Zahlen ohne berühren

Zahlen ohne berühren
Nicht nur bargeldlos, sondern ganz ohne PIN und Unterschrift kann mittels Near Field Communication gezahlt werden.

Wie bei vielen technologischen Neuerungen hat es auch bei Near Field Communication (NFC) eine Weile gedauert, bis die drahtlose Übertragungstechnik ihren Weg zum Nutzer fand. Dabei wurde die NFC bereits 2002 von Sony und Philips vorgestellt, aber erst 2013 großflächig in Österreich etabliert. Für den Kunden eindeutig erkennbar wurde das mit der Einführung von Maestro PayPass Logos an Kassensystemen und die Ausstattung neuer Bankomatkarten mit NFC-Antennen. Die Idee von NFC ist so einfach wie praktisch: Während bei Bluetooth und WLAN die Verbindung zweier Geräte manuell durch den Nutzer hergestellt werden muss, erfolgt die Kommunikation bei NFC ohne besondere Einrichtung – nur durch die physische Nähe zweier Gegenstellen. Damit ist NFC der bekannten RFID-Technik sehr ähnlich, die zum Beispiel zum Auslesen von Informationen des Reisepasses und auf dem neuen Personalausweis eingesetzt wird.

Wunderwerkzeug NFC

An Supermarktkassen kann mithilfe von NFC völlig kontaktlos durch das direkte Hinhalten der Bankomatkarte an den Transaktionsterminal gezahlt werden. Rechnungen unter 25 Euro werden ohne lästiges Eingeben von PIN oder Unterschrift beglichen. Neben Bezahlkarten verwenden mittlerweile fast alle neuen Smartphones NFC, außerdem viele Tablets, einige Notebooks und Peripheriegeräte sowie passive Tags mit winzigen Datenspeichern. Im Automobilbereich erlaubt die NFC-Funktion das Entriegeln von Türen, das Abrufen von persönlichen Komforteinstellungen wie Sitz- und Spiegelposition und das direkte Konfigurieren des Handys mit dem Autoradio. Diverse LG-Fernsehgeräte werden mit Tag-Stickern ausgeliefert, die im Smartphone die passende Fernbedienung abrufen und das Gerät verbinden. Die Österreichische Post nutzt NFC-Tags seit Anfang 2016 zum Öffnen von Empfangsboxen in Wohnhäusern.

Bei umfangreichen Daten und Anwendungen initiiert NFC dagegen lediglich die Einschaltung und Kopplung von vielfach schnelleren Funkdiensten wie Bluetooth oder WLAN, die dann den weiteren Job übernehmen.

Einsatzgebiete

Spätestens mit der Einführung des iPhone 6 sind so gut wie alle neuen Smartphones mit einem NFC-Modul ausgestattet und können sogar im ausgeschalteten Zustand noch Daten empfangen bzw. aussenden. Um möglichst kompatibel zu RFID-Karten zu sein, und damit NFC-Anwendungen wie etwa die Bezahldienste Google Wallet oder MasterCard PayPass zu ermöglichen, können NFC-Geräte auf drei verschiedene Arten mit ihrer Gegenstelle kommunizieren: Im Aktiv-Passiv-Modus kann das Handy verwendet werden um Funketiketten auf Waren, Kleidung oder Postern auszulesen, im Peer-to-Peer-Modus, der nur mit NFC-Chips funktioniert, sind beide Gesprächsteilnehmer aktiv und können beliebige Daten hin- und herschicken. Auf Handys bezogen können sich Nutzer wechselseitig Kontaktdaten schicken oder Fotos austauschen. Im dritten Modus, der Kartenemulation, kann das NFC-Handy beliebige Zugangs- oder Bezahlsysteme emulieren. Beim Einkauf im Supermarkt kann so bequem der Betrag mittels Smartphone (anstelle der Karte) beglichen werden.

Safety first

Der Funkstandard NFC ist gezielt auf eine geringe Reichweite im Zentimeterbereich entwickelt worden, um das Ausspähen der übertragenen Daten zu erschweren. Durch die extrem kurze Distanz sind unbeabsichtigte Verbindungen nahezu ausgeschlossen und der Energieverbrauch wird gering gehalten. Skeptische Nutzer können aber auf Wunsch die Funktion am Handy und auf der Bankomatkarte beim Betreiber deaktivieren lassen.

84 Prozent aller österreichischen Bankomatkarten verfügen derzeit über die Kontaktlos-Funktion. Laut Payment Services Austria hat sich die Nutzung allein 2015 im Vergleich zum Vorjahr verdreifacht. Am meisten kommt die kontaktlose Bezahlung im Lebensmittelhandel, in Drogerien, Apotheken und der Gastronomie zum Einsatz – bei einem durchschnittlichen Rechnungsbetrag von 11 Euro. Als Vorteile werden "schnelleres, bequemeres und unkomplizierteres" Zahlen genannt. Bis 2020 sollen deshalb alle Bezahlgeräte in Europa mit NFC-Modulen ausgestattet werden.

- von Stefan Kluger

Was kann NFC und wo wird die Funktion benützt?

Marco Harfmann: Mittels Near Field Communication können auf sehr kurze Distanzen kontaktlos Daten übertragen werden. Sogenannte NFC-Tags – also Aufkleber oder Schlüsselanhänger mit integriertem NFC-Chip – können Aktionen am Handy auslösen und zum Beispiel eine Website am Smartphone öffnen oder eine Buchung bestätigen. Das Besondere an NFC ist, dass die Verbindung nur wenige Zentimeter weit reicht und sehr schnell und einfach aufgebaut wird, es reicht eine kurze Annäherung zwischen den beteiligten Geräten.

Seit wann gibt es "berührungsloses Zahlen" mit dem Handy?

Das berührungslose Bezahlen hat eine an sich recht lange Geschichte: Bereits 2007 hat die mobilkom austria gemeinsam mit ÖBB, Wiener Linien und Selecta NFC zur Auslösung eines Kaufs genutzt: Damals hat die Berührung des Ticketautomaten mit einem NFC-Handy eine SMS-Vorlage geöffnet, die den Kauf von Tickets und die Bezahlung über die Handyrechnung ermöglichte. Auch das direkte Bezahlen mittels NFC ist bereits einige Jahre alt. So haben immer mehr Bankomat- und Kreditkarten NFC-Chips und -Antennen integriert.

Datenübertragung per Funk: Wodurch unterscheidet sich NFC von Funktionen wie Bluetooth?

NFC hat eine grundsätzlich andere Ausrichtung als Bluetooth: Bluetooth ist zum kontinuierlichen Austausch von Daten über mehrere Meter konzipiert, man denke an BT-Lautsprecher oder Headsets. NFC hingegen funktioniert nur auf wenige Zentimeter und tauscht mit geringstem Energieaufwand (bei Handys oft auch mit leerem Akku) wenige Bits aus. Bei NFC-Anwendungen erfolgt der Datenaustausch unter hochgradiger Verschlüsselung. Gerade die Verschlüsselung in Verbindung mit der geringen Reichweite sowie die Möglichkeit, die NFC-Funktion am Handy jederzeit zu deaktivieren, sorgen für Sicherheit.

Welche Möglichkeiten ergeben sich in Zukunft durch NFC-Kommunikation? Was bedeutet das für die Konsumenten?

Die Möglichkeiten von NFC sind breit gefächert. Ticketing, Bezahlen mit dem Handy oder der Kreditkarte sind nur eine Auswahl der denkbaren Anwendungen. NFC kommt immer dann zum Einsatz, wenn es um Authentifizierung geht oder eine Aktion auf einem Smartphone ausgelöst wird. So nutzt das Projekt Ingeborg (kurz Pingeb.org) zum Beispiel NFC-Tags, um im städtischen Umfeld Projekte junger Künstler zu verteilen.

- von Stefan Kluger

Basierend auf RFID (Radio Frequency Identification) versorgt ein Lesegerät ein NFC-fähiges Device über eine Antenne mit Strom, woraufhin es zum Datenaustausch im Frequenzband von 13,45 MHz kommt.

Im Unterschied zu anderen RFID-Anwendungen gibt es bei NFC aber keine klare Rollenverteilung: Prinzipiell kann jedes Gerät sowohl als Sender als auch als Empfänger fungieren. Eine erste Kommunikationsvariante bieten kleine NFC-Tags, die schon ab 50 Cent erhältlich sind und mit Daten beschrieben werden können. Über NFC-Poster werden so Weblinks vermittelt oder Rabattaktionen freigeschaltet.

Im zweiten Modus verhält sich der NFC-Chip wie eine Smartcard, die mit Lesegeräten verschlüsselt kommuniziert, Überweisungen tätigt oder Türen öffnet. Bei weiteren Peer-to-Peer-Anwendungen versenden gleichberechtigte Geräte ohne langes "Pairing" ganze Fotoalben. Die Übertragungsgeschwindigkeit ist mit 424 KByte/s zwar geringer als die von Bluetooth, reicht aber dennoch, um kleine Datenmengen in Sekundenbruchteilen zu verschicken.

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