dm-Chef rüttelt am Apothekenmonopol

dm-Chef Martin Engelmann
Martin Engelmann: "Österreich ist eine Insel der Unseligen". Eine Entscheidung über die Verfassungsklage des Händlers wird noch im November erwartet.

Wenn es um das österreichische Apothekenmonopol geht, ist es mit der noblen Zurückhaltung bei dm-Geschäftsführer Martin Engelmann vorbei. "Warum es rezeptfreie Arzneimittel zwar bei Online-Apotheken, aber nicht bei uns zu kaufen gibt, ist für mündige Menschen nicht nachvollziehbar", ärgert sich Engelmann über eine "Ungleichbehandlung". Österreich könne sich auf Dauer nicht der Wettbewerbswelle innerhalb Europas entziehen, das Land sei "keine Insel der Seligen, sondern eine Insel der Unseligen."

Verfassungsklage

Weil es heimischen Apotheken seit Juni 2015 erlaubt ist, rezeptfreie, apothekenpflichtige Arzneimittel (Husten-, Erkältungs-, Rheuma- oder Schmerzmittel, Anm.) via Internet zu verkaufen, Drogerien aber nicht, reichte dm im März einen Individualantrag beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) ein. Dabei beruft sich der deutsche Händler auf das Grundrecht der Erwerbsfreiheit und auf die Gleichbehandlung vor dem Gesetz. Eine Entscheidung wird noch im November erwartet.

Fällt sie für dm positiv aus, wovon der Händler ausgeht, sollen Ende 2017 die ersten rezeptfreien Arzneien im dm-Regal liegen. Wird der Antrag zurückgewiesen, "geben wir sicher nicht auf, dann ist die Politik am Zug", sagt Engelmann. In Deutschland und in osteuropäischen Ländern sind Produkte wie Bepanthen oder Aspirin schon lange bei dm erhältlich. Der gesamte Markt ist in Österreich rund 300 Millionen Euro schwer.

Die Apothekerkammer wirft dm vor, lediglich ein "Rosinen-Picker" zu sein. Die zusätzliche Konkurrenz würde vor allem kleinere Apotheken am Land schwer treffen, was auch die Versorgungssicherheit gefährde.

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Ständiges Umschlichten: Jedes Jahr kommen 5000 neue Artikel in die Regale

Mehr Reformhaus

Sortimentsmäßig setzt dm künftig mehr auf Lebensmittel, vor allem "Reformhaus-Kost", also biologische, glutenfreie und vegane Ernährung. Dabei sollen auch wieder mehr österreichische Hersteller gelistet werden.

Zu seinem 40. Geburtstag kann sich Österreichs Marktführer im Drogeriefachhandel über ein Umsatzplus von 6,35 Prozent auf 852 Mio. Euro im abgelaufenen Geschäftsjahr (per Ende September) freuen. Die Zahl der Mitarbeiter wurde um 288 auf 6593 aufgestockt, die Filialanzahl stieg um zwei auf 390. Von Salzburg aus wird der Wiedereinstieg in den italienischen Markt vorbereitet. Ziel seien rund 30 neue Filialen in Italien.

Der Gesamtkonzern peilt heuer erstmals die 10-Mrd.-Euro-Umsatzmarke an. Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2015/2016 konnte mit 56.600 Mitarbeitern der Umsatz um sieben Prozent auf gut 9,7 Mrd. Euro gesteigert werden. Gewinnzahlen veröffentlicht das Unternehmen nicht.

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