"Freie Wahl des Zahlens"
Die PSA Payment Services Austria verwaltet die Transaktionen von 9,1 Millionen Bankomatkarten und knapp 7600 Bankomaten. Das im Eigentum heimischer Banken stehende Unternehmen ist auch federführend an der Entwicklung neuer digitaler Bezahlservices rund um die Bankomatkarte, etwa am Smartphone, beteiligt. PSA-Chef Rainer Schamberger über die Zukunft des digitalen Zahlens in Österreich.
Die Bankomatkarte der Zukunft wird zum omnipräsenten digitalen Tool. Welche Veränderungen bringt diese Entwicklung in den Alltag der Österreicher?
Rainer Schamberger: Ich bin der Überzeugung, dass Einkaufen und Zahlen zusammenwachsen, und zwar kanalübergreifend. Egal, ob am Handy, mit Plastikkarte oder im e- oder m-Commerce werden virtuelle Geldbörsen die Abwicklung der Transaktionen erleichtern. Das Ausgabemedium, also ob sich der Chip auf einer Karte, im Handy oder auf einer Smart Watch befindet, wird künftig beim Bezahlen egal sein. Wir müssen dabei die gewohnten Silos unseres Denkens verlassen, denn durch die Konvergenz werden die Welten zwischen stationärem und digitalem Handel verschmelzen. Wichtig wird künftig die Transaktion zwischen Verkäufer und Käufer sein, der technologische Weg dazwischen ist nur Mittel zum Zweck.
Wie wichtig ist die NFC-Technologie bei dieser Entwicklung?
Auch NFC ist nur Mittel zum Zweck. Die sichere Übertragung von Daten kann auch über Bluetooth oder WLAN erfolgen. NFC ist dabei genauso sicher, denn es werden keine personifizierten Daten damit übertragen. Vorteile sind sicher, dass die vorhandene Infrastruktur verwendet werden kann und natürlich auch die Geschwindigkeit. Damit werden Warteschlangen an den Supermarktkassen kürzer werden. Heute sind 30 Prozent aller Kartentransaktionen bei den großen Lebensmittelhändlern kontaktlos, das wird zunehmen.
Angesichts dieser Entwicklung haben viele Angst, dass ihre persönlichen Daten dem Zugriff durch Unbefugte ausgeliefert sind. Wird der Mensch 4.0 gläsern sein?
Zuallererst bietet diese Entwicklung zahlreiche Vorteile. Es wird bei digitalen Bezahlsystemen aus Österreich auch zu keiner Vermischung von sensiblen Kundendaten und Transaktionsdaten kommen, da die Datenhaltung bei allen Bezahlprozessen strikt getrennt sind. Österreich ist schon heute eines jener Länder weltweit mit dem höchsten Datenschutz. Zahlungen innerhalb Österreichs, und das sind 98 Prozent aller Kartentransaktionen, die ja über die Chip-Technologie getätigt werden, sind sicher. Im Ausland, etwa in den USA, ist der Magnetstreifen noch immer vorherrschend und stellt ein Risiko dar. Der hat aber auch ein Ablaufdatun. Bei Transaktionen aus Ländern ohne zugrunde liegende Sicherheitstechnologie monitoren wir die Zahlungsabläufe mittels Geocontrol und blocken gegebenenfalls die Transaktionen. Bei Bezahlprozessen geben die Konsumenten mit Sicherheit keine sensiblen Daten weiter. Soziale Medien, wo die Menschen ohne Nachzudenken intimste Dinge von sich preisgeben, sind da wesentlich gefährlicher, weil die Daten von Betrügern einfach einsehbar und für kriminelle Handlungen nutzbar sind. Und eines dürfen Sie nicht vergessen – es wird auch weiterhin Bargeld geben. Der Konsument hat vielfach die Wahl, wie er seine Rechnungen bezahlt.
Doch das Datensammeln von Konzernen wie Google oder Apple zwecks Nutzung in Big- Data-Anwendungen ist für viele eine Bedrohung Orwell’scher Dimension ...
Da muss man sehr genau zwischen Nutzen und Schaden von Big-Data-Anwendungen unterscheiden. In vielen Bereichen, etwa einem intelligenten Verkehrsleitsystem oder einem medizinischen Notfall, ist die Nutzung einer großen, rasch zur Verfügung stehenden Datenmenge für jeden Einzelnen von uns von Vorteil. In Österreich gibt es strenge Spielregeln, wie derartige Datenmengen von Unternehmen und Institutionen genutzt werden können. Die gelten für alle Marktteilnehmer.
In Zukunft wird der Online-Einkauf mittels Bankomatkarte möglich sein. Wie garantieren Sie hier die Einhaltung der hohen österreichischen Sicherheitsstandards?
Wir verwenden hier den Maestro Secure Code, eine via SMS übermittelte Nummer je Transaktion. Die Zahlung erfolgt durch die Eingabe der 19-stelligen Kartennummer, die auf jeder Bankomatkarte aufgedruckt ist, und der Eingabe dieses Codes. Den zu knacken ist in der kurzen Zeitspanne, die eine solche Transaktion in Anspruch nimmt, unmöglich. Betrügereien im Onlinehandel passieren daher so gut wie nicht mehr beim Zahlungsprozess, sondern vielmehr durch Vortäuschen falscher Waren oder schlichten Betrug bei deren Auslieferung. Die Sicherheitseinrichtungen und ihre Verfügbarkeit für Bankomattransaktionen werden jedenfalls laufend verbessert. Dafür investieren alle Marktteilnehmer in Österreich sehr viel Geld. Diese Maßnahmen zeigen bereits Erfolge, denn heute haben wir hier bei Störfällen das historisch tiefste Niveau seit Einführung der Bankomatkarten vor 36 Jahren.
Gelten die hohen Standards auch für Netzbetreiber und Smartphonehersteller, die verstärkt Bankdienstleistungen anbieten werden?
Die Sicherheitsstandards gelten selbstverständlich auch für diese neuen Mitbewerber. Ich glaube aber, dass diese Unternehmen in Zukunft nur die Werkzeuge für Transaktionen zur Verfügung stellen werden. Es werden sich dritte Anbieter etablieren, welche die Marktplätze anbieten. Der Endkunde wird diesen Drittfirmen erlauben, finanzielle Transaktionen durchzuführen, ähnlich wie bei Airbnb oder Uber bereits üblich. Diese Marktplätze werden die Kunden über aktuelle Angebote informieren und Kaufimpulse auslösen, daher werden Spontankäufe sicherlich zunehmen.
- von Christian Neuhold
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