Dissident: China stellt Ausreise in Aussicht

Dissident: China stellt Ausreise in Aussicht
Peking soll zugesagt haben, Chen Guangcheng einen Pass für ein Studium in den USA auszustellen – und seiner Familie.

Darf er ausreisen oder nicht? Diese Frage beherrschte am Freitag den Disput zwischen China und den USA um den blinden Dissidenten Chen Guangcheng. Am Abend (Ortszeit) standen die Zeichen auf Entspannung: Die Sprecherin des US-Außenministeriums gab bekannt, dass eine US-Universität Chen einen Studienplatz angeboten habe. "Die chinesische Regierung hat angedeutet, dass sie die dafür nötigen Reisedokumente ausstellen wird", so Victoria Nuland. Die USA würden dem 40-Jährigen und seiner Familie danach rasch Visa erteilen.

Zuvor hatte das chinesische Außenministerium mitgeteilt: "Wenn er im Ausland studieren will, kann er wie jeder andere die betreffenden Verfahren durchlaufen." Hintergrund dürften Chens zahllose Hilfsappelle gewesen sein. In der Nacht zum Freitag hatte Chen, der nach der Flucht aus seinem Hausarrest Ende April vorübergehend in der US-Botschaft in Peking untergekommen war und nun im Spital ist, mit dem US-Kongress telefoniert. In einer Liveschaltung erklärte er, in die USA reisen zu wollen. Zu Mittag richtete Chen dann Appelle an die Öffentlichkeit. "Ich bin in großer Gefahr", sagte er in Telefoninterviews und flehte: "Bitte verbreiten Sie die Nachricht über meine Lage! Bitte!"

Ursprünglich hatte Chen China nicht verlassen wollen. Nach Drohungen gegen seine Familie änderte er seine Meinung, Asyl wolle er aber nicht.

Spektakuläre Flucht

Gestern wurden indes neue Details über Chens Flucht aus dem Hausarrest bekannt. Laut New York Timeskletterte der Blinde über mehrere Mauern, wobei er sich verletzte, und wurde von einem Bekannten ins Hunderte Kilometer entfernte Peking gefahren. Dort wandte sich ein Freund an die US-Botschaft; die entschied, dass Chen kurzfristige humanitäre Hilfe bekommen könnte. Ein Treffpunkt wurde vereinbart, Chen in die Botschaft verfrachtet – unter Beobachtung der chinesischen Behörden. Warum er am Mittwoch ging, ist weiter unklar. Chen sagt, er sei von US-Beamten dazu gedrängt worden.

Die USA hätten Chen nie weglassen dürfen, sagte der im US-Exil lebende Dissident Wei Jingsheng. Das habe alles "viel schwieriger" gemacht. Wei glaubte vorerst an eine Ausreise Chens, da das einen Präzedenzfall schaffen würde. Auch im US-Wahlkampf ist Chen Thema. Sollte er zum Verlassen der Botschaft gedrängt worden sein, sei dies "eine Schande für die Obama-Regierung", sagte der republikanische Präsidentschaftswerber Mitt Romney.

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