitionen in die Energieeffizienz sinnvoll. Voraussetzung ist allerdings, dass die Ausgaben durch sinkende Energiekosten wieder hereinkommen. Doch das ist keineswegs gesichert.

Energiepreise

Investitionen in Energieeffizienz rentieren sich oft erst bei deutlich steigenden Energiepreisen. Doch für massive Preisanstiege gibt es derzeit kein Indiz.

Laut einer Studie der Gemeinnützigen Bauträger ist es auch in einem Zeitraum von 35 Jahren nicht möglich, Investitionen in thermische Sanierung wieder hereinzubekommen. Eine Energiepreise-Anhebung von jährlich 1,5 Prozent ist bereits eingerechnet.

Die Internationale Energieagentur geht davon aus, dass der weltweite Energieverbrauch bis 2035 um ein Drittel zunehmen wird. Grund dafür ist die steigende Nachfrage in den Schwellen- und Entwicklungsländern. Die Energiesparpläne der EU-Staaten werden daran nichts ändern.

In Österreich beträgt der Anteil an fossiler Energie knapp über 70 Prozent. Verbraucht wird vor allem Erdöl und Gas. Die restlichen 30 Prozent sind Strom aus Wasserkraft und erneuerbaren Energieträgern.

Energiesparen ist kein Kinderspiel
Der Sektor mit dem höchsten Verbrauch ist weiterhin der Verkehrsbereich.

Die Energiepolitik der Regierung sorgt für Arbeitsplatzsicherheit bei Unternehmen, die Zertifikate ausstellen. Die Kontrolle der Wirksamkeit von Maßnahmen zur Energieeffizienz soll ja per Gesetz verordnet werden.

Rudolf Pichler, Geschäftsführer der Österreich-Niederlassung der weltweit tätigen Inspektions- und Zertifizierungs-Gesellschaft Bureau Veritas, kann sich daher auf ein dichteres Arbeitsprogramm einstellen. Denn Ausnahmen von der Energie-Zertifizierung wird es nur für Kleinst-Unternehmen geben.

Energieaudit

Nach dem derzeitigen Stand der Dinge ist alle vier Jahre ein „Energieaudit“ vorgesehen, bei dem die Steigerung der Energieeffizienz nachgewiesen werden muss. Ab 2015 geht es mit den großen Unternehmen los. Die Prüfungskosten allein werden für ein Unternehmen mit 100 Mitarbeitern im ersten Jahr etwa 5000 bis 6000 Euro ausmachen. Alle, die es mit dem Energiesparen besonders ernst nehmen, können sich für das deutlich aufwendigere Energiemanagement mit jährlicher Überprüfung entscheiden.

Bewusstseinsbildung

„Nicht nur technische Maßnahmen sorgen für geringeren Energieverbrauch, sondern auch Bewusstseinsbildung“, plaudert Pichler aus der Praxis. Die Firmenchefs sind gut beraten, ihre Mitarbeiter anzuleiten, beim Verlassen des Arbeitsplatzes das Licht abzudrehen.

Von den rund 60.000 Mitarbeitern, die Bureau Veritas in den Bereichen Qualitätssicherung, Umweltberatung und Arbeitssicherheit beschäftigt, werken 70 in Wien. Trotzdem wird auch Bureau Veritas Österreich ein Energiespar-Zertifikat benötigen.

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