„Der typische Betrüger ist männlich, zwischen 36 und 45 Jahre alt, hat eine finanznahe Funktion in gehobener Position oder im Rechnungswesen, ist unauffällig und bisher unbescholten“, beobachtet Beranek. Meist handle es sich um Mitarbeiter, die seit mehr als zehn Jahren im Betrieb sind, wissen wie das Werkl läuft und das volle Vertrauen des Chefs haben.
Jeder vierte Täter sitzt laut Beranek in der Buchhaltung. Am häufigsten holt er sich demnach bei den Eingangsrechnungen ein Körberlgeld. „Da werden Rechnungen kopiert und ein zweites Mal aufs eigene Konto statt an jenes des Lieferanten überwiesen.“ Was mit kleinen Beträgen beginnt, schaukle sich schnell zu höheren Summen auf. Ähnlich verhalte es sich mit überhöhten Spesenzahlungen und Phantom-Mitarbeitern, die zwar nie im Betrieb waren, deren Lohn aber verlässlich auf das Konto des Lohnverrechners überwiesen werde. Beranek: „Wenn ein einzelner Lohnverrechner für 200 Mitarbeiter zuständig ist, fällt das oft nicht auf.“
Laut dem Experten gibt es ein paar typische Warnsignale für Betrugsfälle. Spätestens wenn der Mitarbeiter sich weigert, auf Urlaub zu gehen, sollte der Chef hellhörig werden. Oft stecke dahinter die Angst, mit seinen Machenschaften entdeckt zu werden. Ebenfalls auf der Liste der Warnsignale ganz oben: häufiges Arbeiten am Wochenende und abends, dominantes Auftreten, unvollständige Dokumente, häufige Unregelmäßigkeiten.
Bleibt die Frage, wie Betrüger enttarnt werden. Verstärkt mit Hilfe von Frank Benford. Der Physiker ist zwar schon 1948 gestorben, das Benfordsche Gesetz hat aber nicht an Gültigkeit verloren. Es besagt – vereinfacht gesagt –, dass in Datensätzen rund 30 Prozent aller Beträge mit der Ziffer 1 beginnen, jedoch nur rund 4,5 Prozent mit der Ziffer 9. Anders gesagt: Je höher die Ziffer, desto seltener kommt sie vor. Nicht nur die erste Ziffer, auch die zweite bzw. die ersten beiden unterliegen einer gewissen Häufung. Zahlen mit der Anfangsziffer 1 kommen etwa 6,6 Mal so häufig auf wie solche mit der Anfangsziffer 9.
Das Gesetz funktioniert bei Einwohnerzahlen von Städten wie bei Rechnungsbeträgen in der Buchhaltung und Kassenzetteln im Supermarkt. Unter anderem soll das „kreative Rechnungswesen“ von Enron und Worldcom mit Hilfe des Benfordschen Gesetzes aufgedeckt worden sein. Das ist der Finanz nicht verborgen geblieben. Die Prüfer setzen seit neuestem verstärkt auf entsprechende Programme.
Aufregung um Registrierkassen?
Mario Pulker lässt das kalt. Der niederösterreichische Gastronom und Branchensprecher sagt, er habe keine Angst vor Steuerprüfern: „Ich verkaufe nicht ein Achterl schwarz. Das ist technisch gar nicht möglich.“ Denn bei seinem Schanksystem können nur jene Getränke ausgegeben werden, die bereits boniert sind. „Ohne Bonierung können meine Mitarbeiter kein Bier einschenken“, erklärt Pulker, der 30 Mitarbeiter beschäftigt.
Die Anlage habe 100.000 Euro gekostet, das sei es ihm wert gewesen. „Auch wenn ich nicht im Betrieb bin, kann mich niemand austricksen.“ Laut Pulker hat sich in der Branche die Aufregung um die Registrierkassen gelegt. „Viele Kollegen haben erst dadurch gesehen, wie viel Geld ihnen durch die Lappen gegangen ist. Etwa, weil vergessen wurde, zu bonieren oder sich Mitarbeiter ein Körberlgeld verdienen wollten.“
Schätzungen zufolge werden über alle Branchen hinweg nur zehn Prozent der Betrugsfälle aufgedeckt. Betroffen sind vor allem Privatunternehmen mit bis zu 100 Mitarbeitern. Laut Statistik beträgt die durchschnittliche Schadenssumme 125.000 Euro. Ein Fehlbetrag, auf dem der Unternehmer meist sitzen bleibt. Die Täter haben das Geld in der Regel längst ausgegeben.
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