Die Story von ByteDance: Wie der Konzern hinter Tiktok tickt
US-Medien nennen sie "Chinas effektivste Waffe im globalen Informationskrieg", in vielen westlichen Ländern wurde die chinesische Super-Smarthpne-App Tiktok aus Sicherheitsgründen von den Diensthandys verbannt.
Groß ist die Angst, dass die Regierung in Peking über die App heikle persönliche Daten der gut eine Milliarde Nutzer weltweit absaugt, um sie für ihre eigenen Zwecke zu missbrauchen und damit Einfluss zu gewinnen. Es geht aber auch um die globalen Machtverhältnisse in der digitalen Wirtschaft. Chinas Social-Media-Riese könnte die US-Größen Facebook, WhatsApp, Instagram, Snapchat oder YouTube gänzlich überflüssig machen.
Aber wem gehört Tiktok eigentlich? Über den dahinterliegenden Milliardenkonzern ByteDance ist in der Öffentlichkeit wenig bekannt. Wer ihn gegründet hat, wie groß er ist und wieviel China im Unternehmen wirklich steckt.
Wie alles begann
Die Story beginnt mit dem jungen, talentierten IT-Studenten Zhang Yiming aus der südchinesischen Küstenprovinz Fujian. Studieren heißt für den engagierten Software-Entwickler, vor allem drei Dinge zu erwerben:“Erstens habe ich Codes geschrieben, weil ich ein Technikmensch bin. Zweitens habe ich gelesen, ich las viele Bücher. Drittens habe ich Computer repariert. Dadurch habe ich drei Dinge erworben: Geduld, Wissen, Freunde“, zitiert das Handelsblatt den heute 39-Jährigen aus einer Rede beim Alumni-Treffen der Uni Tianjin.
Zhang, der immer wieder auch bei westlichen IT-Firmen jobbt, unter anderen bei Microsoft, versucht sich früh als engagierter Start-up-Gründer. Sein Reise-Portal Kuxun ging später im populären Portal tripadvisor auf. Mit einem ersten chinesischen Twitter-Klon 99fang hat er weniger Erfolg, die Zensurbehörden drehen den Nachrichtendienst ab.
ByteDance entsteht 2012
2012 gründet Zhang das Unternehmen ByteDance und landet mit seiner an Facebook angelehnten Content-Plattform Toutiao einen riesen Erfolg. Die Nachrichten-App verbreitet sich unter Chinas Jugend rasant. 2016 startet ByteDance dann mit dem YouTube-Klon Douyin, der mit kurzen, witzigen Selfie-Videos vor allem die 12- bis 15-Jährigen entzückt. Damit wird ein neuer Hype geboren, der rasch über die Grenzen Chinas hinausreicht. Der internationaler Teil von Douyin erhält den simplen, einprägsamen Namen „Tiktok“.
Fusion mit musical.ly
Ein Jahr später dann erfolgt der große Coup der China-Apps. Tiktok fusioniert mit der bei Teenagern bereits höchst erfolgreichen Musikplattform Musical.ly des chinesischen Designers Alex Zhu und leitet damit den internationalen Siegeszug ein, ganz nach dem amerikanischen Vorbild von Microsoft, Google oder Facebook.
Turbo-Expansion und Goldrausch
Die weltweite Turbo-Expansion wird von der ByteDance Technology Ltd. mit Firmensitz auf den Cayman Inseln und Headquarter in New York aus betrieben. Viele chinesischen Firmen nutzen die Steueroase für ihre Auslandsexpansion. Mit einem Marktwert von 75 Milliarden Dollar hievt sich der chinesische Shootingstar 2019 zum wertvollsten Start-up der Welt.
Große Beteiligungsgesellschaft wie Sequoia Capital, KKR, General Atlantic kaufen sich ein. Der einflussreiche Softbank-Gründer Masayoshi Son beteiligt sich mit 3 Mrd. Dollar an der Tiktok-Mutter. Die Nutzerzahlen erreichen erstmals die Millardengrenze.
Rückzug des Gründers
Doch dann ziehen dunkle Wolken auf. Ist ByteDance schon zu groß geworden? Ein für 2021 in Aussicht gestellter Börsengang in Hongkong oder den USA wird nicht weiterverfolgt, Chinas Machthaber sind offenbar dagegen. Die chinesische Regierung hat sich offiziell bei ByteDance beteiligt und mischt sich nun in die Firmenpolitik ein.
Gründer Zhang Yiming zieht sich überraschend aus der Geschäftsführung zurück. Um aus der Schusslinie Pekings zu geraten, wie Beobachter vermuten. Der Wechsel nährt im Westen Bedenken bezüglich Einflussnahme durch das Regime.
100.000 Beschäftigte
Wer im Konzern das Sagen hat, ist von außen schwer zu beurteilen. Heute sind laut eigenen Angaben 60 Prozent der ByteDance Ltd. mit Sitz auf den Cayman in der Hand westlicher Investoren. Kritiker verweisen aber darauf, dass gut 20 Prozent nach wie vor im Besitz der chinesischen Gründer seien und ByteDance in Wirklichkeit von der Zentrale in Peking aus gesteuert wird.
Der Konzern beschäftigt rund 100.000 Menschen, der Firmenwert wird auf mehr als 100 Milliarden Dollar geschätzt.Der Konzern setzte 2021nach offiziellen Angaben 62 Mrd. Dollar um und schrieb einen operativen Verlust von 7 Mio. Dollar.
Das ByteDance-Reich
Die Video-Apps Tiktok und ihr chinesisches Pendant Douyin sind zwar die wichtigsten, aber bei weitem nicht die einzigen Geschäftsfelder im ByteDance-Reich. Im Bereich Gaming und Cloud Computing spielen die Chinesen bereits global mit, auch mit VR-Brillen und Lernplattformen will ByteDance international durchstarten. Weitere Gesellschaften sind u.a. eine Privatklinik-Kette und ein Immobilien-Konzern samt Makler.
Wohin die Reise geht
Obwohl global rauer Wind entgegenweht und eine Konzernspaltung möglich schein, ist die Story von ByteDance noch lange nicht zu Ende. Wie die anderen chinesischen Techriesen Alibaba, Tencent oder Baidu will auch ByteDance rund um seine Kernanwendungen Tiktok und Douyin ein ganzes Ökosystem schaffen, das die Online-Welt mit der Offline-Welt geschickt vernetzt. Die Zeit dafür drängt, denn Rivale Tencent ist mit seinem sozialen Netzwerk WeChat längst weiter. Die App steuert längst viele Services des täglichen Lebens der Chinesen.
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