Ein Österreicher, der Pharmariesen Flops ersparen möchte

Pendelt zwischen Hamburg und Wachau: Evotec-Chef Lanthaler.
Biotech-Firma nimmt Konzernen das Risiko des Scheiterns neuer Medikamente ab. Firmenchef Werner Lanthaler sieht noch viel Potenzial.

Die Entwicklung neuer Medikamente gegen Krebs, Alzheimer oder Diabetes ist ein Hochrisiko-Geschäft. "Scheitern ist der Normalfall. 90 Prozent aller Produkte gehen schief", sagt Werner Lanthaler, Vorstandsvorsitzender des Hamburger Biotech-Unternehmens Evotec. Große Pharmakonzerne scheuen daher das Entwicklungsrisiko und suchen sich Verbündete vor allem für die Frühphase der Produktentwicklung.

Evotec hat sich auf das "Outsourcing von Innovationen" (Lanthaler) spezialisiert und kooperiert inzwischen mit zwölf der 20 größten Pharmakonzerne. Erst am Dienstag wurde ein 250-Millionen-Euro-Vertrag mit Sanofi für die frühe Arzneiforschung in der Krebsmedizin geschlossen. Es war der bisher größte Outsourcing-Deal. Evotec übernimmt auch den Forschungsstandort von Sanofi im französischen Toulouse mit 200 Mitarbeitern. Bezahlt wird Evotec je nach Projektfortschritt, genannt "Meilensteinzahlung".

"Unser Portfolio umfasst derzeit 55 Produktchancen", erzählt Lanthaler. Zu den größten Kooperations-Partnern neben Sanofi zählen der Schweizer Pharmariese Roche, Merck, Boehringer Ingelheim und Johnson&Johnson. Wie riskant das Geschäft ist, zeigt ein herber Rückschlag in der Diabetes-Forschung Mitte des Jahres. Evotec musste wegen gefälschter Studiendaten bei einer Partnerfirma das Programm canceln und Millionen abschreiben. Der Aktienkurs brach ein. Umso gieriger griffen die Aktionäre nach Bekanntwerden des Sanofi-Deals zu und trieben den Kurs wieder nach oben. Die Aktie gilt als Spielball für Zocker, Dividende gibt es keine. Für heuer wird ein operatives Ergebnis von 10,4 Mio. Euro erwartet, der Cashbestand soll bei 90 Mio. Euro liegen.

650 Forscher

Evotec beschäftigt 711 Mitarbeiter, davon 650 Wissenschafter. Lanthaler sieht noch viel Potenzial. "Die Kooperationen im Pharmabereich werden dramatisch zunehmen." Der frühere Finanzchef des Wiener Impfstoffherstellers Intercell (jetzt Valneva) ist seit 2009 Vorstandschef bei Evotec. Von seinem Büro in Hamburg pendelt er regelmäßig in die Wachau, wo die Familie wohnt. Der studierte Betriebswirt wollte nach Intercell eigentlich in eine ganz andere Branche wechseln, nahm aber "aus eigener Eitelkeit" den Vorstandsjob bei Evotec an. 2012 wurde der 46-jährige Oberösterreicher, der dreieinhalb Jahre in der Industriellenvereinigung arbeitete, auch als möglicher ÖIAG-Chef gehandelt.

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