Die Tricks im früheren Immo-Imperium Benkos: der verdächtige Vorabgewinn
Das Haus links hat der Graben 19 Immobilien GmbH, sprich der Signa gehört.
Die Ermittler der Soko Signa haben alle Hände voll zu tun, die mutmaßlich strafrechtlich relevanten Vorgänge rund um das frühere Signa-Imperium des René Benko aufzuarbeiten. Einer dieser Verdachtsfälle betrifft den Erlös aus dem Verkauf des Hauses am Wiener Graben 19, das Mitte Dezember 2023 für rund 80 Millionen Euro von der Wiener Ärztekammer übernommen wurde. Bekannt ist das Gebäude als „Meinl am Graben“.
Laut Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) soll ein Teil dieses Kaufpreises zweckwidrig verwendet worden und nicht zur Gänze jener Signa-Gesellschaft zugute gekommen sein, der er zustand.
Ermittelt wird gegen zwei ehemalige Signa-Geschäftsführer, mutmaßliche Beitragstäter und gegen ein Unternehmen. Der Verdacht: Untreue. Ob und inwieweit René Benko bei diesem Deal im Hintergrund mitmischte, ist derzeit noch unklar.
Sechster Bericht
Kürzlich hat die Soko Signa der WKStA ihren sechsten Zwischenbericht zur Causa „Graben 19“ vorgelegt. Aus dem geht hervor, dass die Verkäuferin der Immobilie 28 Millionen Euro an die Ingbe Stiftung überwiesen habe.
Die Ingbe Stiftung ist jene Gelddrehscheibe in Liechtenstein, die René Benko und seine Mutter Ingeborg im Jahr 2014 gegründet haben. Die Hauptbegünstigte ist Ingeborg Benko, eine weitere Begünstigte soll Benkos Frau Nathalie sein.
Die 28 Millionen Euro aus dem Verkaufserlös sollen zur Teil-Rückzahlung eines 100 Millionen Euro schweren Darlehens der Ingbe Stiftung verwendet worden sein.
Vollumfängliche Rückzahlung nicht stemmen können
Doch die Graben 19 Immobilien GmbH, die Verkäuferin, hatte laut Aktenlage gar keinen Kredit bei der Ingbe Stiftung aufgenommen, sondern die Signa Prime Assets GmbH, eine Tochter der Signa Prime Selection AG. Letztere war die wichtigste Signa-Gesellschaft. Bei ihr soll letztendlich das Geld aus dem Darlehen gelandet sein, das später noch auf 150 Millionen Euro aufgestockt wurde.
Die Signa Prime Selection hätte eine „vollumfängliche Rückzahlung nicht stemmen können“, sagte ein Zeuge aus. Ein Signa-Prime-Vorstand soll daraufhin ausverhandelt haben, dass nur 28 Millionen Euro aus dem Hausverkauf an die Ingbe fließen werden.
Gelder verschoben
Da die Graben 19 Immobilien GmbH kein Darlehen bei der Ingbe Stiftung aufgenommen hatte, sagte ein Signa-Buchhalter aus, wurde daran getüftelt, wie man die 28 Millionen Euro „nach oben zur Signa Prime Assets“ bringen könnte.
„Ich habe während meiner gesamten Zeit bei Signa immer wieder wahrgenommen, dass Geld zwischen einzelnen Gesellschaften je nach Bedarf hin und her geschoben wurde“, sagte ein weiterer Buchhalter aus. „Mir ist es so vorgekommen, dass in den Gesellschaften entstandene Liquiditätsengpässe rasch und wahllos mit Intercompany-Darlehen gefüllt wurden.“
Nachträgliche Verträge
Im Fall des Hauses Graben 19 suchte ein Buchhalter nach einem kreativen Weg, „die Transaktion in der Buchhaltung abzubilden“.
Dazu muss man wissen, dass es in der Signa laut einem Vorstand „Usus war, dass Kreditvergaben zuerst operativ durchgeführt und erst im Nachgang schriftlich vertraglich dokumentiert wurden“. So kamen die Signa-Macher auf die Idee, die Zahlung der 28 Mio. nachträglich als „Zurverfügungstellung eines Vorabgewinnes“ darzustellen. Es gibt aber zwei Versionen des Vorabgewinnvertrages. Nur in der zweiten Version wird als Empfänger neben der Ingbe Stiftung plötzlich der Liechtensteiner Signa-Investor Ameria genannt. Der soll ein Drittel von den 28 Millionen Euro erhalten haben.
Indes will die Soko Signa nun zwecks weiterer Klärung die zwei involvierten Geschäftsführer der betroffenen Signa-Gesellschaften einvernehmen.
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