DM-Gründer: "Einkommenssteuern sind absurd"

DM-Gründer: "Einkommenssteuern sind absurd"
Der Unternehmer Götz Werner fordert ein Grundeinkommen für jeden und hält Reichensteuern für Blendgranaten.

Götz Werner, Gründer von dm-Drogeriemarkt, propagiert seit Jahren seine Idee eines bedingungslosen Einkommens von 1000 Euro für jeden. Mit seiner Drogeriemarktkette brachte er es zu einem Vermögen, kürzlich war er bei der GLOBArt Academy in Krems zu Gast. An der Uni Karlsruhe war er Professor für Entrepreneurship.

KURIER: In Deutschland, Frankreich und den USA gibt es Gruppierungen von Reichen, die fordern, dass Wohlhabende stärker besteuert werden. Was halten Sie davon?
Götz Werner:
Das sind populistische Nebenschauplätze, reine Blendgranaten. Ein Angestellter kann der Steuer nicht ausweichen. Je mehr Einkommen Sie aber aus Verpachtung, Vermietung und Kapital haben, desto größer ist das Arsenal an Steuervermeidungsstrategien, auf die Sie ausweichen können. Diese Möglichkeiten werden auch genutzt - deswegen gibt es in Österreich ja die Möglichkeit, eine Privatstiftung einzurichten.

Sie selbst haben Ihr Vermögen in eine gemeinnützige deutsche Stiftung eingebracht. Waren Ihre sieben Kinder erfreut?
Das ist nicht richtig. Ich habe meine Anteile am Unternehmen dm in eine gemeinnützige Stiftung eingebracht. Ich habe meine Kinder nicht fragen müssen. Ich muss mich vor meinen Kindern nicht rechtfertigen. Sie sind angemessen versorgt und mein Vermögen habe ich selbst erworben. Das wäre anders gewesen, wenn ich es geerbt hätte.

Reiche, die ihr Vermögen stiften, stehen derzeit hoch im Kurs ...
Das ist ja prinzipiell auch richtig. Aber ganz verstehe ich das Theater nicht. In den USA
herrscht das Prinzip, dass es keine Schande ist, reich zu werden, aber eine Schande, reich zu sterben. Deswegen gibt es viele Stiftungen, die große Teile des Bildungs- und Kultursektors tragen. In Europa ist das ganz anders. Zeitlebens musst du dich für deinen Erfolg rechtfertigen und dann viel vererben.

"Diese Leistung dürfen wir nicht mit Steuern belasten"

Wer nichts hat, wird kriminell, sagen Sie gerne. Fühlten Sie sich durch die Krawalle in London in Ihrer Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen bestärkt?
Ich sehe sie als Menetekel, als Vorzeichen des Unheils, wie vor der Französischen Revolution. Die Probleme sind uns allen bekannt, je länger wir ihre Lösung hinausschieben, desto schlimmer werden die Folgen. Das ist immer so, ob im Wirtschafts- oder Eheleben.

Lernen wir denn von der Krise?
Es sieht derzeit nicht so aus. Wenn wir nicht von dieser lernen, dann eben von der nächsten. Die Finanzwirtschaft muss wieder an die Realwirtschaft gekoppelt werden und ihr dienen. Diese Aufgabe hat die Finanzwirtschaft aus den Augen verloren.

Geht es nach Ihren Vorstellungen, sollten alle Einkommenssteuern gestrichen werden. In Zeiten der Schuldenkrise wohl eine Utopie, oder?
Im Gegenteil, meine Erkenntnisse liefern Lösungen. Wir brauchen ein Steuersystem, das unseren realen Einkommensverhältnissen gerecht wird. Unser System stammt aus einer Zeit, in der wir alle Selbstversorger waren. Heute haben wir eine weltweite Arbeitsteilung. Eine Steuer, die sich nicht am Konsum orientiert, also sich nicht an dem misst, was Sie von anderen in Anspruch nehmen, ist aus heutiger Sicht parasitär. Denn wer arbeitet, leistet für andere - diese Leistung dürfen wir nicht mit Steuern belasten.

"Man braucht ein Grundeinkommen, um arbeiten zu können"

Gibt es keine Einkommenssteuern, müssten die Konsumsteuern aber absurd hoch sein, damit sich ein Grundeinkommen ausgeht...
Einkommenssteuern sind doch absurd. Solange die Leistungserbringung besteuert wird und nicht die Leistungsentnahme, sind viele Kapazitäten behindert, es gibt Abschreibungsruinen und viele unterlassene Investitionen. Eine reine Konsumsteuer müsste bei rund 80 Prozent liegen, was einer Steuerquote von 50 Prozent entspricht. Sie haben schon heute in Österreich eine Steuerquote von 48 Prozent, in Deutschland sind es derzeit mehr als 50 Prozent.

Ihnen schweben 1000 Euro für jeden vor. Warum sollte man dann noch arbeiten gehen?
Man braucht ein Grundeinkommen, um arbeiten zu können. Wenn Sie kein Geld haben, können Sie nicht zur Arbeit fahren. Es ist ein Paradigmenwechsel. Es ist Unfug, nur Erwerbsarbeit als Arbeit zu sehen. Engagement im sozialen, kulturellen oder sportlichen Bereich ist ein unverzichtbarer Beitrag zu unserer Gesellschaft. Die wenigsten würden einfach nichts tun.

Aber was entgegnen Sie jenen, die nicht bereit sind, mit ihren Steuergeldern anderen eine soziale Hängematte einzurichten?

Viele meinen, sie stünden auf eigenen Füßen und finanzierten mit ihren Steuergeldern die Transferleistungen. Wer aber seine Kinder auf die Uni schickt und drei Mal die Woche auf einem subventionierten Platz in der Oper oder im Theater sitzt, konsumiert mehr Transferzahlungen als ein Arbeitsloser. Daran denken die Leute nicht.

Götz W. Werner: Händler und Visionär

Der gelernte Drogist entstammt einer Drogistenfamilie in dritter Generation. Er gründete 1973 die erste dm-Drogerie. 2005 schätzte das manager magazin sein Vermögen auf 1,05 Milliarden Euro. 2008 wechselte Werner in den Aufsichtsrat und brachte sein Buch "Einkommen für alle" auf den Markt. Werner hat sieben Kinder.

dm
In der ersten Hälfte des Geschäftsjahres 2010/11 (per 30. 9.) hat die Drogeriemarktkette mit Sitz in Karlsruhe europaweit rund drei Milliarden Euro umgesetzt. Das entspricht einem Plus von 9,5 Prozent. Der osteuropäische Markt wird vom Schwesterunternehmen in Salzburg organisiert. In Österreich hat dm 360 Standorte und 5300 Mitarbeiter.

Mehr zum Thema

  • Hauptartikel

  • Interview

  • Hintergrund

  • Interview

  • Hintergrund

Kommentare