Drucker: Kein glückliches Händchen bei Haus-Verkauf

Geschäftsführer Neudorfer: „Brauchten Geld für Kriegskasse“
Im Verband Druck- & Medientechnik wird der Frust immer größer. Einer der Gründe ist der Verkauf eines Zinshauses in Wien.

Zu hohe Lohnkosten, immer mehr Aufträge, die ins Ausland wandern, die Zahl der Mitarbeiter seit 2001 auf 9200 Beschäftigte halbiert. Im Verband Druck- & Medientechnik wird der Frust immer größer. Das hat allerdings nicht nur mit der Krise der Branche zu tun, sondern auch mit dem Verband selbst, einem freiwilligen Zusammenschluss von Druckerei-Unternehmen.

Einer der Gründe ist der Verkauf eines Zinshauses in der Wiener Innenstadt, bei dem die Drucker offenbar kein gutes Geschäft machten. "Wenn’s um das Vermögen geht, ist der Verband ein Meister der Verschleierung", wettern Insider. Sie kritisieren, "dass die Mitglieder keine Einsicht in den Rechnungsabschluss erhalten. Dieser wird lediglich einmal im Jahr vorgelesen". Auch über den Immobilien-Deal erfahre man nichts Genaues.

Vielleicht kein Zufall. Das dreistöckige Wohnhaus in der Grünangergasse nahe dem Stephansplatz gehörte je zur Hälfte den Druckern und dem Buchhandels-Verband. Das Objekt wurde im Herbst 2010 um 1,78 Millionen Euro an eine Immobilien-Gruppe veräußert, der Kaufvertrag liegt dem KURIER vor. Zu billig, monieren die Kritiker. Verbands-Geschäftsführer Werner Neudorfer reagiert ziemlich ungehalten, als ihn der KURIER dazu befragt. Er weist den Vorwurf, zu billig verkauft zu haben, empört zurück und spielt den Ball an die Funktionäre weiter, die den Verkauf entschieden hätten. Man habe Angebote von Maklern eingeholt. Wie viele, will Neudorfer lieber nicht sagen.

Einige Monate nach dem Verkauf wurde auf die Immobilie ein Pfandrecht von 2,5 Millionen und im Jahr darauf von 2,75 Millionen Euro eingetragen. "Es spricht sehr viel dafür, dass das Gebäude am untersten Rand der Preis-Bandbreite verkauft wurde", schätzt ein Top-Immobilienexperte. Die Mieterträge des denkmalgeschützten Gebäudes, in dem auch ein Mitarbeiter des Verbandes logiert, sind zwar bescheiden. Doch der nicht ausgebaute Dachboden ist ein wertvolles Asset, vor allem in dieser Lage.

Die Drucker warfen das Haus auf den Markt, um die Kriegskasse zu füllen, sollten die damaligen Kollektivvertrags-Verhandlungen mit der Gewerkschaft scheitern, argumentiert Neudorfer. Was nicht der Fall war. Die Wertsteigerung des Gebäudes bis heute wäre ungleich höher gewesen als die Veranlagungsrendite aus dem Verkaufserlös.

Die verärgerten Mitglieder fordern außerdem, dass der Verband die Kollektivvertrags-Hoheit an die Wirtschaftskammer (WKÖ) abgibt: "Der KV gehört entrümpelt. Der Verband verhandelt seit vielen Jahren zu schwach und an der Realität vorbei." Die Kammer habe als Sozialpartner wesentlich mehr Erfahrung. "Solange die Mehrheit der Unternehmen im Verband ist, kommt das nicht in Frage", wehrt Verbands-Präsident Gerald Watzal ab.

Der Kollektivvertrag (KV) läuft bis 2016, die Verhandlungen mit der Gewerkschaft über einen neuen KV liegen seit längerem auf Eis. Anzunehmen, dass die Arbeitgeber den KV 2016 kündigen werden.

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