"Eines Montagmorgens bekam ich fast einen Schock“

Die Fondsgesellschaft Columbia Threadneedle sitzt in London
Columbia Threadneedle. Aktienexpertin Steele über Brexit, EU und warum sie Bankaktien scheut.

Noch ist in der Londoner City, dem pulsierenden Finanzzentrum Europas, nichts vom Brexit, der im März 2019 vollzogen wird, zu spüren. Wie immer laufen die Anzugträger, ständig ein Handy am Ohr, hektisch durch die Gassen und füllen abends die Bars, um den Tag zu besprechen. Aktien, Renditen und eben der Brexit sind da dann doch die bestimmenden Themen.

Ann Steele, erfahrene Aktienstrategin beim britischen Vermögensverwalter und Fondsmanager Columbia Threadneedle, arbeitet seit Jahren inmitten dieses Trubels. Was sie über Europas börsenotierte Unternehmen und den Brexit denkt, hat weitreichende Folgen für die Anleger in den Threadneedle Aktienfonds – und das sind viele. Denn die Fonds sind beliebt bei Lebensversicherungen und Pensionskassen. 43,4 Milliarden Euro an Vermögen liegen in diesen europäischen Aktienfonds.

„Es ist schon traurig zu sehen, wie zerstritten sich die EU zeigt. Asiatische Investoren sind deswegen sehr verunsichert“, sagt die Britin. Und der Brexit verunsichert nicht? „Ich denke, dass der Aktienmarkt in London am Anfang zu stark nach unten korrigiert hat. Wir sehen da wieder gute Einstiegsniveaus“, meint sie.

Grundsätzlich aber geht Steele bei der Auswahl der Aktien, in die der Pan European Fund von Threadneedle veranlagt, nicht nach Ländern vor. „Wir suchen Unternehmen, die sich langfristig stark entwickeln“, erklärt Steele. Ob sie in Österreich, Italien oder Deutschland ansässig seien, sei nicht von großer Bedeutung. Steele: „Wir kämpfen um Renditen für unsere Anleger.“ 2017 schaffte der Fonds 11,5 Prozent. Und das mit großem Einsatz, wie Steele am Beispiel der Aktie des Schweizer Unternehmens Sika Group beschreibt. Immerhin stecken drei Prozent des Fondsvermögens in dieser Aktie.

Aktiv eingemischt

„Eines Montagmorgens kam ich ins Büro, und beim Blick in den Computer bekam ich fast einen Schock“, erzählt sie. Die Sika-Mehrheitseigentümer wollten an die französische Saint Gobain verkaufen. „Keine gute Idee, fanden wir“, sagt Steele. Drei Jahre kämpfte sie mit zwei anderen Investmentfonds (Bridgewater und Fidelity) gegen den Verkauf, der ihrer Meinung nach der Aktie nicht gut getan hätte. Mit Erfolg: die Sika-Aktie stieg deutlich, Threadneedle-Anleger gewannen Geld.

Steele und ihr Team besuchen jedes Unternehmen, in das sie investieren. Erst kürzlich sei sie bei einem österreichischen Bauunternehmen gewesen. 52 europäische börsenotierte Unternehmen hat Steele in Europa als gutes Investment auserkoren. Industrie, Automation und Hightech stehen ganz oben auf ihrer Liste. Banken mag sie weniger: „Ihr Geschäftsmodell ist nicht zukunftsfähig.“

Der KURIER war auf Einladung von Threadneedle in London.

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