"Nach eingehender Analyse": Flughafen Wien baut keine dritte Piste

Mehrere Flugzeuge der Austrian Airlines stehen auf dem Rollfeld eines Flughafens.
Lange wurde über sie gestritten, nun kommt sie doch nicht: Der Flughafen Wien-Schwechat baut keine dritte Piste.

Eigentlich hätte die Entscheidung über den Bau der dritten Piste am Flughafen Wien erst kommendes Jahr fallen sollen. Doch bereits am Dienstagabend wurde ein finaler Beschluss getroffen. Und zwar gegen den Bau des Milliardenprojekts. Das teilte das Unternehmen am Abend mit. 

In einer Aussendung heißt es: "Nach eingehender Analyse aller relevanten Entscheidungsfaktoren hat der Vorstand der Flughafen Wien AG heute beschlossen, das geplante Projekt 3. Piste nicht weiter zu verfolgen."

Begründet wird dies vor allem mit den auf rund zwei Milliarden Euro massiv gestiegenen prognostizierten Baukosten. Zudem hätten sich die Rahmenbedingungen infolge der überlangen Verfahrensdauer grundlegend geändert. „So wurden im Jahr 2005 pro Flugbewegung 71 Passagiere befördert, 2024 waren es durch den Einsatz größerer Flugzeuge bereits 139 Passagiere, was den Druck auf die Pistenkapazität mildert“, erklärten die Flughafen-Vorstände Julian Jäger und Günther Ofner. 

Höhere Tarife

Mit ausschlaggebend für den Entschluss sei auch gewesen, dass die größten Airline-Kunden am Standort dem Projekt negativ gegenüber gestanden wären und ohne Refinanzierung durch höhere Tarife die wirtschaftliche Basis der Investition nicht darstellbar sei.

Weiterer Entscheidungsgrund sei die – nach 17 Monaten nach wie vor offeneEntscheidung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) im Verfahren um eine vom Flughafen gewünschte Bauzeitverlängerung gewesen. Denn das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) hat den Aufschub bis zum Jahr 2033 auf 2030 verkürzt. Der VwGH prüfte derzeit im Rahmen einer Beschwerde des Flughafens, ob der verkürzte Aufschub für die Baugenehmigung rechtlich halten würde. Eine Entscheidung wurde für nächstes Jahr erwartet.

Dritte Piste: Projekt über Jahrzehnte

Die Planungen für die dritte Piste reichen fast 30 Jahre zurück. Erstmals 1996 gab es am Flughafen Wien Überlegungen, eine weitere Piste zu errichten. Die Pläne wurden schließlich immer konkreter. 2007 reichte der Airport die Umweltverträglichkeitserklärung (UVE) und die Projektunterlagen für die zusätzliche Piste ein. 2019 gab der VwGH letztinstanzlich grünes Licht für die dritte Piste. Die Pandemie und die daraus folgende Krise der Luftfahrt verzögerten das Projekt. Vor der Corona-Krise war geplant, 2024 oder 2025 mit den Arbeiten zu beginnen. Der Flughafen ersuchte daher auf dem Rechtsweg um einen Aufschub des Baubeginns.

Begleitet wurde das Bauvorhaben all die Jahre von Protesten und Rechtsmitteln seitens Anrainern, Bürgerinitiativen und Umweltschützern. Mediationsverfahren brachten de facto keinerlei Annäherung.

Die Zukunft

Laut Flughafen ist nun geplant, jährlich bis zu 52 Millionen Passagiere mit nur zwei Bahnen abzufertigen. Zuletzt waren es im Vorjahr rund 31,7 Millionen Reisende, Tendenz steigend. Mit der heutigen Entscheidung werde aber nicht ausgeschlossen, dass bei Bedarf in fernerer Zukunft nach einem neuen Genehmigungsverfahren abermals ein Pistenprojekt verfolgt werde.

Bilanztechnisch wirkt sich das Ende des Projekts mit knapp 56 Millionen Euro aus. Das Nettoergebnis werde sich aber nur um rund 20 Millionen auf 210 Millionen Euro verschlechtern, denn der Flugverkehr habe sich in den vergangenen  Wochen besser entwickelt als ursprünglich angenommen.

 Der Flughafen gehört zu je 20 Prozent der Stadt Wien und dem Land Niederösterreich. Die Flughafen Wien Mitarbeiterbeteiligung Privatstiftung hält 10 Prozent.  Die Airports Group Europe S.à r.l., hinter der ein australischer Fonds steht,  ist mit 44 Prozent der größte Anteilseigner. Der Streubesitz macht nur 6 Prozent aus.

Reaktionen aus den Landesregierungen

Aus den Landesregierungen Wiens und Niederösterreichs gibt es bereits erste Stimmen auf das Aus für das Pistenprojekt gegeben. Der Airport habe eine "wirtschaftliche Entscheidung getroffen", so die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). Es sei wichtig, Ausbau und die Modernisierung des Flughafens und der Airportregion weiterhin voranzutreiben. Mikl-Leitner: "Unser Flughafen bleibt die zentrale Verkehrsdrehscheibe Österreichs und wird weiter wachsen."

Auf geplante Erweiterungen bei Terminals und Modernisierungen verwies auch Wiens Wirtschaftsstadträtin Barbara Novak (SPÖ). Sie ortete "eine verantwortungsvolle und vorausschauende Entscheidung", "ein klares Signal in Richtung Nachhaltigkeit" und nicht zuletzt eine nunmehr gegebene Planungssicherheit. 

Als "verheerendes Signal für den Wirtschafts- und Tourismusstandort Österreich" kritisierte FPÖ-Generalsekretär und Verkehrssprecher Christian Hafenecker die Entscheidung des Airport-Standortes. Er kritisierte aber auch die anderen Parteien, sah "das direkte Ergebnis der wirtschaftsfeindlichen Politik der Verlierer-Koalition" aus ÖVP, SPÖ und NEOS. Diese hätten schlussendlich gegenüber "grünen Ideologen und selbst ernannten Klimarettern" klein beigegeben und solchen das Feld überlassen, so Hafenecker.
 

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